Die Körpersprache: Wie wir sie einsetzen können und was sie uns über unser Gegenüber verrät
Wir nutzen sie tagtäglich, meist unbewusst: Unsere Körpersprache. Unsere Gesten. Und verraten dabei eigentlich ziemlich viel über uns.
Wie wäre das denn, wenn wir die Körpersprache unseres Gegenübers entschlüsseln könnten? Und die eigene Körpersprache gezielt einsetzen könnten, um etwa in Meetings, bei Präsentationen, Verhandlungen, Vorstellungsgesprächen, beim Smalltalk oder wo auch immer, die bestmögliche Wirkung zu erzielen? Genau darum geht es im Buch „Nutze die Macht der Gesten“. Wir fragen den Autor des Buches, Kommunikationsprofi Gerald Kneidinger, nach erfolgsversprechenden Gesten. Und wie man eigentlich sein Gegenüber analysieren kann.
Bitte um einen gnadenlosen Scan: Was sagt meine aktuelle Körpersprache über mich aus?
Gerald Kneidinger: Ich würde sagen, du strahlst eine große Offenheit aus, was sehr sympathisch ist. Ich freue mich daher auf unser Gespräch.
Naja, ich hab ja zuvor dein Buch gelesen und weiß, welche Körperhaltung was aussagt. Aber was passiert, wenn ich nicht bewusst darauf achte?
Gerald Kneidinger: Die Körpersprache ist nicht nur Informationsquelle über uns selbst, sondern vor allem auch für uns über andere. Man scannt sein Gegenüber unbewusst. In den meisten Gesprächen fällt einem rasch auf, ob das Gegenüber präsent oder anwesend ist und was es ausstrahlt. Wichtig ist aber auch, dass jede Gestik mit der jeweiligen Situation zusammenhängt.
Die jeweilige Situation kann ja auch dazu führen, dass man zum Beispiel sehr nervös oder angespannt ist.
Gerald Kneidinger: Genau, da kommt es dann auch darauf an, inwiefern man eine positive Körpersprache verinnerlicht hat. Wichtig ist immer, dass Gesten oder Mimik nicht gekünstelt wirken dürfen, sondern authentisch sind. Die Körpersprache soll einem ja helfen, die gewünschten Dinge rüberzubringen.
Worauf muss man achten, damit Körpersprache nicht gekünstelt, sondern authentisch ist?
Gerald Kneidinger: In meinem Buch habe ich eine Art Toolbox für verschiedene Gesten. Ein guter Tipp sind Powergesten, auch Powerposen genannt, mit denen man sich vor wichtigen Besprechungen positiv motiviert. Aber auch Merkmale wie der Handschlag können einiges aussagen. Man muss sich immer fragen: Was will ich transportieren? Klassisches Bild ist ja der Handschlag in der Politik, derjenige, der die Hand oben hat, wirkt dann schnell wie das Alphamännchen. Solche Gesten kann man vielseitig einsetzen.
Kann eine gute Gestik auch einfach angeboren sein?
Gerald Kneidinger: Absolut, es gibt Menschen, die von sich aus eine faszinierende Ausstrahlung und Aura mit sich bringen. Die sind auch in ihren Bewegungen bedächtiger, signalisieren, dass sie sich sicher sind und dass sie Autorität haben. In meinem Buch beschreibe ich aber auch, wie man solche Gesten erlernen und verinnerlichen kann.
Nehmen wir ein Beispiel: eine junge Frau, knapp 30, die gerade eine Führungsposition übernommen hat. Wie kann sie Körpersprache und Mimik einsetzen, um ihre neue Rolle gut und kompetent rüberzubringen?
Gerald Kneidinger: Ich würde einmal sagen, es ist unabhängig von Geschlecht und Alter. Es gibt wesentliche Gesten, die Wirkungskompetenz vermitteln können. Beginnend mit einer guten Körperspannung, auch anhaltender Blickkontakt ist wichtig, um das Interesse an seinem Gegenüber widerzuspiegeln. Wichtig sind auch reduzierte Gesten, die nah am Körper sind, man soll nicht wild umherfuchteln. Zusammengefasst kann man sagen: entspannte Mimik, feste Stimme und gleichmäßige Atmung wirken jedenfalls positiv.
