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Möchte man den Klängen des Jammertons lauschen, dann sollte man sich in der
Gastronomiebranche
umhören. Dort wird gejammert, dass sich die Bartresen biegen. Von Restaurantsterben ist da die Rede,
Personalmangel, schier unbezwingbaren Konkurrenten wie der Systemgastronomie, und Gesetzesauflagen,
die einem die Suppe kräftig versalzen. Will und kann man da heute überhaupt noch ein guter Gastgeber sein?
DIE KUNST, EIN GUTER GASTGEBER ZU SEIN
die ich mir vorstellen kann“, sagt Katz-
mayr und weist den Weg zum Lieblings-
tisch vieler Gäste – jenem zwischen den
Bücherregalen und dem gemütlichen
Sofa. Eigentlich ist der Nachmittag nicht
die Rushhour in der Gastronomie, im Pia-
nino sind dennoch fast alle Tische besetzt.
Auf den Tellern werden gerade Weinberg-
schnecken ebenso wie Eiernockerl, Filet
Steaks, Blunzengröstl, Thunfischsteaks
mit Asia-Gemüse oder auch Indisches
Curry verputzt. Katzmayr scheint fast alle
Gäste persönlich zu kennen. Für ihn ein
wichtiger Erfolgsfaktor.
It’s teatime!
Ein paar Straßen weiter in der Linzer Alt-
stadt funktioniert ein ganz anderes Lokal
auch ohne ständige Präsenz der Gastge-
berin. Helen Wu könnte gar nicht rund um
die Uhr in ihrem Teesalon „Madame Wu“
zugegen sein, sie ist Mutter von zwei klei-
nen Kindern. Ihr Ziel ist daher, „dass das
Geschäft trotzdem gut läuft, auch wenn
ich nicht physisch im Teesalon bin“, er-
zählt die 39-Jährige, die gemeinsam mit
ihrem Mann vor knapp zehn Jahren nach
REDAKTION_SUSANNA WURM
KREATIV DIREKTION_ALEXANDRA AUBÖCK
FOTOGRAFIE_MARIO RIENER
ILLUSTRATION_ALEXANDRA AUBÖCK
Kann man. Beweist zum Beispiel Harald
Katzmayr, der seit acht Jahren in der Lin-
zer Innenstadt sein eigenes Lokal führt.
Wer einen Tisch im Pianino reservieren
möchte, muss schnell sein. Liegt wohl
auch daran, dass der 56-Jährige jede
Menge Stammgäste hat, die oft mehrmals
wöchentlich ins „Linzer Wohnzimmer“,
wie das Lokal gern genannt wird, kom-
men. „Ich wollte einen Ort, ein wohlsitu-
iertes Wohnzimmer und Esszimmer, für
Genussmenschen schaffen“, erzählt der
gelernte Koch, der zuvor 25 Jahre lang
erfolgreich das Linzer Kult-Lokal „Vanil-
li“ führte. Wir verabreden uns um 15 Uhr
im Pianino. Wobei das nicht wirklich nötig
gewesen wäre, man trifft Harald Katz-
mayr sowieso die meiste Zeit hier an. Er
ist der Mann mit den Geheimratsecken
und der Brille, der hinterm Bartresen
steht. Wobei „steht“ seinem emsigen Tun
und freundlichem Schmunzeln, das so
selbstverständlich auf seinen Lippen liegt
wie der Saft am Schweinsbraten (den er
übrigens verdammt gern isst), nicht ge-
recht wird. „Ich bin nicht der gut organi-
sierte Bürotyp, ich bin viel lieber hier bei
den Gästen, das ist die schönste Tätigkeit,
„Mein Fokus liegt auf
der Gegenwart mit
Blick in die Zukunft.
Wenn der liebe Gott
gewollt hätte, dass wir
zurückblicken, hätten
wir die Augen w
ohl
hinten.“
Harald Katzmayr
Restaurant Pianino