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Kleines Oberösterreich groß im Kunststoffbusiness

Kleines Oberösterreich groß im Kunststoffbusiness

Rund 3.000 Unternehmen aus allen Kontinenten stellen im Drei-Jahres-Rhythmus auf der größten und wichtigsten Kunststoffmesse, der „K“, in Düsseldorf aus und präsentieren dabei bis zu 200.000 Besuchern die neuesten Entwicklungen und Trends in der Kunststoffbranche. Österreichs Kunststoffindustrie ist dabei mit 81 Firmen vertreten, 37 davon kommen aus Oberösterreich.

Als ich mit meinen Journalistenkollegen auf der von der Sparte Industrie der WKOÖ organisierten Reise in Düsseldorf ankomme, ist es gar nicht so leicht, sich in den 19 riesigen Messehallen zurechtzufinden: Alles wirkt um einen Tick zu groß, zu hektisch, zu fremd. Der erste Stopp ist ein Pressefrühstück bei der NGR Group. Gut, Kaffee und Brötchen, ein erster Anhaltspunkt in einer sonst fremden Welt aus Maschinen. Ich lerne allerlei Neues über die Industrie 4.0 und den Recyclingprozess bei der Herstellung von Kunststoffen. So werden bereits heute mehr als drei Millionen Tonnen Kunststoffe auf NGR-Anlagen recycelt beziehungsweise up-gecycelt, um sie nach der Verwendung wieder aufzubereiten, um damit erneut etwas herstellen zu können. Ein kluger Gedanke, der nicht nur Geld spart, sondern auch der Umwelt zu Gute kommt. Offensichtlich ist man bei der vierten industriellen Umwälzung darauf gekommen, dass der industrielle Prozess nicht immer mit Umweltverschmutzung einhergehen muss.

Praxistauglicher Kunststoff

Nächster Stopp: der Spritzgußmaschinenhersteller Engel. Ein perfektes Exempel dafür, wie eine oberösterreichische Firma aus dem kleinen Schwertberg mit einem jährlichen Umsatz von über einer Milliarde Euro und 5.200 Mitarbeitern zu einem der Big Player der weltweiten Kunststoffindustrie avancieren kann. Wir werden unterrichtet in den neuesten Trends der Digitalisierung und – wiederum – der Industrie 4.0. Dann endlich ein praxistaugliches Geschenk: Dentalbürsten. Von der eher abstrakten Vorstellung, dass die Fabrik und der Produktionsprozess bei Engel auf eine digitalisierte Fabrik umgestellt wird („Smartfactory“ nennt man das mittlerweile), ist das neben dem vielfach negativ konnotierten Beispiel des Plastiksackerls einmal ein positives Praxisbeispiel dafür, welch wichtigen Platz der Kunststoff in der Gesellschaft einnimmt. Beim Maschinen- und Werkzeugbauer Greiner, der sich mittlerweile Greiner Extrusion Group nennt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, lernen wir wiederum anhand von Fensterprofilen das Prinzip der Extrusion kennen. Mithilfe einer Art „Kunststoff-Fleischwolf“ wird dabei loses Kunststoffgranulat verdichtet, aufgeschmolzen, gemischt und schließlich durch Platten gedrückt. Am Ende des Prozesses kommt dann das fertige Produkt heraus. Für die Herstellung der perfekten Fensterprofile arbeiten alleine in Nußbach rund 380 Mitarbeiter an einem tadellosen Extrusionsvorgang. Um diese Fensterprofile auch sicher zu transportieren, könnte man sich beispielsweise an SML aus Lenzing wenden. Die stellen nämlich mit dem Rohstoff Polyethylen hauchdünne Folien für die Transportsicherung von Gütern her. Davon konnte man sich an der meterhohen Maschine selbst ein Bild machen. Diese produziert eine Folie, die gerade mal 0,012 Millimeter dick ist und dreizehn Schichten hat.

Oberösterreich mischt kräftig mit

Während wir uns auf den Weg zum nächsten oberösterreichischen Aussteller machen und die Halle wechseln, spürt man das internationale Flair der Messe. Auf 8.725 Quadratmeter Schaufläche stellen 81 österreichische Kunststofffirmen aus, damit belegen wir den vierten Platz im Aussteller-Ranking, was das Ausmaß der belegten Fläche ausmacht. Von den tausenden Ausstellern aus allen Kontinenten hält Oberösterreich mit 37 Vertretern hervorragend mit. Diese Zahlen rufen natürlich auch die Konkurrenz auf den Plan, nicht umsonst inspizieren unzählige Vertreter aus Indien, Korea oder dem Nahen Osten, ausgerüstet mit Trolleys, Tonnen an Infomaterial und hochauflösenden Kameras die oberösterreichische Technologie. So auch bei den Anlagen- und Leichtbauspezialisten von Fill, die nicht nur Experten im Herstellen von Composites sind, sondern auch im Mixen von Cocktails. Während ich an meinem Red-Banana nippe (extrem männlich, ich weiß), werde ich darüber aufgeklärt, was denn diese Composites eigentlich sind und wie sie hergestellt werden. Im Wesentlichen werden bei Composites verschiedene Stoffe zu einem Verbundwerkstoff zusammengefügt, etwa Textilfasern mit Kunststoff. Besonders in der Luftfahrt, in der Sport- und Automobilbranche kommen solche Composites vermehrt zum Einsatz, da die entstehenden Teile sehr leicht, aber auch extrem stabil sind. So werden etwa Teile für Audi und BMW auf Maschinen von Fill produziert. Eine Imagesteigerung, um der Reputation des Kunststoffs wieder gerecht zu werden, haben sich wiederum die Recyclingexperten von Erema zum Ziel gesetzt. Im Fokus steht dabei die Wiederverwendung respektive die Wiederaufbereitung von Stoffen, um die Wertschöpfung in der Kunststoffindustrie zu verbessern. Dass dies nicht bloß ein fahles Lippenbekenntnis ist, beweist das Unternehmen rund um Chef Manfred Hackl auch gleich „live“ auf der Messe. So werden die rund 30 Tonnen Kunststoffabfälle, die auf der Messe anfallen, hautnah vor dem Messepublikum im Careformance-Center recycelt.

Die Quintessenz der diesjährigen „K“ scheint neben der Digitalisierung und der Entwicklungen der Industrie 4.0 vor allem die Verbesserung des Prestiges des Kunststoffs zu sein. Dies soll mithilfe von präziseren Maschinen, die den Materialausschuss reduzieren, einer verbesserten Kreislaufwirtschaft und weiterentwickelten Recyclingprozessen gelingen. Oberösterreich kann dabei mit seinen Firmen aus dem Kunststoffcluster als federführend in diesen Entwicklungen klassifiziert werden.