Wie man der Steuererklärung „App“hilfe schafft…
… zeigen Carina Zehetmaier und ihr Team von Taxtastic. Mit ihrer App lösen Sie nicht nur die herkömmliche, aufwändige Steuererklärung ab – sie sorgen auch dafür, dass jährlich hunderte Millionen an zu viel gezahlter Steuer zurückgeholt werden. Im Interview spricht die Gründerin über die Vorzüge der Digitalisierung und Automatisierung in diesem Prozess, wie Google ihr Startup unterstützt und darüber, warum klassische Steuerberater:innen trotzdem auch in Zukunft noch eine wichtige Rolle spielen werden.
Sie revolutionieren mit Ihrer Idee die Art und Weise, wie Steuern erklärt und rückerstattet werden. Wann haben Sie selbst zuletzt „ganz klassisch“ Ihre Steuererklärung gemacht?
Carina Zehetmaier: Das ist bei mir schon eine Zeit her, weil ich vor der Gründung von Taxtastic in der Schweiz gelebt habe, wo es keine Rückerstattungen gibt, sondern nur Steuererklärungen. Seit der Gründung des Unternehmens 2020 bin ich selbstständig und mache daher eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Wir arbeiten gerade daran unsere Technologie für kleine Selbständige zu erweitern.
War das mitunter die Motivation, Ihr Startup zu gründen?
Carina Zehetmaier: Ja, Steuern waren für mich immer ein leidiges Thema. Unsere größte Motivation war aber der Umstand, dass jedes Jahr alleine in Österreich hunderte Millionen an zu viel gezahlter Steuer von den Steuerzahler:innen nicht zurück geholt werden.
Ihre APIs sind in der Lage steuerrelevante Ausgaben zu verstehen und kontextbasiert zuzuordnen. Was bedeutet das genau?
Carina Zehetmaier: Welche Ausgabe für Steuerzahler:innen relevant ist, hängt von der individuellen Situation ab. So ist ein Kochbuch für mich als Geschäftsführerin von Taxtastic nicht steuerrelevant, für jemanden, der professionell kocht oder einen Restaurant betreibt aber sehr wohl. Unser System bildet sich sozusagen eine Meinung über Produkte auf Belegen und kann diese dann mit der Situation der User:innen verknüpfen, um so Ausgaben aus steuerrechtlicher Sicht beurteilen.
Welche Vorteile entstehen dadurch für Nutzer:innen?
Carina Zehetmaier: Viele Steuerzahler:innen wollen sich mit dem Thema Steuern so wenig wie möglich auseinandersetzen und es mangelt oft auch am notwendigen Steuerwissen. Wir versuchen das Thema zugänglicher zu machen und Nutzer:innen durch Vorschläge über die Absetzbarkeit zu motivieren mehr Ausgaben geltend zu machen und dadurch ihre Rückerstattung einfach und schnell zu erhöhen.
In welchen Einsatzgebieten finden Ihre Lösungen bereits Anwendung und welches Potenzial sehen Sie als noch ungenutzt?
Carina Zehetmaier: Wir selbst betreiben die Tax@Home App, die Nutzer:innen bei der Hand nimmt und durch die Arbeitnehmerveranlagung führt. Derzeit sind wir dabei unser KI-System in die Anwendung zu integrieren und zu testen. Im nächsten Schritt arbeiten wir an der Lösung für kleine Selbständige – hier sehen wir ein enormes Potential. Die Einkommensteuererklärung ist für Selbständige verpflichtend und für viele Unternehmer:innen eine der größten Hürden und Herausforderungen der Selbständigkeit.
Sie sind eines von acht Startups im DACH-Raum, das an der Google Growth Academy teilnimmt. Welche Unterstützung erwarten Sie sich dadurch?
Carina Zehetmaier: In der Zwischenzeit neigt sich das Programm dem Ende zu und es war wirklich hilfreich. Inhaltlich haben wir viel darüber gelernt, wie wir Wachstum im Unternehmen vorantreiben und unsere Anwendung mit konkreten Maßnahmen besser auf die Bedürfnisse der Nutzer:innen ausrichten können. Darüber hinaus war das Netzwerk mit den Expert:innen von Google und den anderen Gründerinnen eine große Bereicherung und auch Unterstützung.
Was ändert sich in Ihrer Branche durch die Automatisierung und Digitalisierung, „brauchen“ wir in Zukunft noch Steuerberater:innen?
Carina Zehetmaier: Die Zukunft der Steuerberatung wird sich durch Automatisierung verändern. Unserer Meinung nach ist einer der Schlüssel für die erfolgreiche Anwendung von neuen Technologien die Einbindung und Validierung von Fachexpert:innen. Bei sensiblen Themen darf und soll Künstliche Intelligenz nie die Endentscheidung über Menschen treffen. Steuerzahler:innen bleiben für ihre Steuererklärung verantwortlich und das menschliche Know-how ist für eine vertrauenswürdige und nachhaltige Anwendung von KI-Systemen fundamental. Es wird ein gewisses Zusammenspiel von Mensch und Maschine geben. KI-Systeme können einfache, repetitive Tätigkeiten ersetzen, wir glauben aber nicht, dass Steuerberater:innen von sogenannten intelligenten Systemen vollständig abgelöst werden können.