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Unsere OÖ. Industrie investiert jährlich über
5 Milliarden Euro in Forschung, neue Anlagen
und Ausbildung.
wirerzeugenzukunft.at
FORSCHUNG?
BILDUNG
WER INVESTIERT IN
UND
„Hö, den kenna ma.“ Knapp ein Jahr ist
Markus Achleitner
nun im Amt als
Wirtschaftslandesrat
in Oberösterreich. Kennen tut man ihn mittlerweile fast überall – jedenfalls hier am Johannesweg
wird er von allen Seiten gegrüßt. Und wie das halt so ist beim Pilgern, man unterhält sich gern.
„Jo, des passt scho, wia S’ des mochan, Sie bringen wos weida!“, sagt ein Wanderer, der bereits
zum dritten Mal den Johannesweg beschreitet. Was genau Achleitner „weidabringt“ und wohin
sein Weg führen soll, das fragen wir ihn beim etwas anderen Interview am Pilgerweg.
WOHIN GEHT’S, HERR LANDESRAT?
Redaktion_Susanna Wurm Fotografie_Mario Riener
Pilgern
Wenn wir hier den Blick über die
Landschaft schweifen lassen, dann
sehen wir ein abwechselndes
Bergauf und Bergab. Verglichen mit
Oberösterreichs Konjunkturkurve –
wo befinden wir uns gerade?
Achleitner_Bergauf und bergab, das ist der
Lauf des Lebens. Und verglichen mit der Kon-
junktur sind wir 2018 wirklich ganz oben ange-
langt gewesen, mit einem Wachstum von über
drei Prozent, wie wir es seit vielen Jahren nicht
mehr gehabt haben. Jetzt nähern wir uns wie-
der einem Normalniveau. Das heißt, wir er-
warten 1,7 bis 2 Prozent Wirtschaftswachstum
und das ist ein absolut guter Normalmodus.
Und wenn wir in die Ferne
schauen, ins Jahr 2030, wohin
soll der Weg führen?
Achleitner_Bis 2030 wird sich viel ändern.
Zum einen durch die Digitalisierung, die alles
verändern wird und schon vieles verändert hat.
Zum anderen durch den demographischen
Wandel. Wir haben ein Drittel weniger Kin-
der als vor 30 Jahren, auf der anderen Seite
sind 60.000 neue Jobs von der Wirtschaft
geschaffen worden. Da geht eine Schere auf.
Gleichzeitig werden wir immer älter, Gott
sei Dank, aber das bedeutet eine große He-
rausforderung für Pflege, Gesundheits- und
Pensionssystem. Dritter großer Gamechanger
ist die Energiefrage. Wir haben uns mit den
Pariser Zielen eine völlige Abkehr von Öl bis
2050 vorgenommen. Deshalb setzen wir jetzt
Maßnahmen, nicht erst 2045. Und die Mo-
bilitätsfrage wird alles verändern. Das trifft
uns als starkes Automobilzulieferland natür-
lich massiv, unsere Betriebe müssen diesen
Wandel mitgestalten und nicht erleiden. Mit
unseren Forschungseinrichtungen und Unter-
nehmen sind wir zum Glück voll dabei. Unser
Ziel ist daher ganz klar: So erfolgreich, wie wir
sind, wollen wir auch 2030 sein.
Können Sie sich für die Umsetzung
dieses Ziels etwas von der Natur
abschauen?
Achleitner_Von der Natur kann man sich
sehr viel abschauen. Die Natur ist kreativ und
vielfältig und in der Natur ist der stete Wandel
mehr oder weniger Programm. Es gibt ruhige-
re Zeiten, wo man sich wieder sammelt, damit
im Frühjahr die Saat aufgeht und im Herbst
geerntet werden kann. Auch in der Wirtschaft
muss man letztlich wissen, wo man hinwill,
dann sät man, achtet darauf, dass die Saat auf-
geht, um dann ernten zu können.
Wenn Sie auf Ihren bisherigen
Karriereweg zurückblicken –
was waren die wichtigsten
Eckpfeiler?
Achleitner_Ich bin geprägt von meinen El-
tern, die ein Gasthaus betrieben haben. Da
habe ich sehr bald gelernt, dass Dienen vor
Verdienen kommt, dass Leistung von Leisten
kommt und auch mein Lebensmotto „Vollgas“
ist wahrscheinlich da entstanden. Selbst wenn
ich nichts tue, tu ich Vollgas nichts. Ich halte
das Lauwarme nicht aus. Der typische Kon-
junktiv in der Politik ist nicht meins. Weil ich
halt ein Wirtschafter bin und ein Wirtschafter
lässt sich an dem messen, was umgesetzt wird,
und nicht an dem, was man irgendwann ge-
sagt hat. Und was meinen Weg betrifft – ich
habe eigentlich immer Menschen am Weg ge-
troffen, die mir spannende Wegpfeiler aufge-
zeigt haben. Zum Beispiel, als man mich mit
22 Jahren gefragt hat, ob ich Hoteldirektor
werde, und letztlich auch beim Wechsel von
der Wirtschaft in die Politik. Der Landes-
hauptmann sagte zu mir: „Bitte komm in die
Regierung, ich brauche dich fürs Land.“ Und
ich habe gesagt: „Thomas, ich bin kein Politi-
ker.“ Da sagte er: „Eben. Wir brauchen wieder
Leute von draußen, die sagen, was dort wirk-
lich relevant ist.“