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zum Verzollen von Produkten wächst
stark, im vergangenem Jahr ist die Mit-
arbeiteranzahl um fünfzehn Prozent auf
290 gestiegen. Das Linzer Unternehmen
hat mittlerweile weltweit acht Standorte.
Nach der Eröffnung der thailändischen
Niederlassung laufen aktuell die Vorbe-
reitungen für einen neuen Standort in
Mexiko-City. MIC entsendet pro Nieder-
lassung immer zwei Mitarbeiter aus dem
Firmensitz und diese sind bei einer Neu-
gründung in die Vorbereitung der Offices,
wie der Auswahl der Räumlichkeiten
oder auch dem Recruiting, eingebunden.
Zur Vorbereitung der zukünftigen Expats
in Österreich gehört bei MIC unter an-
derem ein Leadership-Training und ein
Sprachkurs. Die Mitarbeiter bekommen
grundsätzlich zunächst einen Vertrag
für drei Jahre: „Dieser ist verlängerbar
und auf individuellen Wunsch aber sicher
auch verkürzbar – wir beharren da auf
nichts, denn der Job im Ausland muss
immer für beide Seiten wirklich passen,
damit schlussendlich alle davon profitie-
ren“, sagt Bencic.
Persönlicher Profit
Sonnauer nennt als einen großen persön-
lichen Profit nach knapp zwei Jahren in
Bangkok seinen Freundeskreis aus über
fünfzehn verschiedenen Nationen: „Wenn
man Lebensgeschichten aus allen Teilen
der Welt hört, beginnt man gewisse Din-
ge zu überdenken. Man verliert sämtliche
Vorurteile und merkt, dass die Angst vor
Fremden völlig unbegründet ist.“ Generell
sehe man viele Dinge anders und komme
drauf, dass der eigene Weg nicht immer
auch für andere richtig ist. Natürlich gebe
es auch Schattenseiten: Thailand ist kein
Industrieland. Wenn Leute merken, dass
man aus Europa kommt, dann werde da
schon mal versucht, etwa bei Taxifahr-
ten oder Veranstaltungseintritten eine
gewisse Abzocke zu betreiben. Für den
automatischen Handy-Abbuchungsver-
trag vom Konto brauchte Sonnauer viele
Versuche: „Gewisse Services sind einfach
nicht auf demselben Standard, wie wir
es in Europa gewöhnt sind.“ Um voran-
zukommen, bleibe einem nichts anderes
übrig, als Mopedtaxis zu benutzen, die
sich kreuz und quer zwischen den Autos
im Stau durchschlängeln: „Die sind nicht
ungefährlich, da sie durch den Stau sehr
eng an den Autos vorbeifahren – aber im-
mer noch besser, als täglich im Stau zu
stehen.“ Sprachliche Differenzen gehören
im täglichen Leben beim Einkauf auf der
Straße, Taxifahren oder in kleinen Restau-
rants dazu: „Das ist ganz normal, dass ich
da machmal mit meinen Thai-Kenntnis-
sen scheitere.“ Und genau mit solch einer
Einstellung müsste man auch ins Aus-
land gehen: „Es klappen nicht alle Dinge
im fremden Land so, wie man das von zu
Hause kennt – wenn man das aber erwar-
tet, wird man nirgends glücklich werden.“
Anbindung der ausländischen
Standorte an das Headquarter
Im beruflichen Leben sei der große Un-
terschied zu Österreich das starke hie-
rarchische Denken. „In Thailand ist eine
offene Diskussion über verschiedene Hi-
erarchien im Unternehmen undenkbar.“
Netzwerke haben eine viel größere Be-
deutung: „Wenn man sich nicht vernetzt,
geht man unter.“ Korruption bekommt
man als Expat nur am Rande mit: „Das
passiert stark in den Thai-Kreisen.“ In der
Niederlassung arbeiten neben Sonnauer
und seinem österreichischen Kollegen,
mit dem er gemeinsam den Standort
aufgebaut hat, noch ein Deutscher, der
bereits längere Zeit in Thailand gelebt
hat sowie vier Thais, eine Inderin und
eine Bangladeshi: „Diese versuchen zu
verstehen, wie die europäische Kultur
tickt und wir treffen uns dann irgendwo
in der Mitte. Wir deutschsprachigen Kol-
legen versuchen eine Kommunikation in
Deutsch weitgehend zu vermeiden, damit
wir sprachlich niemanden ausschließen.“
Für die Anbindung der ausländischen
Standorte an das Headquarter ist von
„Wenn man Lebensgeschichten aus allen Teilen der
Welt hört, beginnt man gewisse Dinge zu überdenken
und verliert sämtliche Vorurteile gegenüber Fremden.“
Armin Sonnauer
Expat in Thailand
beiden Seiten Flexibilität gefordert: Mit
Bangkok und Mexiko-City hat MIC zu-
künftig zwei Niederlassungen in ver-
schiedenen Zeitzonen. Dazu Bencic: „Wir
werden Führungskräfte-Meetings zu ver-
schiedenen Zeiten machen, sodass die
Niederlassungen regelmäßig zu für sie
vernünftigen Zeiten dabei sein können.“
Nicht zu viele Heimaturlaube
Sonnauer war bisher zwei Mal auf Hei-
maturlaub in Österreich – das erste Mal
nach vierzehn Monaten. „Ich habe mir
vorgenommen, dass ich mich erst ein-
mal einleben und zurechtfinden will, be-
vor ich das erste Mal heimfliege, und das
war auch eine kluge Entscheidung“, rät
Sonnauer zu nicht allzu vielen Heimatauf-
enthalten. Denn dann komme man in eine
Bequemlichkeit, knüpfe weniger Kontak-
te und finde sich gleichzeitig schwerer mit
den anderen Gegebenheiten zurecht. Zu
diesen gehört auch ein Großstadtleben:
Bangkok hat in etwa gleich viele Einwoh-
ner wie ganz Österreich. Entgegen der
landläufigen Vorstellung, dass in Asien
sämtliches günstiger sei, ist dies speziell
in Großstädten häufig nicht der Fall. Viele
Produkte, vor allem Importwaren, seien
teilweise um ein Vielfaches teurer als in
Europa. Wenn man einen sehr langen An-
fahrtsweg zur Arbeit vermeiden will, dann
erspare man sich gegenüber Wohnungs-
mieten in Wien nichts.
Gedanken ans Zurückkommen macht
sich Sonnauer noch keine. Er ist über-
zeugt, dass der Aufenthalt eine wertvolle
Erfahrung für sein späteres berufliches
Leben ist: „Es gibt nicht so viele Leute, die
längere Zeit im asiatischen Raum gear-
beitet haben – das ist ein großer Benefit
für Unternehmen, die dorthin exportie-
ren.“ MIC hat noch keine Erfahrung mit
Mitarbeitern, die vom Ausland heimge-
kommen sind. Die Zeichen würden aber
weiterhin auf kräftiges Wachstum hinwei-
sen: „Damit entstehen immer wieder neu
zu besetzende Positionen._