Hürden weg für Wirtschaftsstandort Oberösterreich
Die Wirtschaft in Oberösterreich sucht händeringend nach Fachkräften. Dabei lebt ein bedeutendes Potential mitten unter uns. Es sind die Frauen, die gemeinsam mit den Männern den Wirtschaftsstandort innovativ weiterentwickeln können. „Und dann geht man so schludrig mit diesem Potential um", sagt Dagmar Engl. Die grüne Frauensprecherin über die drei größten Hürden, die einem dynamischen und krisensicher aufgestellten Wirtschafts- und Lebensstandort Oberösterreichs im Wege stehen.
Forderung 1: massiver Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen, längere Öffnungszeiten und weg mit dem Elternbeitrag
Eine flächendeckend ausgebaute Kinderbetreuung ist der Schlüssel, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Im Umkehrschluss verhindert ein mangelhaftes Kinderbetreuungsangebot nicht nur Job- und Aufstiegschancen sowie Karriereaussichten, sondern auch finanzielle Unabhängigkeit und ein entsprechendes Pensions-Einkommen der Frauen. Dagmar Engl: "Denn es sind unwidersprochen die Frauen, welche die Hauptlast der Familienarbeit tragen und bei mangelhaften Betreuungsangeboten ihre Jobambitionen zurückstecken. Und es sind alleinerziehende Frauen, deren Situation sich durch fehlende oder nur eingeschränkte Betreuungsangebote immer weiter verschärft."
Forderung 2: Mehr Frauen in Führungspositionen, mehr Ausgleich beim Gehalt
Das mangelhafte Angebot an Krabbelstuben und Kindergärten hat ein Bündel an markanten Folgen im Schlepptau. Die Frauen bleiben zu Hause, arbeiten maximal Teilzeit und dies in Sektoren mit bekannt magerer Entlohnung wie Pflege, Handel und in frauentypischen Dienstleistungsbereichen. Damit klaffen Gehalts- und in weiterer Folge Pensionsschere weiter auseinander, Karriereaussichten oder -ambitionen werden aufgeschoben oder zerplatzen.
Indikator Equal Pay Day: Ab 6. Oktober arbeiten Frauen für 3 Monate gratis
In Oberösterreich ist dieser Tag letztes Jahr auf den 6.Oktober gefallen, was drei Monate Erwerbsarbeit ohne Bezahlung bedeutet.
"Die Stellung der Frau in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt und am Gehaltskuchen dümpelt seit Jahren dahin. Es gibt Initiativen des Bundes, Programme und Appelle. Aber irgendwo am Weg zu den verantwortlichen und maßgeblichen Stellen versickern diese. Und neuerlich stellt sich die Frage warum“, betont Engl und leitet die Frage auch weiter an die Verantwortlichen in Oberösterreich.
Forderung 3: Mehr Frauen auf den Bürgermeister-Sessel
Politik gestaltet, entscheidet, gibt Rahmenbedingungen vor und bringt Veränderungen und Neuerungen auf den Weg. Das ist ihre Aufgabe. Dabei ist maßgeblich, wer das mit welchen Grundlagen, Anschauungen und Zielen macht.„Natürlich geht es darum, Frauen für hohe und höhere politische Funktionen und Verantwortungen zu gewinnen. Dort wo die großen Leitlinien kreiert und vorgegeben werden.
Aber diese müssen auch auf den anderen Ebenen ankommen, dort umgesetzt und vor allem gelebt werden. Und gerade in den Gemeinden werden viele Entscheidungen getroffen oder eben unterlassen, die maßgeblich für die Frauen sind. Daher müssen auch auf kommunaler Ebene noch mehr Frauen in verantwortliche Positionen kommen“, betont Engl und verweist insbesondere auf die Frage der Kinderbildungseinrichtungen, womit sich der Kreis schließt.
Es geht sicher nicht um sudern und klagen. Es geht darum, konzentriert das einzufordern, was den Frauen schlicht und ergreifend zusteht.
Dagmar Engl Frauensprecherin der Grünen OÖ
Politik war und ist bis heute männerdominiert. Politisches Handeln ist damit logischerweise in erster Linie aus männlichen Sichtweisen und Prämissen erfolgt. Dass wir in der Frauen- und Gleichstellungspolitik heute dort stehen, wo wir stehen, ist damit kaum überraschend.
Dagmar Engl Frauensprecherin der Grünen OÖ
Die Werkzeuge, um die Erwerbsquote der Frauen zu steigern, mehr Karriere und mehr Einkommen zu ermöglichen- die liegen auf dem Tisch. Aber irgendwo am Weg zu den verantwortlichen Stellen versickern diese. Initiativen sind gut, aber sie fruchten nicht, wenn die Werkzeuge nicht eingesetzt werden.
Dagmar Engl Frauensprecherin der Grünen OÖ
Auszüge aus dem Frauen Management Report 2021“ der AK zur Veranschaulichung:
Demnach waren in den an der Wiener Börse notierten Unternehmen im Jänner 2021 lediglich 17 von 225 Vorstandspositionen (7,6 %) mit Frauen besetzt. In den 200 umsatzstärksten Unternehmen des Landes lag der Geschäftsführerinnenanteil bei 9,0 %. In den 20 Unternehmen des ATX (Austrian Traded Index) waren es zu diesem Zeitpunkt überhaupt nur 6,8 % Frauen in den Vorständen: Damit bildet Österreich im europäischen Vergleich gemeinsam mit Luxemburg (4,2 %) das Schlusslicht und rangiert deutlich unter dem EU-Schnitt (19,3 %) Sämtliche an der Wiener Börse notierten Gesellschaften werden immer noch zu 92,4 % von Männern geführt, in den 200 umsatzstärksten Unternehmen sind nach wie vor 80,3 % der insgesamt 2.364 Spitzenpositionen (Geschäftsführungen, Aufsichtsrat) mit Männern besetzt.