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Christine_Vorweg: Ich bin kein Fan von
der extremen nordländischen Küche und
würde das nicht nachahmen. Aber ich finde
es super, dass sie aus den vorhandenen Res-
sourcen etwas gemacht haben. Es ist wichtig,
Produkte zu verwenden, die vor Ort vor-
handen sind und es ist nicht unbedingt not-
wendig, dass man auf der ganzen Welt das
gleiche Produkt isst. Für mich ist das total
spannend, wenn ich verreise und dort die
heimische Küche mit heimischen Produkten
kennenlerne. Diese Kultur gehört auch zum
Tourismus.
Und wie sieht diese Kultur in
Ihrer Heimat aus? Was macht
Oberösterreich kulinarisch aus?
Christine_Auf jeden Fall die Landwirtschaft,
die viel für die ganze Region und die Natur
leistet. Und die Vielfalt. Das Schöne ist ja,
dass es von Ebenen bis zur Bergwelt alles gibt,
von der Gams bis zum Hasen.
Michael_Ich kaufe lieber Spargel aus Ober-
österreich als Marchfelder Spargel – zu den
Marchfeldern haben wir kaum einen Bezug,
zum oberösterreichischen Produzenten fahren
wir einmal pro Woche.
Christine_So wie Kirschen oder Marillen
aus Scharten – das riecht schon so gut dort.
Früher hat bei uns jeder die Marillen aus der
Wachau gekauft, aber die aus Scharten sind
mindestens genauso gut, sie sind außerdem
noch frischer.
Die Dachmarke „Genussland OÖ“
vernetzt unter anderem Landwirtschaft
und Gastronomie. Sie sind einer von
circa 100 Gastronomiebetrieben, die
Partner sind. Warum?
Christine_Das Genussland als Partner zu
haben, gibt mir Sicherheit. Vor allem in Be-
zug auf Herkunft, Fütterung und Aufzucht
der Tiere ist Vertrauen gut, aber auch Kont-
rolle nicht schlecht. Eine Qualitätssicherung
ist dabei einfach wichtig. Ich sehe mich auch
als Konsument und nicht nur als Köchin - das
Grundprodukt ist immer noch das Wichtigs-
te in der Küche. Außerdem nehmen wir sehr
gern an Veranstaltungen teil, es gibt immer
wieder Neues zu entdecken.
Früher servierten Sie Gerichte wie
Kasnock’n und Blunz’n, heute sind
es kreative, südländisch inspirierte
Gerichte. Wie kam es zu der
Entwicklung?
Christine_Anfangs wollten wir nur öster-
reichischen Wein und typisch österreichi-
sche Gerichte verkaufen und wurden dann
aber als Jausenstation bekannt, weniger für
den Wein, obwohl wir sensationelle Weine
Ich glaube, dass Wirte viel
zum Bewusstsein beitragen
können, indem sie zeigen, was
man aus heimischen Produkten
machen kann.
Christine Otte
Restaurant Scherleiten
aus ganz Österreich hatten. Nach etwa zehn
Jahren stellten wir auf Restaurant um, damit
wir das passende Essen zum Wein anbieten
können. Ich hatte auch einfach genug vom
Jausen-zubereiten. Wenn man einmal 1.000
Jausen gemacht hat, dann wird das zum
Fließbandjob – ich liebe kochen, aber ich
mag nicht immer das Gleiche machen.
Michael_Ausschlaggebend war auch die
Aussage eines Stammgastes, der sagte: „Ich
brauche die Karte nicht, ich weiß eh was drin-
steht.“ Das war ein Ansporn.
Christine_Mittlerweile wechseln wir stän-
dig die Karte und ich suche mir immer ein
Thema, das sich wie ein Leitfaden durch’s
Menü zieht, das macht mir am meisten Spaß.
Wir hatten zum Beispiel kürzlich das Motto
„Das Kremstal trifft die große weite Welt“ – da
gab’s nur heimische Produkte, die aber ganz
international interpretiert wurden.
Was ist das Schwierigste
an Ihrem Beruf?
Christine_Im Vordergrund steht die Freu-
de. Aber was wirklich schwer ist: Personal zu
finden. Niemand bewirbt sich als Koch oder
Abwäscher, man muss alles selbst machen.
Nichts destotrotz, ich koche leidenschaftlich
gerne, ich liebe es, neue Sachen zu machen
und einen kreativen Beruf zu haben, der kei-