„Der Prinz-Charles-
Effekt bringt alle um“
Mario Haidlmair wollte erst Schauspieler, später
Polizist werden. Daraus ist aber nichts geworden.
Stattdessen übernahm er mit 30 Jahren das vom
Vater aufgebaute Werkzeugbauunternehmen
Haidlmair. Wie die Übergabe von der ersten
auf die zweite Generation funktioniert hat und
warum Mädchen sich im Werkzeugbau schwer-
tun, erzählt der 36-Jährige bei einem Besuch in
Nußbach.
Das Wesentlichste für eine erfolgreiche Über-
gabe eines Familienunternehmens ist für Mario
Haidlmair das Loslassen der Vorgängergenera-
tion. „Ich war davor drei Jahre lang Geschäfts-
führer in unserem ungarischen Produktions-
betrieb. Da hat mein Vater gesehen, dass ich
nicht alles falsch mache und dementsprechend
hat er mir relativ schnell die Chance auf die Fir-
menübernahme gegeben“, sagt Haidlmair, der
mittlerweile seit sechs Jahren die gleichnamige
Firmengruppe mit Sitz in Nußbach mit aktu-
ell 550 Mitarbeitern und neun Betrieben führt.
Haidlmair ist überzeugt, dass eine Übergabe
nicht zu lange dauern darf, er hätte nicht als
Nachfolger ein paar Jahre unter seinem Vater
gearbeitet: „Ausnahmen bestätigen die Regel,
aber grundsätzlich bringt der Prinz-Charles-
Effekt alle um.“ Der Firmengründer zog sich
vollständig aus dem operativen Geschäft zu-
rück. Haidlmair erzählt schmunzelnd: „Mein
Großvater ist in seiner Pension mit dem Nuss-
Schnaps durch die Firma gegangen und hat die
Mitarbeiter bei Laune gehalten und genauso
hat mein Vater Dinge, um die er sich noch
kümmert.“ Langjährige Mitarbeiter hätten ge-
rade am Anfang versucht, Vater und Sohn ge-
geneinander auszuspielen: „Wenn Leute schon
so lange da sind, wie ich alt bin, ist das ganz
normal, aber mein Vater schickt sie seit dem
ersten Tag seiner offiziellen Pension zu mir und
damit hat es sich.“
In der HTL-Zeit entwickelte Haidlmair Inte-
resse für das Familienunternehmen. Während
seiner Ungarn-Zeit habe sich dann entschieden,
dass er und nicht sein um drei Jahre jüngerer
Bruder Rene das Werkzeugbauunternehmen
übernimmt. Der Bruder ist für das Group Con-
trolling verantwortlich. „Unsere Büros trennt
eine Glaswand, die manches Mal auch notwen-
dig ist“, lacht Haidlmair, sein Bruder stimmt
durch die geöffnete Tür zu. Eine gemeinsame
Geschäftsführung wäre für Haidlmair nicht in
Frage gekommen: „Die Richtung, in die man
gemeinsam geht, muss eine Person vorgeben.“
Seine Frau ist ebenfalls im Unternehmen tätig,
die beiden arbeiten aber nicht zusammen: „Wir
für die Karriere viel Freizeit geopfert worden war und man begann, die Arbeit eher als
Mittel zum Zweck zu betrachten.
Generation Y (1980 – 1995)_ Die Menschen waren plötzlich mit Terrorismus
in einer ganz neuen Art konfrontiert, 9/11 war laut Kreyßig für Y ein ganz prägendes
Ereignis. Die Medien konfrontierten die Leute damit auf allen möglichen Kanälen, den
Leuten schwappte eine Informationsflut entgegen. Die Stabilität wich der Unsicherheit.
Y reagierte dementsprechend darauf, beschreibt Kreyßig deren Gedankengang: „Weil
ich nicht weiß, ob nicht schon morgen ein Flugzeug in mein Gebäude fliegt, ich aber
nur das eine Leben habe, gestalte ich mir dieses schön. Ich will eine sinnstiftende Arbeit,
die mir Freude und Spaß bereitet.“ Arbeit wird plötzlich stärker als Lebenszeit wahrge-
nommen, man will nicht mehr um jeden Preis Karriere machen. Die häufig zugeschrie-
bene geringere Arbeitsmotivation könne man ganz konkret erklären: Die Babyboomer
opferten sich für ihren Job auf, jetzt erleben die Kinder, wie ihre Eltern mit Herzinfarkt
zusammenbrechen.