Ist es nicht auch sehr schwierig, wenn man in einer ohnehin fordernden Situation wie einer wichtigen Präsentation dann auch noch diese ganzen Handlungsanweisungen zur Mimik und Körpersprache beachten muss?
Gerald Kneidinger: Intuitiv macht man viele dieser Dinge automatisch, aber es stimmt, in Stresssituation kann man es leicht vergessen. Die gute Nachricht: Man kann es auch trainieren. Klassisches Beispiel ist die 3T-Regel, touch, turn, talk. Viele Leute haben bei Präsentationen auf ihren Folien unglaublich viel Text, den sie dann von der Wand ablesen. Die 3T-Regel besagt, dass man zuerst auf den Text hinweisen soll, sich dann zum Publikum hinwendet und erst dann zu sprechen beginnt.
Haben Frauen und Männer eine jeweils typische Tendenz für Körpersprache?
Gerald Kneidinger: Man kann nicht verallgemeinern. Frauen aber neigen beispielsweise dazu, im Stand immer ein Bein zu entlasten. Will man Wirkungskompetenz ausstrahlen und eine ordentliche Körperspannung haben, sollte man beide Beine fest am Boden haben.
Was sind ein paar Faustregeln, die du Kund:innen mitgibst?
Gerald Kneidinger: Körperspannung im Sitzen und im Stehen, diese auch einsetzen und nicht zu sehr in eine entspannte Positionen gehen. Ein zweiter wichtiger Punkt ist der Blickkontakt, den scheuen viele Menschen. Ein dritter Punkt ist der Einsatz von Gesten. Leute neigen dazu, hektische Gesten zu machen, vor allem, wenn sie komplexe Sachverhalte erklären. Langsame Gesten strahlen Selbstsicherheit und Vertrauen aus.
Wie kann ich die Körpersprache meines Gegenübers analysieren?
Gerald Kneidinger: Es gibt keine 08/15-Regel, wichtig ist immer, auf die jeweilige Situation zu schauen. In einer Smalltalk-Situation ist es zum Beispiel eindeutig, wenn jemand die Hände verschränkt und sich mit skeptischem Blick zurücklehnt. Es gibt aber auch mehrdeutige Gesten, das Überschlagen von Beinen kann Entspanntheit, aber auch Skepsis bedeuten. Die Arme zu verschränken kann ablehnend wirken, kann aber auch ein Zeichen der Entspannung sein.
Gibt es eine Lösung, wie man Leute in einem Meeting, die abschweifen, zum Mitmachen motiviert?
Gerald Kneidinger: Gerade bei den jetzt so wichtigen Videomeetings ist es wesentlich, Blickkontakt zu halten. Was viele nicht wissen: Man sollte direkt in die Kamera, nicht in den Bildschirm blicken! Das ist zwar anstrengend, holt die Leute aber ab. Wir trainieren in Deutschland viele Vorstände großer Unternehmen, die Botschaften für Mitarbeiter:innen virtuell absetzen müssen, da sind solche Tipps von großer Bedeutung.
Die Pandemie hat uns nicht nur Onlinemeetings, sondern auch die Maske gebracht. Und die erschwert die Mimik reichlich. Gibt es da ein paar Tricks?
Gerald Kneidinger: Man kann trotz Maske stark mit den Augen kommunizieren, zum Beispiel erkennt man es, wenn man lacht, aber auch Skepsis sieht man in den Augen. So etwas kann man auch bewusst etwas übertreiben, damit es das Gegenüber wahrnimmt.
5 Learnings
#1 Körpersprache und Gesten müssen authentisch sein, damit sie Wirkung zeigen.
#2 Positive Gesten kann man auch antrainieren, um sie in Stresssituationen anwenden zu können.
#3 Blickkontakt halten! So hält man auch das Publikum bei der Stange.
#4 Auf langsame und bedächtige Gesten achten – das vermittelt Selbstsicherheit.
#5 Gesten hängen immer von der jeweiligen Situation ab – also nicht überinterpretieren!