81
Blickt man auf ein Jahr zurück, gibt es
immer positive wie negative Eindrücke.
Zu den weniger positiven gehören per-
sönliche Anfeindungen, die vermutlich
keinem Politiker erspart bleiben. Im
Zuge der Einführung der Schuldenbrem-
se wurden Sie im „offenen Brief an den
Landesvater“ ganz persönlich auf die
sozial gestaffelten Kindergartengebüh-
ren für die Nachmittagsbetreuung an-
gesprochen. Wie geht man mit solchen
persönlichen Anfeindungen um?
STELZER_Bei allen, die sich an mich
wenden, schaue ich auf die persönli-
chen Bedürfnisse und Sorgen. Mein
Job ist es, Entscheidungen zu treffen,
aber ich weiß, dass man mit einer Ent-
scheidung nie zu hundert Prozent zu-
frieden sein kann. Ich habe mit Reak-
tionen gerechnet, war mir aber sicher,
dass die Entscheidung so zu fällen ist.
Dahinter stehe ich auch und erkläre
es gerne allen, die sich direkt an mich
wenden. Wenn bisher etwas gratis war
und es jetzt einen Beitrag gibt, erzeugt
das Aufmerksamkeit. Zum zweiten be-
rührt uns alles, was sich um Kinder
dreht. Darum steht das sehr im Fokus
des Interesses und der Emotionen.
Wie hat man auf diese sehr persönliche
Kritik innerhalb Ihrer Familie reagiert?
STELZER_Natürlich reden wir in mei-
ner Familie auch über tagespolitische
Themen. Das, was in den Medien steht,
beschäftigt auch meine Familie. Dann
tut es gut, sich austauschen zu kön-
nen, aber wir hatten bei diesem Thema
keinen Dissens, da waren wir uns einig
(
schmunzelt).
Haben Sie mit so vielen Abmeldungen
aus der Nachmittagsbetreuung gerech-
net?
STELZER_Ich bin mir sicher, dass wir
nach einigen Wochen oder Monaten
noch einmal einen Strich drunter ma-
chen und schauen müssen, wie sich
die Zahlen wirklich eingependelt ha-
ben. Vermutlich ist es auch zu schnel-
len Kurzschlussreaktionen gekommen.
Die Kinderbetreuung am Vormittag bis
13 Uhr ist in Oberösterreich aber noch
immer für alle beitragsfrei. Und am
Nachmittag – so wie in sieben ande-
ren Bundesländern auch – gibt es jetzt
moderat sozial gestaffelte Beiträge.
Es gab von vielen Seiten besonders
Kritik an der kurzfristigen Einführung
der Nachmittagsgebühren. Hätte man
es früher kommunizieren müssen?
STELZER_Ende Oktober des vorigen
Jahres haben wir die Maßnahmen für
den Landeshaushalt vorgestellt – da-
runter waren auch die Beiträge für die
Nachmittagsbetreuung. Es hat also eine
monatelange Vorbereitungs- und Be-
wusstseinsbildung gegeben. Aber ganz
egal, welchen Zeitpunkt wir gewählt
hätten: Aus der Betroffenheit heraus
hätte es immer Gegenreaktionen gege-
ben. Das hätte vermutlich – hätten wir
den 1. April oder 1. September genom-
men – auch nicht anders ausgesehen.
Beim Macher-Interview im November
2016 sagten Sie, die Kultureinrichtungen
in Oberösterreich müssten unter einem
Landeshauptmann Stelzer vor nichts
Angst haben, weil die Kultur nicht nur
zu unserem Land dazugehört, sondern
auch die Menschen stärkt. Jetzt ist das
Kulturessort von der Schuldenbremse
sehr stark betroffen (minus 10 Millionen
Euro). Wie passt das zusammen?