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könne viele Vorteile in der Industrie bringen:
Qualitätssicherung, vorausschauende War-
tung, kürzere Markteinführungszeiten, re-
duzierte F&E-Kosten durch Maschine-Lear-
ning, verbesserte Lagerhaltung, ein besseres
After-Sales-Service und Unterstützung in der
IT-Administration. „Es gibt viele tolle Ein-
satzmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz –
sie spart den Unternehmen Kosten sowie
Zeit und verbessert die Qualität. Deswegen
fürchten wir uns nicht davor. Das Termina-
tor-Szenario ist schön für einen Hollywood-
film, aber daran glauben wir nicht. Künstli-
che Intelligenz erleichtert und verbessert das
unternehmerische Arbeiten.“ Die Welt werde
in zwölf Jahren noch stärker computergetrie-
ben sein, sodass direkt im Produktionsprozess
weniger Menschen arbeiten werden, aber, so
Haindl-Grutsch weiter: „Neue Technologien
produzieren mehr Jobs als wegfallen, das war
immer so und wird trotz Künstlicher Intelli-
genz so bleiben. Weil dem Menschen, wenn er
ein Bedürfnis befriedigt hat, sofort eine neue
Idee einfällt, mit der er sein Leben verschö-
nern möchte.“
Barbara Stöttinger, Professorin an der WU
Wien, beschäftigt sich intensiv mit dem The-
ma Künstliche Intelligenz. Und auch sie ist
überzeugt davon, dass der Roboter nicht der
Feind, sondern der Freund des Menschen
ist. Oder zumindest sein kann. „Wir sollten
schauen, wo er uns das Leben erleichtert und
welche Tätigkeiten er übernehmen kann, die
wir nie mit dieser Präzision ausführen könn-
ten.“ Stattdessen sollten wir uns auf jene
Bereiche konzentrieren, die wir Menschen
gut können: Interaktion, Emotion, Kreativi-
tät und das Finden von neuen Mustern. Am
Beispiel ihrer Aufgaben als Lehrende: „Wenn
man bedenkt, was Maschine Learning, Arti-
ficial Intelligence und Big Data jetzt schon
ermöglichen, ist es durchaus denkbar, dass
es Roboter geben wird, die mit Künstlicher
Intelligenz Prüfungen auswerten, nicht nur
Multiple Choice, sondern auch Texte. Und
das möglicherweise viel besser als der Mensch.“
Stöttinger würde sich darüber freuen, weil das
einen großen Teil ihrer Arbeit abnehmen wür-
de und sie sich auf das konzentrieren könnte,
was Roboter nicht können. „Zum Beispiel aus
der Interaktion mit Studierenden, aus dem
Diskurs im Hörsaal, neue kreative Ideen ge-
nerieren.“ Im Unternehmen sei das die Inter-
aktion zwischen Führungskraft und Mitarbei-
tern, im Außendienst das Verkaufsgespräch.
„So ein Gespräch wird nicht zwischen zwei Ro-
botern stattfinden. Das basiert ja vor allem auf
Vertrauen, auf emotionaler Verbindung und
kreativen Lösungen, die man seinem Kunden
bieten kann.“ Der Sales-Bereich werde nicht
von Robotern übernommen werden können,
so Stöttinger. Andere Bereiche jedoch schon.
Die Sorge der Menschen, ihre Aufgaben
könnten bald überflüssig sein, ist also durch-
aus berechtigt. „Diese Sorgen hat es immer
gegeben und man muss sie ernst nehmen.
Stellen Sie sich vor, Sie waren Anfang des 20.
Jahrhunderts Landarbeiter und plötzlich wur-
den der Verbrennungsmotor und der Traktor
erfunden. Oder Sie waren Pferdekutscher in
New York und plötzlich kamen die Eisenbahn
und die ersten Autos daher. Da hätten Sie sich
auch Sorgen gemacht, wie es weitergeht“, sagt
Haindl-Grutsch. Was gegen die Sorgen hilft:
„Aufklärung und Wissen. Wenn die Menschen
einen Einblick in diese Blackbox des techno-
logischen Fortschritts und der wirtschaftli-
chen Entwicklung bekommen, dann sinkt die
Angst und steigt die Zuversicht.“
Chance #2
Entwicklungshilfe.
Während in den Fertigungshallen in Zukunft
wohl weniger Menschen am Werk sein wer-
den, könnten es in den Entwicklungsabtei-
lungen mehr sein. „Die Innovationszyklen
werden kürzer, die Dynamik nimmt zu“, sagt
Haindl-Grutsch. Soll heißen: Wir bekommen
noch schneller neue Produkte. „In interdiszi-
plinären Teams arbeiten mehr Leute an den
Innovationen. Da arbeitet zum Beispiel der
klassische Maschinenbauer mit dem Robo-
terpsychologen – also jenem, der die soziale
Kompetenz mit in die Mensch-Maschine-
Kollaboration einbringt“, sagt der IV-OÖ-
Geschäftsführer. Handwerkliche Fähigkeiten
würden auch in Zukunft extrem gefragt sein,
ist er überzeugt. „Weil wir alle in einer mate-
riellen Welt leben, die sich nicht virtualisieren
wird. Sie wird ergänzt durch Virtual Reality –
junge Leute setzen sich dann nach der Arbeit
Der Mensch ist immer noch viel
zu stark mit Routinetätigkeiten
beschäftigt – und die halten
ihn davon ab, hochwertige und
wichtigere Dinge zu machen.
Joachim Haindl-Grutsch
Geschäftsführer, IV OÖ