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Pflege-Lehre_Die OÖ Landesre-
gierung setzt sich für die Einführung
eines eigenen Lehrberufs (mehr
auf S. 113) ein. Die Interviewpart-
ner begrüßen das. „Wir verlieren
derzeit viele junge Menschen, da
man erst ab 17 Jahren in der Pflege
arbeiten kann“, sagt Heimleiterin
Wiesinger. Für die Arbeit müsse
man soziale Kompetenz mitbrin-
gen, diese sei unabhängig vom
Alter. Fachgruppenobfrau Viktoria
Tischler und Soziallandesrätin
Gerstorfer betonen, dass man den
Ausbildungsplan so adaptieren
müsse, dass die jungen Menschen
mit gewissen Themen, wie dem
Tod, erst später in Kontakt kommen.
Gerstorfer plädiert überhaupt dafür,
einen dreijährigen Lehrgang „Junge
Pflege“ zu schaffen. Dafür brauche
man keine Gesetzesänderung auf
Bundesebene, das würde durch
eine Änderung des OÖ Sozialberu-
fegesetzes gehen.
Pflegeregress_Seit 2018 ist der
Pflegeregress, mit dem zuvor auf
das Vermögen von Pflegebedürf-
tigen beim Eintritt in ein Alten- und
Pflegeheim zurückgegriffen wurde,
Geschichte. Nach einigem Hin und
Her haben sich Bund und Länder
über die Finanzierung geeinigt.
Viktoria Tischler begrüßt das
neue Gesetz: „Bisher gab es da
eine Ungleichheit. Wer auf Pflege
angewiesen ist, muss sich auf die
Solidarität der Gesellschaft verlas-
sen können.“ Das Gesetz habe sich
laut Landesrätin Gerstorfer in OÖ
regional unterschiedlich ausge-
wirkt, aber insgesamt komme man
mit den bestehenden Ressourcen
aus: „Anfangs gab es ein wenig
eine Hysterie, aber es hat sich alles
wieder gut eingestellt.“
Heimplatz_Als zweite Ände-
rung bekommen seit 2018 in OÖ
nur mehr Leute mit mindestens
Pflegestufe vier einen Heimplatz.
Gesetzlich ist das bereits vorher so
geregelt gewesen, in OÖ gab es
eine „liberalere Vorgehensweise“.
28 Prozent aller Heimbewohner
haben aktuell eine Pflegestufe unter
vier. Gerstorfer versichert, dass
„niemand aus einem Heim geworfen
werde“, auch zukünftig pflegebe-
dürftige Menschen mit bestimmten
Krankheitsbildern, die man nicht zu
Hause betreuen kann, einen Heim-
platz bekommen werden.
Bau von Alternativen
Wohnformen
Oberösterreich ist im Bundesländervergleich
bei den Heimplätzen im oberen Level. Daher
wurde im März über alle Parteien hinweg ent-
schieden, keine zusätzlichen Heimplätze mehr
und dafür Alternativen für die Pflege zu schaf-
fen. Bis 2025 sollen 1.200 „Alternative Wohn-
formen“ zur Verfügung stehen. Soziallandesrä-
tin Birgit Gerstorfer rechnet damit, dass man
bis zum Herbst erste finale Entscheidungen
treffen könne. Außerdem werden die mobilen
Dienste aufgestockt: „Wir wollen dem Wunsch
nach Pflege zu Hause gerecht werden.“ Im Jahr
2016 absolvierten die mobilen Dienste und
die Hauskrankenpflege rund 1,6 Millionen
Leistungsstunden. Bis 2025 rechnet man mit
einem Anstieg auf etwa 1,9 Millionen. Ange-
sprochen auf die aktuelle Situation im Bereich
der Pflege in OÖ sagt Gerstorfer: „Wir sind
grundsätzlich gut aufgestellt. Wir haben zuletzt
bei allen pflegebedürftigen Personen rasch eine
Lösung gefunden.“ Als positives Beispiel nennt
sie die Kursana Seniorenresidenz in Linz. Das
Heim wurde Ende März geschlossen, innerhalb
kürzestes Zeit habe man für die 126 Bewohner
neue Plätze gefunden. Im Mai gab es in OÖ
250 leere Heimplätze. Im Durchschnitt müss-
ten pflegebedürfte Menschen bis zu drei Mo-
nate auf einen Heimplatz warten. Kritik gibt
es von der SP-Landesrätin zum Thema Pflege
in Richtung Regierung: „Wenn der Trend da-
hin geht, dass auf andere immer mehr Druck
ausgeübt wird, nur mehr Leistung zählt, dann
wird der Druck auf die Sozialbranche immer
höher.“ Leidtragenden seien die Menschen, die
Betreuung brauchen, sowie die Pflegekräfte.
Wir wollen dem Wunsch der
Menschen nach Pflege zu Hause
gerecht werden.
Birgit Gerstorfer
/
Soziallandesrätin,
Landesregierung Oberösterreich
Überblick
Euro kostet ein TAG INKLUSIVE
VERPFLEGUNG (Frühstück bis
Abendessen) etwa in Oberneukirchen
25-50
Besucher werden um
acht Uhr in der Früh
gebracht sowie teil-
weise abgeholt und den ganzen
Tag versorgt. Bei Bedarf auch
Hilfe bei der Körperpflege.
(Pflegestufe 1-3)
41 WOHNUNGEN
an 2 Standorten in OÖ
Wohnungen
in Neubauten
mit jeweils 30 Wohnungen
oder adaptierten Häusern
mit jeweils 15 sollen bis
2025 geschaffen werden
1.200
WOCHENTAGS ist jeweils 12 und am
WOCHENENDE 8 STUNDEN eine Betreuung
anwesend. In der Nacht gibt es nur eine Rufbe-
reitschaft. Wenn ein Bewohner zusätzliche Betreu-
ung benötigt, muss er sich diese extra finanzieren,
wenn er weiterhin dort wohnen möchte.
8-12 Stunden
fallen MAXIMAL MONATLICH für den
SOZIALHILFETRÄGER an. Ein Heim-
platz kostet der öffentlichen Hand
nach Abschaffung des Pflegeregres-
ses im Schnitt 1.500 Euro pro Monat.
Pflegebedürftige Person ist Mieter einer
Wohnung (Miete + BK von 400
Euro bei neu gebauten Wohnungen) und
kauft sich Pflegepakt (360 Euro)
dazu. Dazu kommen noch die Kosten
für die Verpflegung (Essen auf Räder
in Vollausstattung: 250 Euro)
Mieter können um
Wohnbeihilfe sowie
trotz Pflegegeldes
um Förderung des
Pflegepaketes ansuchen.