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In Österreich bieten laut einer aktu-
ellen Studie 97 Prozent der Betriebe
zumindest einzelne Maßnahmen zur
Work-Life-Balance an. Manche Unter-
nehmen würden das Thema aber nur
halbherzig aufgreifen, während aber
immer mehr viel Geld und Zeit in die
Hand nehmen würden, so Schneider-
bauer. Im Vergleich zu anderen OECD-
Staaten befindet sich Österreich, was
die Arbeitsdauer betrifft, im Mittelfeld.
Im Schnitt wird pro Jahr etwa 1.600
Stunden gearbeitet – das ist deutlich
unter dem OECD-Mittelwert von 1.776
Stunden. Nur etwa neun Prozent ar-
beiten hierzulande mehr als 50 Stun-
den pro Woche.
Flexible arbeitszeitmodelle
und Vertrauen
Bei epunkt ist das Thema mittlerweile
ein zentrales in der Unternehmenskul-
tur geworden. „Wir haben uns 2008 als
strategisches Unternehmensziel ge-
setzt, zum attraktivsten Arbeitsgeber
der Branche zu werden“, sagt Zibusch-
ka. Das Unternehmen bietet etwa
Vier-Tage-Wochen oder Zehn-Monats-
Jahre an, mehr als 30 Prozent der Ar-
beitnehmer nutzen flexible Arbeitszeit-
modelle. Als besonders wichtig schätzt
der Geschäftsführer das Vertrauen in
die Mitarbeiter ein. Weder genaue Ar-
beitszeiten, noch Kern- oder Gleitzei-
ten werden aufgezeichnet oder vorge-
schrieben. „Die Leute sollen arbeiten
wann und wo sie wollen – wir vertrau-
en darauf, dass wir mündige, erwach-
sene Mitunternehmer haben, die wis-
sen, was sie tun“, erklärt Zibuschka.
Er glaubt allerdings nicht, dass dieses
Konzept bei allen Unternehmen funkti-
onieren würde. Auch in den Büros von
epunkt werde jedoch sehr wohl hart
und intensiv gearbeitet. Aber beson-
ders nach intensiven Stunden im Büro
müsse man den Arbeitskräften Luft
zum Atmen geben. 2013 wurde man
vom „Great Place to Work“-Institut
als bester Arbeitgeber Österreichs in
der Kategorie 50 bis 250 Mitarbeiter
ausgezeichnet. Verantwortlich für ein
ausgeglichenes Verhältnis zwischen
Arbeit und Privatleben sind aber nicht
nur die Unternehmen, sondern auch
die Mitarbeiter oder Führungskräfte
selbst. „Was brauche ich, damit es mir
gut geht, und ich morgen wieder erholt
ins Büro gehen kann? Das sollte je-
der für sich selbst herausfinden“, sagt
Schneiderbauer.
Auch die Personalsuche der Unterneh-
men verändert sich. Zibuschka nimmt
ein verändertes Bewusstsein wahr. Vor
zehn Jahren wäre bei Stellenanzeigen
und Inseraten zur Personalsuche der
Fokus klar auf den Anforderungen und
der Jobbeschreibung gelegen. Das hat
sich geändert. „Heute präsentieren
sich Unternehmen, die Mitarbeiter su-
chen, ganz anders. Neben den Anfor-
derungen wird meist detailliert auf das
Unternehmen selbst und sein Umfeld
eingegangen. Zibuschka: „Im Vorder-
grund steht, wie sich die Mitarbeiter
beim Unternehmen verwirklichen kön-
nen.“_
beitsbedingungen sein können, um die
besten Köpfe an Bord zu holen. Google
bietet etwa gratis Verpflegung in so-
genannten „Micro-Kitchens“, Kräuter-
gärten zur Erholung und weit bessere
Sozialleistungen als normalerweise in
den USA üblich. Dafür ist man seit fünf
Jahren in Folge weltweit attraktivster
Arbeitgeber und kann aus mehr als
zwei Millionen Bewerbungen jährlich
wählen. Das ist nicht der einzige Vor-
teil. „Motivierte Mitarbeiter bewältigen
herausfordernde Situationen besser“,
sagt Work-Life Balance-Expertin Ire-
ne Schneiderbauer. Die Trainerin berät
und coacht seit acht Jahren Einzel-
personen und Teams – unter anderem
auch am Linzer WIFI. Wird die Belas-
tungsgrenze dann einmal wirklich
hoch, kann sie von erschöpften und
ausgelaugten Mitarbeitern nicht mehr
bewältigt werden, sagt Schneiderbau-
er. Das Thema „Work-Life-Balance“
solle innerhalb des Unternehmens
enttabuisiert werden. Besonders Füh-
rungskräfte würden als Vorbild eine
besondere Verantwortung haben. Ist
der Chef 24 Stunden am Tag erreich-
bar, schreibt auch um Mitternacht
noch Mails und ruft im Urlaub an, hat
das Auswirkungen auf das Verhalten
seiner Mitarbeiter. „Die werden dann
kaum früher heimgehen oder sich
schonen, wenn ihnen das ihr Chef rät“.
Aber auch kleine, vermeintlich banale
Maßnahmen wie eine gesunde Jause
oder Wasserspender für die Mitarbei-
ter können erheblich zum Wohlfühl-
faktor beitragen.
meine generation hat beim
berufSeinStieg nach dem
Studium erSt einmal alleS
andere hinten angeStellt – daS
macht die heutige generation
nicht mehr.
sam ziBuschka
gESCHäfTSfüHRER epunkt