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Redaktion_Katharina Ecker
Kreativ Direktion_Alexandra Auböck
Fotografie_Mario Riener
Illustration_Alexandra Auböck
Die Ampel schaltet auf Rot. Auf der Ne-
benfahrbahn heult ein Motor auf. Ein-,
zwei-, dreimal ertönt das – für manchen
nervtötende und für den anderen beein-
druckende – Geräusch, bis der getunte,
300 Pferde starke Sportwagen die Rei-
fen quietschen lässt. Der Geruch von
verbranntem Gummi liegt in der Luft.
Am Steuer: Eine ältere Dame im Fair-
Trade Kleid und mit einer Wollmütze
am Kopf. Wie bitte? Klingt doch etwas
untypisch. Doch wer trägt nicht so man-
che Klischeebilder in sich? Und neigt
dazu, diese in Schubladen zu stecken
und zu verschließen? Auch Stefan Reich-
hart, Marketing- und Verkaufsleiter von
BMW Reichhart, kennt diese Bilder nur
allzu gut. „Natürlich hat man bei jedem
Autokäufer schnell ein gewisses Modell
im Kopf, von welchem man glaubt, dass
es am besten zu diesem Menschen passen
könnte.“ Die Erfahrung habe ihn aber
gelehrt, dass es doch das eine oder ande-
re Mal komplett anders gekommen ist:
Neulich habe er einer zierlichen, eher zu-
rückhaltenden Frau einen motorstarken
X6 verkauft. „Das hatte ich nach dem
ersten Eindruck nicht erwartet.“
Persönlicher Nutzen
Gut, dass beim Kauf des neuen Familien-
autos beide Partner gleiches Mitsprache-
recht haben. Denn nun kann – den Kli-
scheebildern entsprechend – der rationa-
le Zugang der Frau und der emotionale
Zugang des Mannes für den „optimalen
Kauf“ sorgen: Also kein hybridangetrie-
bener Kleinwagen für die vierköpfige
Familie. Aber auch kein superschneller,
scharfer Van. Irgendetwas dazwischen
wird’s dann wohl werden – vielleicht ein
Kombi? „Das Wichtigste ist der persönli-
che Nutzen“, sagt Stefan Reichhart, „und
der hat bei fast allen Autokäufern von
heute oberste Priorität. Und was auch
vieles einfacher macht, ist, dass die meis-
ten Käufer topvorinformiert sind, wenn
sie zu uns ins Autohaus kommen.“ Auf
der Herstellerhomepage kann man sich
sein Traumauto – basierend auf dem
verfügbaren Budget – mit sämtlichen
Extras vor dem Autohausbesuch zu-
sammenstellen. „Wir können dann den
Kunden noch beraten, welche Pakete
noch nützlich wären, oder ob so man-
che Extras überhaupt sinnvoll sind“, so
Reichhart.
Individualität statt Klischee
Während in der Nachkriegszeit das eige-
ne Auto noch als „Ich habe es geschafft!“-
Botschaft gesendet wurde, hat bei vielen
Autokäufern heute längst die Me-Culture
Einzug gehalten: Das eigene Auto soll
Die Midlife-crises kurbelt den Cabrio-Verkauf an. Und der Wackel-Dackel macht es sich
gerne auf der Hutablage einer Pensionistenkarre gemütlich. Außerdem sehen Frauen
gerne rot, was Männer dann doch eher in schwarz (an)malen möchten: das Auto.
Klischees rund um das Fahrzeug und ihre Besitzer
gibt es wie Sand am Meer.
Doch wieweit werden diese heute noch erfüllt?
PS MUSS ER HABEN. UND SIE?
Auto