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walter:

 Vollkommen richtig. Die Komplexi-

tät des Steuersystems ist ein Problem. Wir 
wissen erst in ein paar Jahren wie die Steu-
ergesetze ausgelegt werden. Das heißt, ich 
muss in drei bis vier Jahren für etwas haf-
ten, das ich heute unter ganz anderen Be-
dingungen entschieden habe. Dieses ganze 
Haftungsgefüge trägt nicht dazu bei, dass 
ich mich in Österreich als Unternehmen 
gut bewegen kann. 

Klinger:

 In der Standortfrage spielt das na-

türlich schon eine große Rolle. Will ich in-
vestieren, frage ich mich: Kann ich nun auf 
dieses System setzen oder ist das in zwei 

Jahren komplett anders und habe damit die 

falsche Entscheidung getroffen. 

Wie gehen Sie im Unternehmen mit dem 
Thema Steuern um? Haben Sie im Un-

ternehmen eigene Steuerexperten, oder 
setzen Sie eher auf externe Berater?

Klinger: 

Du brauchst beides – sowohl die in-

terne als auch die externe Kompetenz. Weil 
die Steuergesetze mittlerweile unglaublich 
komplex sind. Wir hatten ein gutes Steuer-
gesetz mit klaren Richtlinien, aber da wur-
de immer wieder etwas daraufgesetzt, der 
Kodex wächst jedes Jahr. Und durch dieses 
Daraufsetzen entstehen Unsicherheiten, 
die eigentlich unzulässig sind. 

Haben sich die Kosten für den Aufwand 
im Laufe der Jahre verändert?

Klinger: 

Enorm! Man wird im Bereich der 

kaufmännischen Verwaltung effizienter 
durch EDV-unterstützte Systeme, es wer-
den aber nicht sehr viel weniger Leute und 
die müssen immer höher qualifiziert sein. 

schneider: 

Wir haben ein hoch komplexes 

Steuersystem, das zum Teil nicht einmal 
mehr Spezialisten verstehen. Und daher 
wäre mein Vorschlag – mit dem man mit 
Sicherheit vier bis fünf Milliarden einspa-
ren könnte – wesentlich einfachere Steu-
ergesetze, wesentlich weniger Ausnahmen. 
Das könnte Hand in Hand gehen mit Sub-
ventionskürzungen, womit wieder einiges 
eingespart werden könnte. Wir müssen die 
Belastung auf der Ausgabenseite abbauen, 
sonst kommen wir nie gegen die Verschul-
dung an. Schweden hat beispielsweise eine 
Staatsverschuldung von 40 Prozent, wir ha-
ben 80 Prozent – und in Schweden schläft 
niemand unter der Brücke. 

walter: 

Das ist der Punkt: Die Gerechtigkeit 

hat nichts mit der Höhe der Steuerabgaben 

zu tun. Ich kann auf jedem Abgabenniveau 
Gerechtigkeit herstellen. 

schneider:

 Schweden ist genau den umge-

kehrten Weg gegangen, wir müssten es 
ihnen nur nachmachen. Auch Deutschland 
gelingt es langsam, mit den laufenden Ein-
nahmen die laufenden Ausgaben zu decken. 
Wir müssen einen lebendigen Föderalismus 
schaffen. Wenn die Landeshauptleute mehr 
Verantwortlichkeit hätten, dann würden sie 
ganz anders mit den Steuergeldern umge-
hen. Und was ganz klar ist: Die Komplexi-
tät des Steuersystems ist viel zu hoch. Viele 
Länder haben uns vorgemacht, dass eine 
Vereinfachung möglich ist. Aber dazu fehlt 
der politische Gestaltungswille. Wenn man 
endlich aufhören würde, gezielte Arbeitneh-
mergruppen zu bevorzugen und alle gleich 
behandelt, dann würde es gelingen, eini-
ges an Ausgaben einzusparen. Der größte 
Brocken sind natürlich die Transfers für die 
Pensionen. Wenn wir es nicht schaffen, das 
Regelpensionsalter auf 65 Jahre anzuhe-
ben – und davon sind wir meilenweit ent-
fernt – und die Privilegierung bestimmter 
Gruppen aufzuheben, dann nützt das ein-
fachste Steuersystem nichts, weil uns die 

Ausgaben davon laufen. Der Schwerpunkt in 
dieser Legislaturperiode sollte wirklich sein, 
endlich mal die großen Brocken anzugehen. 
Und auch hier müssen wir nur wieder nach 
Skandinavien schauen. 

walter: 

Ausnahmen zu streichen ist ein gu-

ter Vorsatz! Ausnahmen bringen Komplexi-
tät ins Steuersystem, daher ist es gut, wenn 
man sich jede Ausnahme zur Hand nimmt 
und anschaut, warum es diese überhaupt 
gibt. Natürlich braucht es auch manche 
Ausnahmen, um bewusst Anreize zu setzen. 
Aber ich muss die Vielzahl an kleinen Aus-
nahmen beenden – diese bedeuten nur Ver-
waltungsaufwand und haben weder einen 
Lenkungseffekt noch systemische Grund-
lagen. 

Klinger:

 Aus der Schweiz hat mir ein Ansatz 

aus dem Förderwesen sehr gut gefallen. 
Förderungen sind dort für einen bestimm-
ten Zeitraum definiert und laufen dann ab. 
Dann muss ich mir überlegen: Sind die 
Kriterien, die ich erreichen wollte, erfüllt 
worden? Dann kann ich sie neu beschlie-
ßen. Oder soll ich die Kriterien ändern oder 
fällt die Förderung weg? Ähnliche Themen