Manche Gründer scheinen wie zum Entrepreneur geboren. Neue Studien weisen darauf hin, dass es scheinbar tatsächlich eine genetische Prädisposition gibt – manchen wird das Unternehmertum schon in die Wiege gelegt. Wie ist das möglich und was bedeutet das? Nikolaus Franke, Leiter des Instituts für Entrepreneurship & Innovation an der WU und akademischer Direktor des Professional MBA Entrepreneurship & Innovation der WU Executive Academiy, im Interview.
Wie lässt sich eine genetische Veranlagung, ein „Entrepreneurship-Gen“, denn nachweisen?
Franke_Das funktioniert durch Zwillings- und Adoptivstudien, es wurde untersucht, ob eineiige Zwillinge einander ähnlicher sind in Bezug auf Entrepreneurship als zweieiige. Andere Studien haben gezeigt, dass eineiige Zwillinge, die getrennt voneinander aufwachsen, ein übereinstimmendes Verhalten zeigen. Auch leibliche Kinder wurden mit adoptierten Kindern verglichen – so konnte sicher gestellt werden, dass zwischen Umweltbedingungen und Erbanlagen unterschieden werden kann. Auch wenn die genauen Werte schwanken, zeigt das Ergebnis, das etwa 40 Prozent des Potentials zum Unternehmertum bereits genetisch mitgegeben werden.
Was bedeutet diese Information für angehende Gründer und Unternehmer? Ist es vorbestimmt, wer Entrepreneur wird?
Franke_Diese Veranlagung legt nicht fest, wer als Unternehmer erfolgreich sein kann und wer nicht. Dass man wahrscheinlicher als andere zum Unternehmer wird, ist nur eine Disposition, die indirekt wirkt.
Und zwar wie?
Franke_Durch die Gene bekommt man bestimmte Persönlichkeitsmerkmale mitgegeben, wie etwa Unabhängigkeitsbedürfnisse, Risikobereitschaft oder kreatives Denken. Diese Persönlichkeitsmerkmale erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch Entrepreneur wird. Didi Mateschitz hat bei seinen Reisen durch Südostasien gesehen, wie beliebt Energydrinks dort sind, daraus ist Red Bull geworden. Ich war zur selben Zeit in der Region unterwegs, habe ähnliche Beobachtungen gemacht – aber bin denen nicht nachgegangen.
Welche Faktoren sind abgesehen von der Genetik noch wichtig?
Franke_Wichtig sind natürlich auch Einflüsse von außen, das Umfeld und die Sozialisierung. Ein Wesenszug von Entrepreneuren ist auch, Initiative zu ergreifen. Es heißt, dieses Potential freizulegen und gezielt zu fördern.
Und wie gelingt das am besten?
Franke_Wollen alleine reicht nicht. Man muss auch können. Durch Entrepreneurship-Ausbildungen können die Ressourcen dafür bereitgestellt werden. Ähnlich wie beim Sport: Man muss bestimmte Fähigkeiten mitbekommen haben, um ein guter Sportler zu werden, aber in Eigenregie alleine Spitzensportler werden – das gibt es heute quasi gar nicht mehr._
Was schätzen Start-up-Gründer am Unternehmertum und warum haben sie sich für diesen Weg entschieden? Das will Norbert Kailer vom Institut für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung der Johannes Kepler Universität (JKU) in einer laufenden Studie herausfinden. Einige der wichtigsten Punkte im Überblick.
Die schönen Seiten des Gründens
Selbstständigkeit per se
Gründer schätzen ihre eigenständige Tätigkeit – besonders die Verantwortung, die sich daraus ergibt. „Betont wird auch der Aspekt der Selbstverwirklichung“, sagt Norbert Kailer.
Verwirklichung schöpferischer Werte
Gründer sehen die Möglichkeit, selbst etwas zu schaffen, man ist stolz, etwas „Schönes“, „Innovatives“ und „Sinnvolles“ verwirklichenzu können.
Sichtbarkeit der eigenen Leistung
Die Sichtbarkeit einer selbst geschaffenen Innovation am Markt wirkt motivierend. Getreu dem Motto: „Neid muss man sich erarbeiten.“
Individuelles Feedback
Weitere Motivation schöpfen Gründer durch die Möglichkeit, ein direktes und schnelles Feedback über die eigenen Leistungen zu erhalten und durch laufende Erfolge bestätigt zu werden.
Laufendes Lernen am Tun
„Viele Befragte heben die Möglichkeit und Notwendigkeit hervor, durch die unternehmerische Tätigkeit ständig etwas Neues zu lernen und ohne Fremd-Vorgaben arbeiten zu können“, erklärt Kailer.
Eigenständige Arbeits- und Zeiteinteilung
Obwohl die zeitliche Belastung für die meisten Gründer enorm ist: Besonders positiv wird die Unabhängigkeit und Flexibilität bei der Zeiteinteilung hervorgehoben.
Arbeitsinhalt
„Das Hobby zum Beruf machen“ – für Gründer oftmals keine leere Phrase. Gründer können ihren Arbeitsinhalt selbst bestimmen – ein stark fördernder Aspekt für die unternehmerische Tätigkeit.
Gemeinsame Vision
„Jungunternehmer und ihr Team schätzen das spezielle Start-up-Klima und die Teamkultur. Also durch kollegiales Arbeiten im Team, durch Freiraum, Eigeninitiative und Spirit etwas Besonderes schaffen zu können“, sagt Kailer. Verdienstmöglichkeiten sind dagegen nachrangig – zumindest vorerst.
Die negativen Seiten des Gründens
Zeitaufwand
Besonders hervorgehoben wird die hohe zeitliche Belastung. Gründer beobachten, dass Arbeit und Freizeit ineinander verschwimmen, Abschalten fällt schwer. Kailer: „Das wird auf eine gewisse Unerfahrenheit und fehlende Routine bei Start-ups zurückgeführt“.
Ungewissheit
„In der Anlaufphase ist die Ungewissheit, insbesondere hinsichtlich der Markttragfähigkeit und Akzeptanz des Produktes am Markt generell ein stark demotivierender Aspekt“, sagt Kailer. Dazu kommen nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen wie die generelle Konjunkturlage, gesetzliche Änderungen oder der Markteintritt von übermächtigen Konkurrenten.
Stress durch Außeneinflüsse
„Unklare Anforderungen, unzufriedene Kunden, unzuverlässige Kooperationspartner, saisonal schwankende oder ungewisse externe Nachfrage demotivieren Gründer – gerade Start-ups betonen die starke Abhängigkeit von ersten Reputationskunden“, erklärt Kailer.