99
#4 Kritik
Beim Thema „Asylwerber
in der Lehre“ sollten sich
oberösterreichische Poli-
tiker in Wien mehr Gehör
verschaffen – da komme
die wienlastige Politik der
Bundesregierung hervor.
scheid warten. Darum der Entschluss: Eröffnen wir ihnen doch die
Möglichkeit, zumindest in die Ausbildung zu gehen. Das halte ich
für sehr klug. Dazu wurde aber auch gesagt, dass dies nur für Leute
gilt, die aus einem Land kommen, bei dem die Wahrscheinlichkeit
hoch ist, dass sie bleiben dürfen und demnach einen positiven Asyl-
bescheid bekommen. Das Asylrecht muss jedoch immer vorgehen.
Wenn sie einen negativen Asylbescheid bekommen, müssen sie
auch dementsprechend das Land verlassen. Die Bundesregierung
hat hier für Klarheit gesorgt, was grundsätzlich wichtig ist. Was
ich jedoch nicht für gescheit halte, ist, dass diejenigen abgelehnten
Asylwerber, die bereits in einer Lehre sind, jetzt nicht bleiben dür-
fen und nicht die Chance haben, die Lehre fertig zu machen. Dafür
habe ich eher wenig Verständnis.
#4
Michael Strugl
Es gibt schon seit ewigen Zeiten Interessenskonflikte zwi-
schen den Gebietskörperschaften, insbesondere zwischen
dem Bund und den Ländern als auch zwischen den Ländern
und den Gemeinden. Das ist nicht neu. Das Beispiel der
Asylwerber, die eine Lehre machen, ist aber ein denkbar
schlechtes. Warum? Weil es eine Entwicklung ist, die völlig
daneben läuft. Ich habe mich selbst dafür eingesetzt, dass
Asylwerber früher in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das
Grundproblem bei dieser Frage sind die zu langen Verfah-
rensdauern. Jeder weiß, wenn man zwei oder drei Jahre nichts
tun darf, ist es noch viel schwieriger, diese Leute in den
Arbeitsmarkt zu integrieren.
Daher der Gedanke: Lassen wir diese Leute doch früher
arbeiten. Allerdings sind sie in einem Dilemma. Die Firmen
sagen, wir haben dann jemanden, von dem wir nicht wissen,
ob er einen Asylbescheid bekommt. Daher haben wir Bleibe-
prognosen und schauen, woher die entsprechenden Personen
kommen. Ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Asyl be-
kommt, hoch, bin ich dafür, dass er schon eine Lehre machen
darf. Ich bin aber nicht dafür, dass Menschen, bei denen man
schon mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit annehmen kann,
dass sie kein Asyl erhalten, eine Lehre anfangen dürfen. Weil
sie dann das Problem haben: Wenn ein negativer Bescheid
kommt, was machen sie dann? Das ist unbefriedigend,
sowohl für den Asylwerber als auch für die Unternehmen.
Man sollte dies viel besser im Vorfeld abklären. Insgesamt ist
es eine sehr schwierige Frage. Es ist ein Spannungsverhältnis,
das meines Erachtens nur mit schnelleren Verfahren lösbar ist
und indem ich mir genau überlege, wen ich den Betrieben
schicke.