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en und keiner Mode folgen, haben den
Anspruch einer zeitlosen Architektur, die
sich funktionell und technisch ständig
weiterentwickeln muss.“ Dass ihre Archi-
tektur polarisiert, sehen sie positiv: „Da-
durch leisten wir einen Beitrag, dass sich
die Bevölkerung mit moderner Architek-
tur beschäftigt.“
Architektur als Visitenkarte
Was das gesamte Bauvolumen in Öster-
reich anbelangt, orten die F2 Architekten
„große Defizite“ in Bezug auf qualitative
Architektur. Ein Lob gibt es für den öf-
fentlichen Sektor, in dem ein großer Teil
der Wettbewerbe gemacht werde, aber
im Wohn- und Gewerbebau werde „sehr
viel unüberlegt gebaut, da gibt es noch
ein großes Potential“. Im Gewerbe- und
Industriebereich sei noch viel zu wenig
bewusst, dass gut geplante Architektur
nicht nur schön zum Anschauen sei, son-
dern das Gebäude so zu einer Visitenkar-
te für das Unternehmen werden könnte.
Die F2 Architekten versuchen dafür im-
mer, das Produkt, welches in dem Ge-
bäude produziert beziehungsweise ver-
Mathematik oder Gefühl_eindeutig Gefühl
Sanierung oder Neubau_Wenn es Sinn macht, unbedingt Sanierung;
es ist ein Auftrag an die Architekten, mit den bestehenden Ressourcen
schonend umzugehen und der Zersiedelung und Vergeudung von
Boden entgegenzuwirken. Ein Zukunftsszenarium: Hallendächer sind
wunderbare Grundstücke mit Ausblick, die man zum Wohnen vermieten
könnte – ein Haus in Leichtbauweise verträgt fast jedes Dach, das wäre
eine reine Frage der Widmung.
Mehrere Generationen unter einem Dach_ist die gegenwärtig größte
Herausforderung für das zukünftige Wohnen.
Gelungenstes Projekt der Architekturgeschichte_Fischer: Farnsworth
House in Chicago; Frömel: Barcelona-Pavillon von der Weltausstellung
1929 – beides von Ludwig Mies van der Rohe
Earthscraper oder Hochhäuser_Definitiv in die Höhe zum Licht.
Nach aktuellem Wissensstand wird es irgendwann eine Grenze beim
Bau in die Höhe geben, aber die haben wir noch nicht erreicht. (Der
Wolkenkratzer Burj Khalifa in Dubai ist mit 828 Metern seit 2008 das
höchste Bauwerk der Welt.) Möglicherweise wird aber noch eine Technik
erfunden, mit der sämtliche jetzt vorgestellten Grenzen überwunden
werden können. Die Vernunftgrenze haben wir vielleicht jetzt schon
erreicht …
Bauen im Jahr 2040_Wir selbst werden immer noch eine zeitlose
Sprache haben, aber was bis dahin im technischen Bereich noch
möglich sein wird, können wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen.
Insgesamt wird aber heute technisch vollkommen überladen und
übertrieben gebaut – ein Zurück in diesem Bereich wäre wünschenswert.
Was das Inhaltliche betrifft: Da wird es die große Herausforderung sein,
auf die immer schneller werdenden gesellschaftlichen und klimatischen
Veränderungen richtig zu reagieren. Stichwort Klima- und Umweltschutz:
Möglicherweise bauen wir dann nur mehr Betonwürfel mit kleinen
Fenstern, die man verriegeln kann, um für starke Stürme gewappnet zu
sein. Stichwort Demografie: Wir leben in einer alternden Gesellschaft,
Altenheime wurden zu Pflegeheimen, wir brauchen mehr betreubare
Wohnformen.
Was wir gerne noch planen würden_eine christliche Kirche
von F2 Architekten
04 Headquarter „Greiner Campus“
05 Wohnanlage in Schlatt
06 Amtshaus Redlham
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kauft wird, in einer einfachen und klaren
Sprache in der Architektur erkennbar zu
machen – ein Beispiel dafür sei ein Büro-
gebäude für eine Baufirma in Form von
aufgestapelten Lochziegeln.
Beim privaten Wohnbau gebe es einen
großen Irrglauben in der Bevölkerung:
„Architekturhäuser sind nicht automa-
tisch teurer. Das Bauen selbst kostet
eigentlich immer das Gleiche.“ Durch
schlechte Planung würden bei normal-
preisigen Einfamilienhäuser viele Qua-
dratmeter unnötig verschwendet wer-
den, die man mit einer ansprechenden
Architektur mit denselben Mitteln viel
ansprechender gestalten könnte. Fischer
und Frömel haben im Privatbereich zwar
sehr finanzkräftige Kunden, aber die Ar-
chitekturpreise habe man für die Berei-
che Industriebau, Bauphysik und leist-
bares Wohnen bekommen. Letzterer war
der bereits erwähnte Immobilien-Oscar
für das “PopUp dorms”-Projekt. Dabei
handelt es sich um ein für die Seestadt
Aspern entwickeltes mobiles Studenten-
heim. Die Idee dahinter: Das Passivhaus
in Holzkonstruktion soll mit der Erwei-
terung der Stadt mitwachsen und jeweils
am Stadtrand platziert werden. So bleibt
das Wohnen für die Studenten kosten-
günstig und sie sind trotzdem nicht weit
vom Zentrum entfernt. „Wir zeigen mit
unseren Preisen, dass eine ordentliche
Architektur sehr wohl leistbar ist“, so
Fischer und Frömel. Übrigens: Vor dem
Architekturbüro stand kein Porsche …
Mehr wollten die beiden nicht verraten._
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