140
Redaktion_Sabrina Kainrad
Fotografie_Mario Riener
Andreas Mitterlehner
ist seit vierzehn Jahren Generaldirektor
der Hypo Oberösterreich. Im Gespräch lässt der 58-Jährige
seine Gedanken über neue Gefahren für Banken,
Kulturelemente in der Finanzwelt, nachgesagte Familienclans
und Herausforderungen beim Berufseinstieg springen.
„ANFANGS MUSSTE ICH
MICH DURCHBEISSEN
“
Zehn Jahre nach der Lehman-
Pleite haben wir Hochkonjunktur.
Gleichzeitig werden die Rufe
von Experten immer lauter, dass
wir einer neuerlichen Blase
entgegenschlittern. Wie schätzen
Sie die Lage ein? Muss jetzt
darauf reagiert werden?
Vor zehn Jahren hatten wir eine deutlich
andere Situation, wo aus Amerika Risiken
importiert wurden. Das Investmentbanking
ist in einer extremen Dimension gelaufen,
die Risiken wurden unüberblickbar und
dann in der Finanzwelt verteilt. Zwischen-
zeitlich hat man aber extrem viel dafür getan,
damit so etwas nicht mehr vorkommen
sollte. Die Banken mussten deutlich mehr
Eigenkapital aufbauen, der Finanzsektor ist
nun viel stabiler. Da die Finanzwelt aber
international sehr intensiv miteinander
verbunden ist, muss man die Entwicklungen
permanent beobachten und bei Bedarf darauf
reagieren – ein Beispiel dafür sind nun die
Kryptowährungen. Diese sind hochspekula-
tiv, überhaupt nicht berechenbar und daher
muss die Politik Regelungen schaffen.
Apropros Kryptowährungen:
Diese und FinTechs werden als
neue Gefahren für die Bankenwelt
genannt. Wie reagiert die Hypo
Oberösterreich darauf?
Kryptowährungen sind eine neue Techno-
logie, bei der sich synthetische Währungen
herausgebildet haben, von denen man nur
abraten kann. FinTechs sind Technologieent-
wicklungen, deren Möglichkeiten sich Ban-
ken bedienen müssen. Überall, wo es sinnvoll
ist, wird man mit FinTechs kooperieren. Sie
werden die Banken nicht ablösen, es wird
immer Dienstleistungen geben, für die man
Banken braucht.
Laut einer aktuellen Studie der
Österreichischen Nationalbank
braucht rund die Hälfte der
Österreicher die Infrastruktur der
Bank nicht mehr, weil sie digital
agiert, während die andere Hälfte
regelmäßig in eine Bankfiliale geht
und auf Bargeld setzt. Bereitet Ihnen
diese Entwicklung Sorgen?
Sorgen bereitet mir das nicht, sondern es
ist einfach wichtig, dass man die neuen
technischen Möglichkeiten für sich selbst
und den Kunden nutzbar macht. Wir freuen
uns, wenn unsere Kunden bequem von zu
Hause aus Bankgeschäfte tätigen können. Bei
bestimmten Leistungen, die man nicht voll-
ständig über das Internet kompensieren kön-
nen wird, werden die Kunden hoffentlich wei-
terhin gerne zu uns kommen. Dazu kommt:
Finanzgeschäfte sind Vertrauensgeschäfte und
da ist der persönliche Kontakt schon ein rele-
vanter Faktor. Die Hypo Oberösterreich hat
mit 400 Mitarbeitern und dreizehn Filialen
im Vergleich zu manch anderen Bankgruppen
ein sehr weitmaschiges Filialnetz. Wir sind da-
mit sehr gut aufgestellt und haben momentan
nicht die Absicht, Filialen abzubauen.
Wie stehen Sie zur Diskussion
bezüglich Bargeld?
Bargeld gibt es hoffentlich weiterhin, denn es
ist ein Kulturelement in unserer Finanzwelt
und garantiert eine gewisse Privatsphäre. Jede
digitale Zahlung hinterlässt ihre Spuren. Viele
wollen etwas in Händen halten können, von
dem gewährleistet ist, dass nicht jeder weiß,
wie man sein Geld investiert. Für uns als Bank
ist eine Automatisierung vorteilhaft, weil jede
Bargeldtransaktion mit Handling verbunden
ist, aber man sollte dem Wunsch vieler Men-
schen nach Bargeld Rechnung tragen.
Sie wohnen mit Ihrer Frau in einem
gekauften Haus in Linz. Was raten
Sie jungen Menschen in Bezug
auf Wohnen? Wie werden sich
die Immobilienpreise zukünftig
entwickeln?