ist natürlich Aufgabe der Generation da-
rüber – denn wenn jemand sagt, ich will 
Genetiker werden, dann braucht er schon 
Förderer, die sagen: Okay, viele wollen das 
jetzt zwar nicht werden, aber es scheint 
etwas zu sein, das dich juckt, also mach 
es!“ Hätte er die Ratschläge anderer an-
genommen, wäre er heute wohl Atomphy-
siker. „Atomphysik war damals der letzte 
Schrei in Europa, Asien und Amerika. Aber 
wo hätte ich heute als Atomphysiker in 
Österreich einen Job?“ Der Genetik wurde 
hingegen keine Zukunft vorausgesagt, im 
Gegenteil – 1,2 Millionen Menschen unter-
schrieben während seiner Ausbildungszeit 
ein Antigentechnik-Volksbegehren. Heute 
hat er drei Bestseller geschrieben, publi-
ziert in hochangesehenen Journalen welt-
weit, entdeckte Dinge, die vorher niemand 
gesehen hatte, leitet gleichzeitig eine Fir-
ma, ein Uni-Institut mit 100 Leuten, sitzt in 
Gremien, wird als Berater herangezogen 
und hält Vorträge. Sein Tipp für junge Men-
schen daher: Es ist kein guter Ansatz, sich 
auf Menschen zu verlassen, die behaupten, 
die Zukunft zu kennen. „Dazu kann ich Ih-
nen viele Beispiele aufzählen – ich habe 
Freunde, die sich für Islamkunde interes-
sierten, denen wurde damals gesagt, dass 
sie wohl Taxifahrer werden, wenn sie das 
studieren. Und wie viele solche Menschen 
würden wir heute brauchen, die Experten 
auf diesem Gebiet sind?“ 

Was in Zukunft 

wirklich zählt

Übrigens: Wenn hier im Café ein Radar 

zur Bemessung der Sprechgeschwindig-

keit aufgestellt wäre, dann hätte es in der 
vergangenen Stunde wohl so oft wie bei 
einem Gewitter geblitzt. Es ist unglaublich, 
wie viele Buchstaben Markus Hengst-
schläger in eine Minute packt. Ob Schnell-
reden erblich ist? Egal, ich nutze seine 

kurze Sprechpause lieber um ihn zu fra-
gen, ob denn der momentane allgemeine 
Ratschlag an junge Menschen, eine Karri-
ere in der Technik anzustreben, demnach 
gar nicht so klug sei? Er schmunzelt. „Das 
finde ich sehr nett, aber nicht zukunfts-
trächtig.“ Er erzählt von einer Studie zwei-
er Oxford Professoren, welche prognosti-

ziert, dass im Jahr 2035 etwa die Hälfte 
aller Berufe, die wir heute noch beim Na-
men nennen können, nicht mehr existie-
ren wird. „Es ist wirklich hochinteressant, 
dass aber immer noch Leute herumlau-

fen, die behaupten zu wissen, was wir in 
30 Jahren brauchen.“ Bei einer derart ho-
hen Veränderbarkeit der Zukunft gebe es 

zwei Eigenschaften, die es zu unterrichten 
gilt: Intrapersonelle und interpersonelle 

Intelligenz. „Das sind die zwei wichtigsten 

Talente, die wir fördern müssen“, erklärt 

er. Intrapersonelle Intelligenz bedeu-
tet, dass man seine eigenen Stärken und 
Schwächen kennt. Interpersonelle Intelli-
genz ist im allgemeinen Sprachgebrauch 
besser bekannt als soziale Kompetenz, 

Teamfähigkeit oder Empathie. Wer diese 

beiden Eigenschaften besitzt, sei für alles 
in der Zukunft gerüstet, so Hengstschlä-
ger. „Wenn Sie Ihren Kindern also etwas 
mitgeben möchten, dann kümmern Sie 
sich darum, dass sie ihre Stärken entde-
cken können, bringen Sie ihnen soziale 
Kompetenz bei. Und geben Sie ihnen ein 
Rückgrat, indem Sie sagen: Mach dir kei-
ne Sorgen und höre nicht auf das Negati-
ve, das andere sagen. Probier es aus und 
wenn du damit falsch liegst, ist das kein 
Problem – hab Mut.“

Mit Mut meint er vor allem den Mut, neue 
Wege einzuschlagen, den Mut, anders zu 
sein. Und natürlich auch den Mut, Fehler 
zu machen. „Im Moment sieht es aber so 
aus: Wenn Sie in einen Betrieb kommen 
und 20 Leute machen dasselbe, werden 

Sie wohl auch genau das machen. Wenn 
Sie den Mut haben, etwas anderes zu ma-
chen, dann möchte ich sehen, wie lange 
Ihre Energie dazu anhält“, so Hengst-
schläger. Es sei schließlich wesentlich 
angenehmer, mit 20 anderen Menschen 
Unrecht zu haben, als der Einzige zu sein, 
der einen Fehler macht, weil er etwas 
Neues ausprobiert hat. Als Beispiel dafür 
nennt er die Finanzkrise 2008, die von ge-
nau diesem Konzept getragen war: „Die 
Banker rufen sich untereinander an, um 
festzustellen, dass jede Bank der Welt ge-
nau das gleiche gemacht hat und dass es 
deshalb nicht so falsch sein kann. Es war 
aber falsch, doch die Mehrheit scheint uns 
Recht zu geben.“ Aus der Reihe zu tanzen, 
sei also extrem wichtig. Koste aber auch 
jede Menge Überwindung, denn wer et-
was riskiert, muss auch aushalten, dass 
am Ende vielleicht alle sagen: Ich hab 
dir eh gesagt, dass es schiefgeht! „Wir 
müssen gut kommunizieren, dass derje-
nige, der Misserfolge hat, kein schlechter 
Mensch ist – er ist vielmehr oft jemand, 
der eine hohe Innovation anstrebt.“ Ihm 
müsse man aber auch klarmachen, dass 
er auf andere nicht herabblicken darf, 
denn wenn es die anderen nicht gibt, ist er 
nicht finanziert. „So funktioniert das Sys-
tem – egal welches, Wirtschaftsstandort, 
Unternehmen oder Privatleben – nur die 
richtige Mischung aus Flexibilität und Si-
cherheit bringt Erfolg.“ 

Was ein wirklich guter 

Manager anders macht

Hengstschläger verwendet dafür den 
Begriff „Flexicurity“ und meint damit: Es 
gibt zwei Arten von Entscheidungen, die 
jemand treffen kann – völlig sichere (yes 
or yes), die garantiert aufgehen und unsi-
chere (yes or no), die risikoreich sind, aber 
im Erfolgsfall Innovation bedeuten können. 

Intrapersonelle Intelligenz, 

soziale Kompetenz und Mut – 

damit ist man für die Zukunft 

gerüstet.

MARKUS HENGSTSCHLÄGER
Genetiker und Bestseller-Autor