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Bereich der Anästhesie ein, seine Lei-

denschaft für das menschliche Schmerz-

empfinden nimmt ihren Lauf. Und als 

dann zwei Jahre vor Studienende die 

Anästhesistin ausfällt, fragt man ihn: 

„Na, jetzt sind Sie schon so lange bei uns, 

könnten Sie das nicht übernehmen?“ Er 

macht’s  (natürlich unter Aufsicht einer 

erfahrenen Anästhesistin) und auch sei-

ne Turnuszeit verbringt er zumeist in 

der Anästhesie. Gleichzeitig beschäftigt 

er sich immer mehr mit Schmerzthe-

rapie, schon bald spricht sich herum, 

dass er dafür der Experte ist. „Heute ist 

Schmerztherapie Standard, damals war 

es Pionierarbeit“, sagt Macher. Während 

er in seinem Büro davon erzählt, dass 

er nach mehreren auswärtigen Statio-

nen 2001 nach Linz zurückkehrte, er 

in der Linzer Tagesklinik, einer Tochter 

des Diakoniewerks, zu arbeiten begann 

und neun Monate später die Leitung der 

Klinik Diakonissen übernahm, passiert 

anderswo im Haus etwas ganz Anderes. 

Im funkelnagelneuen OP-Saal herrscht 

reges, aber ruhiges Treiben. Jeder weiß, 

was er zu tun hat, es wird gegrüßt, gelä-

chelt, geplaudert. Fast könnte man mei-

nen, die Gruppe trifft sich, um gemein-

sam eine kleine Familienfeier (Dresscode 

grün) vorzubereiten. Nur, dass es keine 

Feier ist, die bevorsteht, sondern eine 

Operation. Und demnach keine Muffins 

und Servietten, sondern Skalpell und 

sterile Tupfer gereicht werden. Herr H. 

wird mit modernster Technologie sanft 

auf den OP-Tisch befördert. Er zittert 

ein bisschen. Noch nie wäre jemand auf 

die Idee gekommen, ihn als Angsthase 

zu bezeichnen, aber diese völlige Aufga-

be der Selbstkontrolle durch die Narko-

se, die verängstigt ihn. „Eine Operation 

ist eine außergewöhnliche Situation. Da 

muss ich als Patient darauf vertrauen 

können, dass die Leute, die mich be-

treuen, das aus ganzem Herzen machen“, 

erklärt Josef F. Macher. Und um dieses 

Vertrauen gewinnen zu können, reiche 

es nicht, beim Eingang eine Tafel mit 

den Worten „Bei uns steht der Mensch 

im Mittelpunkt“ aufzustellen. „Das ist 

ein netter Marketingsatz, aber damit 

fühlt sich noch kein Mensch wohl. Das 

kann man nur im Erleben wahrnehmen.“ 

Was Gefühle 

bewirken können

Wenn hier also eine Hüft-OP am Plan 

steht, dann geht es nicht nur darum, dass 

jemand ein neues Hüftgelenk eingesetzt 

bekommt. Also ja, klar, medizinisch ge-

sehen geht es genau darum. Aber das sei 

zu wenig, ist Macher überzeugt. „Medi-

zin kommt aus der Historie von ‚sich da-

rum kümmern‘, von fast seelsorgerischer 

Arbeit, vom Zuhören“, erklärt er. Am 

OP-Tisch liegt nicht einfach eine Hüf-

te. Am OP-Tisch liegt ein Mensch. Mit 

Ängsten und Sorgen. In einer Situation, 

die ihn stresst. Den einen mehr, den 

anderen weniger. „Das bedeutet für uns, 

dass wir Sensibilität entwickeln müssen, 

um zu spüren, was der Mensch jetzt 

braucht, damit er sich entspannen kann. 

Jeder einzelne von uns ist Seelsorger und 

Psychologe dazu – jeder Mitarbeiter bis 

hin zu jedem Facharzt“, so Macher. Im-

mer mehr Studien bezeugen, dass das 

menschliche Immunsystem in ständiger 

Wechselwirkung mit Gefühlen, Gedan-

ken und Verhalten steht. Seelische Aus-

geglichenheit, inneres Wohlbefinden 

und Optimismus können demnach die 

Abwehrkräfte mobilisieren. 

Josef F. Macher wollte daher ein Haus 

schaffen, wo vom ersten Moment des 

Ankommens über die Wohlfühlatmo-

sphäre im Zimmer, den Geschmack des 

Essens, die Behandlung im OP-Saal bis 

hin zum Weg nach Hause alles dazu 

beiträgt, dass der Mensch als Ganzes 

gesund werden kann. Und dass sich die 

Menschen, die hier arbeiten, genauso 

wohlfühlen und ihre Talente mit gro-

ßer Freude ausleben. „Unser Gast ist der 

Patient mit seinem Arzt. Und unsere 

Klinik ist Dienstleister für die beiden“, 

erklärt Macher. „Wir stellen alles zur 

Verfügung – von der Rezeption über die 

kulinarische Verpflegung bis zum OP-

Saal. Intern haben wir hochqualifizierte 

Stationsärzte und Anästhesisten, Pflege- 

und Servicekräfte. Jeder trägt mit seiner 

Profession etwas Wichtiges zur Gene-

sung bei.“ Und ob das Haus erfolgreich 

geführt wird, sei vor allem an einem 

Parameter messbar: „Wenn die beiden –  

also Patient und Mitarbeiter – rausge-

hen und sagen: ‚Mir geht’s gut!‘“ Die-

ses „Mir-geht’s-gut-Gefühl“ will Macher 

auch mit der Einrichtung der Klinik 

verstärken. „Und deshalb hat das Haus 

kein Krankenhauseinrichter, sondern 

ein Wohneinrichter ausgestattet.“ Im 

Mittelpunkt stand die Frage „Was ent-

spannt?“. Die Antwort darauf zieht sich 

bis hin zu den Bildern in den Zimmern 

Unser Haus hat kein 

Krankenhauseinrichter, 

sondern ein Wohneinrichter 

ausgestattet.

Josef F. Macher

Geschäftsführer,  

Klinik Diakonissen Linz