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und Lehrstunden hat es irgendwann
mal Klick gemacht.“ Trotzdem sei die
Schwimmdistanz für weniger versierte
Schwimmer wie ihn alles andere als
ein Vergnügen. „Beim Start stürzt ein
Pulk von hunderten Schwimmern auf
engstem Raum ins Wasser, das ist wie
eine Schlägerei – wer sich da im Was-
ser nicht so wohlfühlt, wird regelrecht
überschwommen“, sagt Pracher. Dazu
kommt noch der psychologische Effekt.
Nehmen beim Laufen oder Radfahren
die Schmerzen überhand, kann man
einfach stehenbleiben. Im See geht das
nicht. Einmal bekam der Geschäftsfüh-
rer beim Schwimmen einen Krampf in
beiden Füßen und musste sich kilome-
terlang nur mit beiden Händen über
Wasser halten. Es sind die Momente,
in denen man zweifelt, und aufgeben
will. So auch in der Endphase der Vor-
bereitungszeit für den ersten Triathlon,
nach den Trainings habe ihm tagelang
alles weh getan. „Ich war permanent
erschöpft und wollte nur noch weinen“,
sagt Pracher.
Warum tut man sich das an? „Der Mo-
ment des Zieleinlaufs ist einfach unbe-
schreiblich, wie man sich dabei fühlt,
wenn man die letzten Meter läuft, ist
nicht in Worte zu fassen“. Natürlich sei
das Ganze auch eine gewisse Ego-Sa-
che. „Wenn du in einer Runde sitzt und
erzählen kannst, du bist einen Ironman
in neun Stunden und 41 Minuten ge-
laufen, dann macht das schon Spaß“,
gibt Pracher zu und lacht. Die Zauber-
wörter „You are an Ironman“ würden
für alle Schmerzen mehr als entschä-
digen, dazu kommt das Bewusstsein,
sich selbst besiegt zu haben. Als seinen
größten Triumph sieht er aber nicht den
erfolgreich absolvierten Ironman, son-
dern seine Ziel-Zeit beim ersten Halbi-
ronman. „Damals wollte ich unter fünf
Stunden bleiben und jeder, ausnahms-
los jeder, hat mir gesagt, dass ich das
bei meinem ersten Versuch nicht schaf-
fen werde, schon gar nicht, weil ich erst
seit einem halben Jahr Schwimmen
trainiert habe“, erinnert sich der Ge-
schäftsführer. Die Zweifler täuschten
sich, Pracher kam nach vier Stunden
und 57 Minuten im Ziel an.
Den inneren Schweinehund
besiegen
Möglich würden solche Erfolge erst
durch den Kampf mit sich selbst. „Der
Gegner ist man selbst, der innere
Schweinehund muss besiegt werden,
immer und immer wieder“, sagt Pra-
cher, „ich will mir selbst beweisen, dass
ich durchhalte.“ Als sich Jan Ulrich bei
der Tour de France 1997 die alles ent-
scheidende Bergetappe hinaufplagte,
schrie ihm sein Trainer „Quäl dich, du
Sau!“ zu, erzählt Pracher, daraufhin
habe der seine letzten Kräfte mobili-
siert und gewonnen. Pracher: „Dassel-
be sage ich mir selbst auch regelmä-
ßig, wenn ich kurz vor dem Aufgeben
bin.“ Was er aus den Triathlons mit-
genommen hat, hilft ihm ebenso beim
Arbeitsalltag. „Auch im Beruf gibt es
manchmal Momente, wo man frustriert
ist und vielleicht daran denkt, aufzuge-
ben. Durch die Disziplin im Sport kann
man mit solchen Momenten viel besser
umgehen und ist auch leistungsfähiger,
weil man besser hineinbeißen kann“,
sagt Pracher. Das sei ihm besonders
wichtig. Denn was seine Prioritäten be-
trifft, ist die Arbeit noch vor dem Sport.
„Schließlich soll die Arbeit vom Sport
profitieren und nicht umgekehrt“.
Für heuer hat sich der Geschäftsfüh-
rer ehrgeizige Ziele gesetzt, will den
Halbironman unter viereinhalb Stunden
schaffen. Eventuell geht sich dann 2019
noch ein schneller Ironman aus – das
ist aber von der privaten Familienpla-
nung abhängig. „Danach ist mein Zeit-
fenster sicherlich geschlossen und ich
werde nicht mehr so viel Zeit wie jetzt
in Sport investieren können, sondern
werde mich auch auf andere Dinge
konzentrieren“, sagt Pracher. Nur in
einem Punkt ist er sich sicher: Dass er
dann auch weiterhin viel Sport treiben
wird. Vielleicht sind die Anforderungen
für den Gummibärli-Genuss aber nicht
mehr ganz so hoch._
„Der Gegner beim
Triathlon ist man
selbst, ich will mir
selbst beweisen,
dass ich durchhalte.“
Johannes Pracher
Geschäftsführ
er,
Kepler Society