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der einzige, der leer ist, alle anderen Stüh-
le sind besetzt. Von Frauen und Männern
unterschiedlichen Alters, manche vertieft
in ein Gespräch, andere mit Blick in eine
Zeitung. Geht man denn neuerdings in
den Teesalon anstatt ins Kaffeehaus? „Ich
beobachte sehr stark, dass sich immer
mehr junge Menschen für Tee interessie-
ren. Die kommen nicht nur, weil wir hier
so eine angenehme Atmosphäre haben,
mit Kuschelecken, Kaminfeuer und Jazz-
abenden, sondern auch weil sie gesund-
heitsbewusst sind und die Ruhe schätzen“,
erzählt Wu. Tee habe schließlich einiges
zu bieten: „Kaffee regt auf, Tee regt an“,
sagt sie und schmunzelt. Tatsächlich sind
die enthaltenen Koffeine in beiden Ge-
tränken chemisch gesehen zwar gleich,
sie wirken aber anders. Beim Tee tritt die
Wirkung verlangsamt und schwächer ein
als beim Kaffee, hält dafür aber länger
an. Das Koffein aus dem Kaffee gelangt
schneller ins Blut und setzt Adrenalin frei,
das bedeutet eine rasche Wirkung, die al-
lerdings nicht lange anhält. „Tee ist etwas
zum Genießen, ein stilvoller Begleiter für
ruhige Gespräche. Tee hat die Energie und
auch die Gabe, Menschen zu beruhigen.“
Da scheint etwas dran zu sein, denn die
Menschen hier ticken tatsächlich in einem
Zeitlupen-Modus. Ihre Gespräche sind an-
geregt, aber gleichzeitig ruhig. Ihre Schul-
tern entspannt, die Handys in den Taschen
verstaut. Und das Ambiente mit warmem
gedimmtem Licht, die leisen Musikklänge
sowie der Duft nach Kräutern verstärkt
diese Ruhe noch mehr. Es ist fast so, als
würde man hier in einer Zeitkapsel sitzen,
eine kleine Weiche zur gnadenlos schnell-
lebigen Zeit da draußen.
Nach drei Minuten ist die Sanduhr durch-
gelaufen, der Tee fertig gezogen, ein sehr
hochwertiger Grüntee mit dem klingen-
den Namen „White Monkey“ übrigens.
Mmhh, er schmeckt sehr fein, mild, nur
leicht grasig. Und plötzlich ist es wieder
da – so wie vorhin auch im Pianino – die-
ses Gefühl. Das einem leise, aber sehr
bestimmt zuflüstert: „Hier fühl ich mich
wohl, ich komme bestimmt bald wieder,
und meinen Freunden muss ich auch un-
bedingt davon erzählen.“ Dieses Gefühl
hervorzurufen, das ist die Kunst eines
Gastgebers.
Die wichtigsten
Zutaten für Erfolg
in der Gastronomie.
01
Freude an der
Dienstleistung
Harald Katzmayr könnte sich jeden Tag
ärgern. Darüber, dass er genau dann
arbeitet, wenn seine Freunde frei ha-
ben. Tut er aber nicht. Im Gegenteil.
„Viele meiner Freunde kommen ohne-
hin zu mir ins Lokal und außerdem
sind meine Gäste Genussmenschen,
für sie da zu sein und mit ihnen Zeit
zu verbringen ist das Schönste, das
es gibt“, sagt der Gastronom. Ein Wirt,
der keinen Spaß daran hat, seine Gäs-
te zu sehen, sei in der völlig falschen
Branche. „Ohne Gastfreundschaft
kann kein Gastronomiebetrieb über-
leben. Und wer Dienstleistung nicht
positiv sieht, der ist auch falsch hier –
dienen und leisten, darum geht’s in der
Gastronomie. Manche Menschen wol-
len weder dienen noch leisten.“ Wem
dieses Dienen hingegen Freude macht,
der sei hier genau richtig. „Ich habe
den Umgang mit Menschen vor al-
lem von meinem Vater gelernt, er war
selbstständig im Verkauf von Mode.
Er liebte den Kontakt zu den Kunden.
Und so geht es mir auch – natürlich ist
die Büroarbeit notwendig, damit mein
Betrieb zahlungsfähig bleibt. Aber die
Zahlen beeinflussen, das kann ich nur
am Ort des Geschehens – bei meinen
Gästen“, erklärt Katzmayr.
02
Leidenschaft
Helen Wu liebt Tee. Das war immer
schon so. Mit ihrem Interesse an Be-
triebswirtschaft ist es ähnlich. Warum
also nicht beide Leidenschaften kom-
binieren? „Ich wollte etwas machen,
HARALD
KATZMAYR
Die Gastronomie in 30 Jahren_wird
und muss immer wieder neu auf die
Menschen und deren Bedürfnisse
eingehen.
Gastfreundschaft erkennt man_an der
Freude, mit Menschen umzugehen.
Ein Foodtrend, den ich nicht
verstehen kann_einen Tag essen,
einen Tag fasten
Von einer Speisekarte bestelle ich
niemals_Hunde oder Schlangen.
Ungemütlich finde ich ein Lokal,
wenn_die Servicemitarbeiter
unaufmerksam sind.
Vor zehn Jahren dachte ich_dass ich
unbedingt meine eigene Persönlichkeit
und meine Vorstellung von
Gastronomie umsetzen möchte.
Heute weiß ich_dass es mit harter
Arbeit verbunden ist.