"Besser als ChatGPT, aber kein Geld für weitere Forschung"
KI-Pionier und JKU-Forscher Sepp Hochreiter vermutet, eine leistungsfähigere KI-Technologie als ChatGPT entwickelt zu haben. Die Entdeckung könnte letztendlich aber nicht dem Standort Oberösterreich, sondern Tech-Giganten wie Google oder Meta zugutekommen – denn für weitere Forschung fehle das Geld von Land und Bund. Im Interview erklärt Hochreiter das Potential seiner Erfindung und stellt Forderungen an die Politik.
Was kann das neu entdeckte System – und warum ist es möglicherweise besser als ChatGPT?
Wir haben den von mir erfundenen LSTM-Algorithmus vor drei Wochen mit der ChatGPT-Technologie kombiniert, gleich beim ersten Mal hat alles ideal funktioniert. Die Ergebnisse sind vielversprechend – unser System ist mit einem kleinen Datensatz leistungsfähiger als das ChatGPT-Vorgängermodell GPT2. ChatGPT stößt gerade bei längeren Textsequenzen derzeit an seine Grenzen, wir hingegen können diese auch gut verarbeiten. Ich bin lange genug im Geschäft um ein Gefühl dafür entwickelt zu haben. Ich glaube, wir haben ein leistungsfähigeres Tool als ChatGPT entwickelt. Jetzt geht es darum, diese Vermutung in weiteren Forschungen zu bestätigen. Aber dafür fehlt uns das Geld, was unfassbar frustrierend für mich ist. Wir haben hier die Sensation in unserer Hand, aber können nichts umsetzen.
Wie viel würden diese Forschungen etwa kosten?
Zwei bis drei Millionen Euro. In den vergangenen fünf Jahren hat Österreich insgesamt nur sieben Millionen Euro in Künstliche Intelligenz investiert. In Deutschland sind es momentan fünf Milliarden. Wir wären in Linz super aufgestellt mit guten Forschern und dem AI-Studium, aber es fehlt an finanziellen Mitteln. Leider werden wir von der Politik im Stich gelassen. Es gab viele leere Versprechungen, sowohl vom Land Oberösterreich als auch vom Bund kommt viel zu wenig Unterstützung. Ich habe bereits vor Jahren die KI-Strategie kritisiert, es gab seitens der Politik keine Rückmeldungen.
Wie ist der weitere Fahrplan?
Normalerweise müsste man jetzt weiterforschen, unsere Ergebnisse überprüfen und dann die Rechte absichern. Nachdem uns das Geld dafür fehlt, verlieren wir wertvolle Zeit. Wenn von der Politik keine Unterstützung kommt, muss ich mit der Erfindung notfalls zu Google, Amazon oder Meta gehen. Dort wären die finanziellen Rahmenbedingungen kein Problem – dann landet aber auch die Technologie dort.
Sie haben zahlreiche Angebote aus dem Ausland. Warum sind Sie dem Standort trotz kaum geringerer Mittel und einer aus ihrer Sicht nicht funktionierenden KI-Strategie bisher treu geblieben?
Natürlich könnte ich sofort woanders neu anfangen, es gibt Angebote mit Forschungsbudgets von bis zu 300 Millionen Euro. Nur: Was nutzt mir Geld, wenn ich die richtigen Leute nicht habe? In Linz gibt es das richtige Team, mir so etwas woanders aufzubauen, würde fünf bis acht Jahre dauern.
Welche Maßnahmen braucht es, damit Österreich KI-zukunftsfit wird?
Es braucht mehr Geld für die Grundlagenforschung, ganz konkret auch für mein Institut. Wichtig wären zusätzliche Strukturmaßnahmen und Unterstützung für Start-ups. Ich fordere außerdem seit sechs Jahren ein KI-Institut als Bindeglied zwischen Forschung und der Wirtschaft. In zahlreichen anderen europäischen Städten gibt es so etwas, bei uns aber nicht. Dort ist auch Geld kein Problem – wir werden in Österreich abgehängt.