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Gaslieferstopp aus Russland - IWS Studie zeigt Auswirkungen auf Oberösterreich

Gaslieferstopp aus Russland - IWS Studie zeigt Auswirkungen auf Oberösterreich

Wie wirkt sich ein Gasembargo der EU gegenüber Russland wirklich aus? Das IWS beauftragte den renommierten Ökonomen Friedrich Schneider um die Effekte auf den Wirtschaftsstandort Oberösterreich abzubilden. Und dieser zeichnet ein dramatisches Bild. Lassen sich daraus Lehren und konkrete Handlungsanleitungen ziehen? Wie müsste die gesamte Gesellschaft mit der drohenden Situation umgehen? Dies und mehr wurde im heutigen Pressegespräch in Linz erörtert.

„Die Lage ist ernster als manche noch immer glauben“, sagt Gottfried Kneifel, Geschäftsführer der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ (IWS). „Der Ukraine-Russland-Krieg hat nicht nur enorme menschliche und leidvolle Folgen für die von der Katastrophe betroffenen Militärs und die Zivilbevölkerung. In der EU und im EU-Parlament wird ernsthaft ein strenges Gas- Embargo erwogen. Ebenso findet gerade ein Gas-Teil-Lieferstopp – ausgelöst von Russland – gegenüber Deutschland und Österreich statt.“ Doch nachdem es noch immer Stimmen gebe, die von einer bewältigbaren Situation ausgehen, ohne fundierte Zahlen und Fakten zu nennen, hat die Initiative Wirtschaftsstandort OÖ (IWS) eine Eigen-Studie in Auftrag gegeben, um die Argumentation wissenschaftlich basiert zu bereichern.

Simulations-Ergebnisse von Ökonom Friedrich Schneider

In der Studie wird angenommen, dass ein Lieferstopp/Embargo von russischem Gas zum 1. Juli 2022 beginnt, die Berechnungen betrachten die folgenden zwölf Monate. Auch die Effekte auf den Arbeitsmarkt wurden mit einbezogen. Friedrich Schneider erarbeitete zudem zwei Modelle, ein pessimistisches sowie ein optimistisches Bild.

Die pessimistische Variante

Hier geht man von wenig Gas-Reserven, einer geringen Einsparungsquote der Industrie und Bevölkerung sowie wenig Ausweichmöglichkeit auf andere Energieträger aus.

Rückgang des OÖ-BIP um 6,5 Prozentpunkte, d.h. zur Basis von 2020 von 65,24 Mrd. € um 4,24 Mrd.€ auf 61,00 Mrd.€

Die Arbeitslosigkeit steigt in diesen 12 Monaten insgesamt in OÖ um 56.000 Personen oder um 11,9% der unselbständig Beschäftigten (inkl. der geringfügig Beschäftigten)

Der größte Anteil des BIP-Rückganges, nämlich 51% oder 1,83 Mrd.€ entfallen auf Industrie und das produzierende Gewerbe, Bauwesen und Energieversorgung sowie auf Handel Instandhaltung und Reparaturen von KFZ. Der Rest verteilt auf die übrigen Sparten in etwa gleichmäßig.

Wir vermissen die nötigen Anleitungen der Politik an die Bevölkerung, wie auch sie im Haushalt und Alltag Energie einsparen kann. Wir befinden uns alle zusammen in einer Schicksalsgemeinschaft, wo es auf jeden Menschen ankommt.

Gottfried Kneifel, Geschäftsführer IWS

Die optimistische Variante

Hier wird mehr eingespart, es stehen mehr Reserven zur Verfügung und andere Rahmenbedingungen entwickeln sich positiver. Man kann Erdgas gut durch andere Energieträger ersetzen, die Haushalte sparen zehn Prozent an Energie ein, in energieintensiven Produktionsbereichen lässt sich ein Viertel durch andere Energieträger substituieren, etc.

Die Effekte:

Rückgang des OÖ-BIP um 3,41 Prozentpunkte, d.h. zur Basis von 2020 von 65,24 Mrd. € um 2,22 Mrd.€ auf 63,02 Mrd.€

Die Arbeitslosigkeit steigt in diesen 12 Monaten insgesamt in OÖ um 31.620 Personen oder um 6,27% der unselbständig Beschäftigten (inkl. der geringfügig Beschäftigten).

Der größte Anteil des BIP-Rückganges, nämlich 51% oder 1,13 Mrd.€ entfallen auf Industrie und das produzierende Gewerbe, Bauwesen und Energieversorgung sowie auf Handel,Instandhaltung und Reparaturen von KFZ. Der Rest verteilt auf die übrigen Sparten in etwa gleichmäßig.

Die zusätzliche, temporäre Arbeitslosigkeit konzentriert sich zu 47% auf die Sparten Industrie, Gewerbe und Handwerk, also 14.861 Arbeitslose. Die weiteren 16759 Arbeitslosen verteilen sich in etwa gleichmäßig auf den restlichen 5 Sparten (Handel, Banken und Versicherungen, Transport und Verkehr, Tourismus und Information)

Auch in Oberösterreich sollte die Abhängigkeit von russischem Erdgas so rasch wie möglich reduziert werden.

Friedrich Schneider, Ökonom, Leiter Energieinstitut JKU Linz

Was könnte kurz- bis mittelfristig getan werden, um diese negativen Entwicklungen abzumildern?

Studienautor Friedrich Schneider:

"Auch in (Ober-)Österreich sollte die Abhängigkeit vom russischen Erdgas so rasch wie möglich reduziert werden. Die Suche nach anderen Produzenten ist stark zu intensivieren.

Da in den meisten Bereichen kurzfristig Gas nicht ersetzt werden kann, bzw. als vorübergehend Brückentechnologie benötigt wird, ist auch die EU gefordert koordinierend einzugreifen und Liefermengen aus anderen Ländern (z.B. aus Norwegen) zu beschaffen.

Auch sollte der Umbau bzw. der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern beschleunigt werden und die heimische Produktion alternativer Energieträger forciert werden, damit sich die ausländische Energieabhängigkeit verringert und Österreich dadurch weniger erpressbar wird."

Zum Abschluss: Der Spirit, den es jetzt braucht

Der "Optimist" Friedrich Schneider, wie er sich selbst bezeichnet, sieht viel Potential in der Bewältigung dieser Krise. Denn schon Corona habe gezeigt, dass die Gesellschaft in Österreich in der Not erfinderisch sein könne. Der Geschäftsführer des IWS, Gottfried Kneifel, betont die Wichtigkeit des Zusammenhalts. Man befinde sich zusammen in einer Schicksalsgemeinschaft, wo jede und jeder einen Teil zur Verbesserung der Situation beitragen könne. Doch anschließend bekräftigt er, dass ein Gasembargo nicht nur dem Wirtschaftsstandort Oberösterreich oder ganz Österreich sondern der internationalen Wirtschaft und Industrie enormen Schaden zufügen würde.