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Zweigniederlassung in Wien. An der
Technischen Universität Graz wird als
Entwicklungsprojekt das Extrakt pro-
duziert. 2011 ist die erste Flasche in
der Testproduktion fertig. „Damals ha-
ben wir einen großen Vertriebspartner
gesucht, um richtig durchzustarten“,
sagt Juen. Der ganz große Durchbruch
scheint zu gelingen: Kaahée schließt
einen Fünf-Jahres-Vertrag mit einem
namhaften österreichischen Getränke-
hersteller ab, für den sie exklusiv 37,5
Millionen Flaschen produzieren sollen.
Monatelang wird auf den vereinbarten
Deal hingearbeitet, der Linzer sieht
sich schon fast als neuer Mateschitz.
Doch nur wenige Wochen vor Ablauf
der Frist der Schock: Über Nacht wech-
selt der Getränkehersteller einige An-
sprechpartner und Verantwortliche aus,
der Vertrag wird gekündigt.
Die Erinnerungen behagen Juen sicht-
lich nicht, nur ungern spricht er über
den Misserfolg. „Das war ein herber
Rückschlag, der uns einiges an Geld
und Zeit gekostet hat“, sagt er und
trinkt einen großen Schluck Wodka-
Kaahée. Kurz will er aufgeben, doch
dann erinnert er sich an die Unter-
nehmer-Weisheit eines Freundes: Die
größte Herausforderung ist es, Zie-
le zu verfolgen, wenn man am Boden
liegt. „Erst dann habe ich verstanden,
was er eigentlich damit gemeint hat“,
erinnert sich Juen. Er beschließt: Jetzt
erst recht. Der Vertrieb wird völlig neu
aufgezogen, Investoren müssen zusätz-
liches Kapital nachschießen. Im März
2013 startet Kaahée schließlich am Re-
ferenzmarkt in Wien, derzeit läuft eine
regionale Expansion auf Schwerpunkt-
städte wie Linz, Graz und Salzburg.
2014 soll der Anti-Hangover-Drink das
Trendgetränk der heimischen Szene-
und Eventgastronomie werden. „Da-
nach wollen wir in den Handel gehen“.
Langfristig will Juen geeignete Partner
für den internationalen Markt finden.
Es gibt auch schon erste Interessenten:
Ein ehemaliger Red Bull-Lizenznehmer
in der Türkei sei interessiert. Die Bran-
che sehe in Kaahée ein großes Poten-
tial. „Unser Vorteil ist, dass wir das
einzige Anti-Hangover-Getränk mit ei-
ner wissenschaftlich nachgewiesenen
Wirkung sind“, sagt Juen. Im Gegensatz
zum Softdrink-Marktführer Coca Cola
oder Energydrink-Riesen Red Bull hat
Kaahée außerdem ein Patent auf sein
Produkt.
Zielgruppe von Kaahée sind vorwiegend
„junge Performer“ – Menschen, die hart
arbeiten, und gerne Party machen, wie
es Juen definiert. Obwohl man mit ei-
nem Anti-Hangover-Getränk wirbt,
spricht man sich für einen bewussten
und verantwortungsvollen Umgang
mit Alkohol und gegen exzessives Ko-
masaufen aus. „Wir wollen aber auch
kein Lehrmeister sein“, fügt der CEO
schnell hinzu. Es gäbe eben Anlässe im
Leben, bei denen man über die Strän-
ge schlage. Und bei diesen Anlässen
will Kaahée die Menschen begleiten.
Während sich Juen verabschiedet, die
Mappe mit Strategien und Marketing-
Konzepten wieder in seinem Koffer ver-
staut, machen wir uns bereit, über die
Stränge zu schlagen. Zumindest ein
bisschen. Bei einem Bier und etwas
Wodka könnte man schließlich noch
nicht beurteilen, ob das Getränk auch
wirklich gegen den Kater hilft. Es fällt
gar nicht so leicht, unter der Woche
spontan ein paar „junge Performer“ zu
finden, die spontan eine „Phase intensi-
ver Lebensintensität“ durchleben wol-
len. Glücklicherweise opfern sich dann
doch zwei Freunde und helfen mir bei
meinem Experiment – ich muss mich
nicht alleine betrinken. Als ich vier Bier
später wieder zuhause bin, trinke ich
vor dem Schlafengehen noch ein zwei-
tes Kaahée. Und kippe einige Schluck
eines Billig-Wodkas hinunter, der seit
Monaten im Kühlschrank herumsteht.
In der Früh die Überraschung: Das
sonst obligatorische Kopfweh stellt sich
erst einige Stunden später und deutlich
schwächer als gewohnt ein. „Neu ge-
boren“ fühle ich mich zwar nicht, aber
doch besser als normalerweise nach
Alkoholkonsum.
Auch dort, wo alles angefangen hat,
wird mittlerweile mit Kaahée gefeiert.
Ein- bis zweimal im Jahr fliegt Juen
beruflich in die peruanischen Anden.
Im Gepäck hat er immer einige Kar-
tons des Anti-Hangover-Getränks für
den Schamanen, der ihn auf die Idee
gebracht hat. „Der ist begeistert davon
und trinkt es manchmal mit seinen
Schamanen-Kollegen am Lagerfeuer“._
in den SkurrilSten lebenSlagen
formen Sich oft die beSten ideen.
Julian Juen
gRüNDER KAAHÉE
gefragt.
otmar hÖglinger
professor an der fh Wels und Wissenschaftler mit den forschungsschwerpunkten
„bioenergie und lebensmitteltechnologie“ über die Wirkung der kaktusfeige.
Kaahée wirbt damit, einen„hangover“ verhindern zu können – ist das
aus wissenschaftlicher Sicht möglich?
die Kaktusfeige beinhaltet antiinflammatorische – also entzün-
dungshemmende – Stoffe. Alkohol hingegen löst beim Konsument
lokale Entzündungen aus, die schuld sind an den klassischen
Kater-Symptomen wie Kopfweh oder übelkeit. diese Entzündungen
können gehemmt werden – und das „Hangover“ somit lindern.
Was weiß man noch über die Wirkung von Kaktusfeigen?
Sie wirken regulierend auf den Fettstoffwechsel, gegen
Magenbeschwerden und blutdruckregulierend. Außerdem enthält
die Kaktusfeige eine große Menge an Antioxidantien. Sie hat eine
lange Tradition in der südamerikanischen Volksmedizin. Besonders
von Männern wurde die Rote Kaktusfeige vor der jagd verwendet,
um den Erfolg zu steigern.
REDAKTEUR VALENTIN LISCHKA (RECHTS) IM gESPRäCH MIT JULIAN JUEN.
IN EINER BAR - WO AUCH SONST?