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Weg vom Massenprodukt
Martin Mayer begann als junger Konditor in seiner Konditorei am Wel-
ser Stadtplatz mit der Erzeugung von Pralinen und kurze Zeit später
auch Schokoladen. Seit 2011 widmet er sich ganz der Herstellung von
Schokolade und eröffnete in einem alten Bauernhof in Meggenhofen
eine Manufaktur. Mittlerweile produzieren zehn Mitarbeitern unter-
schiedliche Pralinen und über 50 verschiedene Sorten Schokolade, die
auch schon mehrmals international ausgezeichnet wurden. Die Produk-
te werden über einen eigenen Onlineshop und im Fachhandel vertrieben.
Zusätzlich habe sich die Private Label-Produktion zu einem starken Ge-
schäftsbereich entwickelt.
Bean to bar-Bewegung
Landlbirne, Kriacherl, oder die Apfelsorte Brünnerling – von Beginn
an setzte Mayer auf die Füllung seiner Produkte mit alten Obstsorten:
„Nachdem Most in unserer Region an Bedeutung verloren hat, liegt sehr
viel ungenütztes Streuobst herum.“ Es werden nur Früchte von Streu-
obstwiesen, aus Wildsammlung und dem eigenen Garten verwendet.
Dazu Mayer: „Wir gehen damit eigentlich noch einen Schritt weiter als
Bio.“ Neben der Definition seiner Schokomarke über alte Obstsorten
setzt Mayer seit knapp drei Jahren laut eigenen Aussagen als einer der
wenigen in Österreich auf „Bean to bar“, wo Schokolade von der Bohne
weg selbst gefertigt wird. Die meisten Schokoladenhersteller kaufen die
Grund-Kakaomasse von großen, weltweit tätigen Herstellern. Mayer be-
gann sich 2006 mit dem Thema zu beschäftigen und nach Lieferanten
für Bohnen sowie Maschinen für deren Verarbeitung zu suchen. Er erin-
nert sich: „Da Schokolade seit Jahrzehnten fast ausschließlich industriell
hergestellt wird, war es anfangs gar nicht so einfach, Geräte und Liefe-
ranten für die Produktion von Kleinchargen zu finden. Erst durch eine
glückliche Fügung während einer Südamerikareise kam ich in Kontakt
mit Craft-Schokolade-Produzenten und so zum nötigen Know-how.“
Seit heuer werden alle Martin Mayer Schokoladen von der Röstung der
Bohne bis zur fertigen Tafel im Haus hergestellt.
Über ein Netzwerk von Bean to bar-Erzeugern bezieht Mayer die Ka-
kaobohnen aus Südamerika. Die Farmer würden in den Anbauländern
von der Pflanzung bis zur Fermentation der geernteten Bohne von aus-
gebildeten Agrarwissenschaftlern im Hinblick auf Qualitätsoptimierung
beraten und unterstützt werden. Durch die wesentlich höhere Qualität
würden die Bauern für ihren Kakao auch ein Vielfaches des üblichen
Preises bezahlt bekommen.
Fehlendes Schokoladewissen
In Österreich fehle es noch an „Schokoladewissen“: „Viele Menschen
unterscheiden nur in Bitter-, Milch- und weiße Schokolade. Dabei
sind die Unterschiede ganz beträchtlich. Ähnlich wie bei Wein kann
das Aroma, bedingt durch Kakaosorte, Klima und Fermentation völlig
unterschiedlich ausfallen. In meinen Tafeln sollen sich alle Nuancen
widerspiegeln.“ Ebenso wünscht sich Mayer eine viel buntere Scho-
koszene in Österreich: „Konkurrenzdenken ist hier nicht unbedingt
angebracht.“
#regional
„Mit diesem Begriff bin ich nicht
mehr besonders glücklich. Er wurde,
ebenso wie das Wort ,Nachhaltigkeitʻ
durch übermäßigen Gebrauch
entwertet. Ich setze in erster
Linie auf Authentizität – wir müssen
für unsere Kunden greif- und
begreifbar sein.“
Martin Mayer_Eigentümer, Mayer Schokoladen