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len Ausbildung und der Regierung nicht
gelungen, den berechtigt hohen Stellen-
wert einer Fachausbildung in der breiten
Öffentlichkeit überzeugend aufzuzeigen.“
Zu wenig Fachkenntnisse und Know-how
vonseiten der Lehrlinge bedauert Moni-
ka Höllhuber, Besitzerin der Schneiderei
Monika in der Linzer Altstadt. Der kleine
Laden hat eine enorme Frequenz. Im Mi-
nutentakt öffnet sich die Türe und Kun-
den treten ein, die diverse Änderungen
benötigen. Frau Höllhuber berät, steckt
Hosenbeine ab, prüft mit genauem Blick
und hängt die Hose in ein Gewühl von un-
terschiedlichsten Kleidungsstücken. Nicht
nur neue Kleidung ändert Höllhuber. Auch
alte Schätze aus Kleiderschränken, die
getragen werden wollen, werden perfekti-
oniert. „Es gibt zu wenige Jugendliche, die
etwas können. Die Guten gehen studie-
ren“, antwortet sie auf die Frage, weshalb
es bei ihr keine Lehrlinge gibt. Zudem be-
stehe kein Andrang an Lehrlingen, die in
ihrer Änderungsschneiderei mitarbeiten
möchten. „Begeisterung und eine gewis-
se Gabe seien notwendig, um als Lehrling
erfolgreich zu sein“, meint Höllhuber. „Au-
ßerdem Fachwissen, genaues Arbeiten,
Perfektion, Qualität.“ Immer wieder sei
sie enttäuscht gewesen von den Lehrlin-
gen, die sie vor Jahren ausgebildet hatte.
„Es fehlt an Verantwortungsbewusstsein,
Ausdauer und der Fähigkeit, Kunden zu
überzeugen. Meinen Betrieb kennen viele,
da ich mit hoher Präzision arbeite.“ Auch
in den nächsten Jahren plane sie nicht,
erneut Lehrlinge in ihren Betrieb zu integ-
rieren. Dazu bestehe kein Bedarf.
Schatzkiste Lehre
„Über 35 Prozent aller Führungskräfte
haben als höchsten Bildungsabschluss
eine Lehrausbildung“, erzählt Thomas
Mayr, Geschäftsführer des Instituts für
Bildungsforschung der Wirtschaft. Sie sei
bestens dafür geeignet, um Top-Positio-
nen anzustreben. Hauptfaktor, weshalb
es dennoch zu einer drastischen Abnah-
me an Lehrlingen in den vergangenen
Jahren gekommen ist, sei die demogra-
phische Entwicklung. „Aktuell gibt es in
Österreich mehr 60-Jährige als 20-Jäh-
rige, so der Bildungsexperte. Diese Ent-
wicklung finden wir auch in den Lehr-
lingszahlen wieder.“ Egon Blum hingegen
betont, dass die Zahl der Lehrlinge weit
mehr gesunken sei als die gesamte De-
mographie ausmacht: „Zu viele Jugend-
liche und deren Erziehungsberechtigte
haben das Vertrauen in die duale Aus-
bildung verloren. Durch den bereits an-
gesprochenen Imagerückgang der Lehre
hat das Interesse für die duale Ausbildung
zusätzlich stark nachgelassen.“ Dennoch
könne man dem Lehrlingsmangel ent-
gegenwirken, meint Thomas Mayr. Eine
strategische Weiterentwicklung des Be-
rufsbildes auf tertiärer Ebene, wie sie
bereits in der Schweiz stattfindet, müs-
se auch in Österreich eingeführt wer-
den. Das würde bedeuten, dass nach der
Lehre ein Bachelor- oder Masterstudium
absolviert werden kann. Es gebe bereits
Abschlüsse nach der Lehre, die geschätzt
sind, jedoch nicht dasselbe Renommee
haben wie Hochschulabschlüsse. Das
solle sich ändern.
Dass die Lehre großes Potential aufweise,
darüber sind sich die beiden Experten ei-
nig. Aktuell gibt es eine Auswahl an rund
200 Lehrberufen in Österreich. Die Dop-
pellehre bietet die Möglichkeit, gleichzei-
tig zwei Berufe zu erlernen. Geförderte
Auslandspraktika und Programme wie
Erasmus+ ermöglichen internationale
Aufenthalte. In diversen Wettbewerben
können die Lehrlinge ihre Fähigkeiten un-
ter Beweis stellen. „Die Gehaltsmöglich-
keiten sind nach einer absolvierten Lehre
oft höher als die nach einer akademischen
Ausbildung“, betont Thomas Mayr. Eben-
so hätten Lehrlinge ausgezeichnete
berufliche Zukunftsperspektiven. Der
Schatz, den wir mit unserer Lehrlings-
ausbildung einst selbst geschaffen haben,
befindet sich demnach mitten in Öster-
reich. Nun liegt es an uns den Staub, der
sich bereits über diese Kostbarkeit gelegt
hat, abzuwischen und die vielfältigen und
lukrativen Chancen, die in dieser Truhe
schlummern, zu ergreifen._
SCHATZKARTE
Lehrberufe, die laut Egon Blum in Zukunft verstärkt gefragt sind
Berufe mit Fokussierung auf Digitaltechnik
Werkzeugmechaniker
Anlagenelektriker
Steuerungstechniker
Qualitätssicherungsexperten
Konstrukteure
Fremdenverkehrswirtschaft
Gesundheits- und Pflegebereich_Dort fehlt jedoch noch ein
Lehrberuf, der bereits mit Erfolg in der Schweiz angewendet
wird.
Potentialanalyse
für Jugendliche, die
sich beruflich oder
schulisch verändern
wollen; Kosten: 154 Euro
unter wko.at
Jobcoaching
Unterstützung bei
der Suche nach einer
passenden Lehrstelle;
kostenlos unter
jugendservice.at
„Mehr als 35 Pr
ozent
aller Führungskräfte
in Österreich haben als
höchste Ausbildung die
Lehrausbildung
.“
Thomas Mayr
Geschäftsführer, Ins
titut für
Bildungsforschung der Wirtschaft