Im internationalen Handel spielt die Logistik eine immer größere Rolle. Gleichzeitig werden der Online-Handel stärker und die Serviceversprechen ambitionierter, was die Branche vor neue Herausforderungen stellt. Nun wagen sich erste Ketten hierzulande an den Versand von Lebensmitteln - die Königsklasse der E-Commerce-Logistik
Mit seinem Lebensmittel-Lieferdienst „Amazon Fresh“ beliefert der Versand- riese Amazon seit kurzem erstmals die amerikanische Ostküste, genauer gesagt den New Yorker Stadtteil Brooklyn. Kunden, die Mitglieder des Premium- Programms sind, können ab sofort Produkte wie Milch, Fleisch oder auch Fisch ordern. Mit diesem Angebot ist Amazon in New York nicht alleine: Der lokale Online-Händler Fresh Direct soll etwa 500 Millionen Dollar jährlich umsetzen, dazu kommen traditionelle Händler, die ihr Geschäft über das Netz ausweiten wollen.
Was New York kann, kann Linz auch: Die Pfeiffer-Gruppe liefert seit kurzem Lebensmittel – Selbstabholung und Hauszustellung werden über den Unimarkt und Zielpunkt angeboten. „Das Projekt läuft gut an, wir haben seit dem Start massiv erhöhte Besucherzahlen auf der Website“, sagt Geschäftsführer Markus Böhm. Man sei überrascht über die zahlreichen positiven Reaktionen, die Bestellungen liegen am oberen Ende der Erwartungshaltung. „Zu Beginn hatten wir etwa 15 Bestellungen am Tag, momentan sind es zwischen 20 und 30.“ Die Lebensmittel werden in versiegelten Boxen von der Post zugestellt, die durch Akkus bis zu 18 Stunden gekühlt werden. Gerade der erste Eindruck beim Kunden ist wichtig – nur wenn dieser vom Service vollständig überzeugt ist, folgen auf die ersten Bestellungen weitere.
Markt wächst stark
Entwickelt wurde die Art des Vertriebs in einem Forschungsprojekt des Logistikums der FH Steyr, der Pfeiffer HandelsgmbH, der Österreichischen Post und der Risc Software GmbH. „Die große Herausforderung ist es, die Abläufe in die Standardprozesse eines Anbieters zu integrieren, der die Wege zu den Haushalten ohnehin geht – in diesem Fall die Post “, sagt Projektleiter Efrem Lengauer von der FH Steyr. Der durchschnittliche Wert von Warenkörben in der Zustellung würde bei den Unternehmen etwa 80 Euro betragen. „Da bleibt nicht allzu viel Deckungsbeitrag, wenn man die Kosten für Kommissionierung, Verpackung und Zustellung abzieht“, erklärt Lengauer, „das muss also möglichst kostengünstig funktionieren.“ Erst die Infrastruktur von Logistik-Anbietern, wie etwa der Post, ermöglicht einen Ausbau im Versand von Lebensmitteln, dem sogenannten e-grocery-Bereich. Gerade durch den stark wachsenden Online-Handel generell ist es für die Logistiker oft schwierig, ihre Kapazi- täten anzupassen und gleichzeitig dieselben Serviceleistungen zu erbringen.
Schon vor fünfzehn Jahren gab es populäre Unternehmen wie Kozmo oder Webvan, die auf Lieferungen am selben Tag spezialisiert waren, durch die Dotcom-Blase 2000 verschwanden sie aber wieder. Jetzt wird der Markt neu entdeckt, in Ländern wie England oder Frankreich hat e-grocery mit fünf bis sechs Prozent bereits einen relativ hohen Marktanteil. Laut einer Studie kauften 2013 vier Prozent der Öster- reicher öfters Lebensmittel online ein, insgesamt erzielte der Online-Handel mit Lebensmittel 220 Millionen Euro. Der Anteil am Gesamtumsatz der Lebensmittelbranche ist mit einem Prozent noch begrenzt. 2006 wurden lediglich 20 Millionen Euro umgesetzt. Die Tendenz ist jedoch stark steigend. Böhm rechnet mit einem Anteil von bis zu 30 Prozent in zehn Jahren.
Kooperationen zwischen Industrie und Handel
„Für die Industrie ergeben sich durch die Zustellaktivitäten des Handels große Chancen“, sagt Lengauer. Während heute bei der Neueinführung eines Produkts etwa Studenten die Ware verteilen, um das Produkt bekannt zu machen und auf Wiederkäufer bei den anonymen Empfängern gehofft wird, könnten in Zukunft beim Online- Versand gratis Produktproben mit den Bestellungen mitgeliefert werden. „So können Daten von späteren Käufern generiert werden, es ist genau nachvollziehbar, wer die Probe bekommen und später auch regulär bestellt hat“, sagt Lengauer. Dadurch ergeben sich in Zukunft möglicherweise interessante Kooperationsmodelle mit dem Handel. „Die Industrie alleine wird im e-grocery-Umfeld die Kunden nicht ausreichend erreichen.“
Österreichischer Logistik-Tag 2015
Wussten Sie...
... dass Oberösterreich einmal jährlich zum Zentrum der Logistik wird? Am 25. Juni 2015 treffen sich im Linzer Design Center wieder Spitzenvertreter aus Industrie, Handel und Dienstleistung, um gemeinsam über neu umgesetzte Lösungen und Trends zu diskutieren. Die rund 800 Teilnehmer sind Geschäftsführer, Supply Chain Manager, Logistikleiter und Fachexperten aus Einkauf, Planung, Produktion, Lager und Transport, IT und Technologie - all jene, die für einen reibungslosen Informations- und Warenfluss sorgen.
Organisiert wird der österreichische Logistiktag vom Verein Netzwerk Logistk (VNL), dem Sprachrohr, Förderer und Vordenker der Disziplin Logistik
www.vnl.at