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Man kann von Josef
Pühringer den Mut zur
Entscheidung lernen.
THOMAS STELZER
Landeshauptmann-Stellvertreter
im Beschreiben sind, was wir gut machen.
Das finde ich auch okay. Wir sind auch
noch gut im Beschreiben dessen, was not-
wendig wäre. Jetzt sind wir aber an dem
Punkt, wo das Beschreiben und Feststel-
len nicht mehr auslangt. Jetzt müssen wir
wirklich Dinge ändern, insofern stimmt
die Kritik. Ich glaube auch, dass in breiten
Kreisen der Bevölkerung der Wille da ist,
Veränderungen mitzutragen. Veränderun-
gen wie etwa Investitionen in die Digitali-
sierung, in die Forschung, in ein breiteres
Bildungsangebot bedeuten natürlich auch
immer finanziellen Einsatz. Und dieser
bedeutet wiederum, dass man Dinge, die
wir bisher mitgetragen haben, nicht mehr
in diesem Ausmaß mittragen können, weil
die Möglichkeiten der öffentlichen Mittel
nicht unerschöpflich sind.
Damit macht man aber natürlich nicht
alle Wähler glücklich. Spielt die Angst
vor der Abwahl für einen Politiker nicht
immer eine große Rolle und ist dement-
sprechend handlungslenkend?
STELZER_Was zweifellos stimmt: Jeder
Politiker, auch ich, schaut natürlich, wie
er größtmögliche Zustimmung erhalten
kann, weil man bei einer Wahl gewinnen
will. Alles andere wäre beschönigt. Wir
haben aber in Oberösterreich eine lan-
ge Amtsperiode von sechs Jahren, in der
Zeit kann man Dinge wirklich in die Hand
nehmen. Und außerdem glaube ich wie
gesagt daran, dass in der Bevölkerung
eine Grundsehnsucht danach herrscht,
dass wir die notwendigen Veränderungen
durchführen.
Wie vorausschauend kann Politik denn
sein? Am Beispiel der Finanzkrise 2009
oder der aktuellen Flüchtlingskrise –
waren sie wirklich unabsehbar?
STELZER_In der Dimension schon. Was
wir aber gesehen haben und was wir ehr-
licherweise auch lernen müssen: Dass wir
im Umgang mit diesen großen Einschnit-
ten schneller sind. Wir haben zwar ganz
schnell für Hilfe und Unterkünfte gesorgt,
aber in Antworten auf Fragen wie „Was be-
deutet das für den Arbeitsmarkt, für das
Bildungssystem und welche Perspektiven
können wir diesen Menschen auch zum
eigenen Nutzen geben?“ können wir flot-
ter werden.
Die Vernetzung der Menschen über
soziale Netzwerke ändert den Zugang
der Menschen zur Politik. Wie schafft
man gaher heute den Zugang zu den
Wählern?
STELZER_Auf der einen Seite werden
durch die neuen Medien von uns Antwor-
ten viel schneller gefordert, man muss
sofort reagieren, es gibt keinen Verzöge-
rungseffekt mehr. Auf der anderen Seite
ist es auch eine Riesenchance, weil man
die Möglichkeit hat, die Leute viel schnel-
ler zu erreichen, welche man vielleicht auf
herkömmlichen Informationswegen gar
nicht erreichen würde. Dennoch stellen
wir aber gerade auf Landesebene fest,
dass der Wunsch nach persönlichem Kon-
takt mit uns Politikern schon da ist. Ich
denke, dass dieser auch durch die inno-
vativsten technologischen Möglichkeiten
nicht ersetzt wird. Wir müssen also vor Ort
sein und damit für die Leute greifbar und
ansprechbar.
Den Zuspruch der Leute zu bekommen,
scheint aber immer schwieriger zu
werden - Statistiken zeigen, dass sich
immer weniger Menschen in Österreich
an eine traditionelle Partei gebunden
fühlen. Vor allem bei jungen Menschen
ist die Parteiloyalität gering. Was be-
deutet das für die Oberösterreichische
Volkspartei?
STELZER_Dass wir erstens noch viel
deutlicher sagen müssen, was unsere
Vorhaben sind, wohin wir Oberösterreich
nach unseren Vorstellungen führen wol-
len - an die Spitze, mehr Innovationen,
dadurch mehr Arbeitsplätze und mehr
Sicherheit. Und dass wir zweitens auch
bei nicht so angenehmen Themen wie
Mindestsicherung im Flüchtlingsbereich
oder wie man Asylwerber an den Arbeits-
markt heranführt, schnell und klar Lö-
sungen anbieten.
Irmgard Griss sagte während ihrer Bun-
despräsidentschaftskandidatur, dass sie
überaus froh darüber sei, keine Partei
hinter sich zu haben, denn so müsse
sie nicht akribisch darauf Acht geben,
nur ja immer parteikonform zu denken,
quasi nicht selbstständig zu sein. Ist
es nicht tatsächlich schwierig, immer
parteikonform zu denken?
STELZER_Überhaupt nicht, eine Partei
ist ja kein Konstrukt, wo jemand etwas
vorgibt. Ich würde die Aussage von Frau
Griss mit Vorsicht genießen, denn aus