Generation Z (ab ca. 1990/1996)_Die Abgrenzung zur Vorgängergeneration ist
laut Kreyßig noch nicht ganz klar, da die Z noch nicht so lange in der Arbeitswelt ist.
Diese Generation ist erstmals vollständig mit elektronischen Medien aufgewachsen, hat
die typische Wischbewegung am Handy und Tablett von klein auf gesehen: „Die gehen
noch einmal ganz anders mit den Medien um, virtuelle Freundschaften sind für sie
völlig normal. Wenn die jetzt einen Babyboomer als Vorgesetzten bekommen, kann es
schon mal zu Irritationen kommen.“
Die Unternehmen hätten laut Professor Scholz die jüngste Generation noch nicht
richtig realisiert und würden diese auch völlig falsch interpretieren. Denn die ab den
1990er-Jahren Geborenen würden komplett anders ticken als ihre Vorgänger, verlan-
gen mehr Struktur, Sicherheit und Klarheit, wollen geregelte Arbeitszeiten sowie eine
Trennung von Arbeit und Privatleben – alles Dinge, bei denen es aktuell Trends in
eine komplett andere Richtung gäbe. Unternehmen hätten das Gefühl, in Zeiten der
Digitalisierung die völlige Flexibilisierung zu brauchen, es gehe von Work-Life-Balance
zu Work-Life-Blending, Arbeit vermischt sich immer mehr mit dem Privatleben, oder
es werden Büros mit weniger Schreibtischen als Mitarbeitern gestaltet, da man davon
ausgehe, dass Mitarbeiter von Zuhause arbeiten. Unternehmen werten das Verhalten der
Generation Z als nicht leistungsorientiert, unmotiviert und faul: „Das ist aber ein Fehl-
schluss, sie arbeiten auch motiviert und wollen einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen –
nur sehen sie keinen Sinn darin, am freien Sonntag erreichbar zu sein.“
Scholz sieht sich als Betriebswirt sogar ein wenig als Verteidiger der Generation Z: „Wir
sollten uns überlegen, warum sie so geworden ist und die Dinge so macht. Das Leben
ist kein Wunschkonzert und ich plädiere auf keinen Fall für eine „Generation Ponyhof“,
aber viele Z-Forderungen sind vernünftig und auch die anderen Generationen hätten
das gerne.“ Man sollte die Arbeitswelt nicht nach den Wünschen der Generation Z
umbauen, sondern diese als Sensor und Frühwarnsystem sehen: „Wir haben gelernt, in
unserem System zu denken, und sehen neue Dinge nicht mehr so gut.“ Z sieht, dass
bei einem berufstätigen Paar mit flexiblen Arbeitszeiten keine vernünftige Zeit mehr für
die Partnerschaft bleibt. Großraumbüros würden krank machen und die Kommuni-
kation überhaupt nicht fördern, weil es sehr laut ist und darum viele zur Abschirmung
Kopfhörer tragen. Man brauche im Büro keinen Fußballtisch und kein Fitnessstu-
dio – dort gehe man lieber abends mit Freunden hin. Die Generation Z habe einen
Sinn für Fairness, lasse sich nicht so extrem stressen und lebe insgesamt gesünder und
sei deswegen weniger krank. Die aktuellen politischen Forderungen nach flexibleren
Arbeitszeiten würden in Richtung extremes Work-Life-Blending gehen, sodass der Beruf
die Privatsphäre immer stärker dominiert: „Ich hoffe, dass sich die Generation Z dem
noch entgegenstellt.“
Wenn Projekte und Aufgaben
personen- und generationen-
übergreifend besetzt werden,
entsteht im Team automatisch
ein Kompetenzmix.
Nele Kreyßig
/
HR-Expertin
Viele von dem, was die jüngste
Generation fordert, würden die
anderen Generationen auch
gerne haben.
Christian Scholz
/
Wirtschaftswissenschaftler