94
Unsere OÖ. Industrie investiert jährlich über
5 Milliarden Euro in Forschung, neue Anlagen
und Ausbildung.
wirerzeugenzukunft.at
FORSCHUNG?
BILDUNG
WER INVESTIERT IN
UND
le das Pendeln auf sich.“ Das Argument
mancher, dass sie eben in der Stadt mehr
verdienen würden, ist für ihn aber un-
verständlich. „Eine ehrliche Kostenrech-
nung würde da viele überraschen. Allei-
ne die Benzinkosten. Und was mit Geld
nicht aufzuwiegen ist: mehr Lebensqua-
lität. Viele Pendler sind, selbst wenn sie
einen Bürojob haben, am Abend fertig.
Pendelt man mit dem Auto von Haibach
nach Linz, ist man zwei Stunden täglich
auf der Straße. Das sind pro Woche zehn
und über das Jahr gerechnet rund 450
Stunden, die man sicher sinnvoller gestal-
ten kann. Ist man auf die Öffis angewie-
sen, geht sogar noch mehr Zeit verloren.“
Die Wirtschaftskammer versuche, das ins
Bewusstsein zu bringen. „Fährt man auf
der B127 Richtung Rohrbach, einer der
meistgenutzen Pendlerrouten in Oberös-
terreich, sieht man unsere Schilder. ‚Ein
Job im Bezirk heißt, pünktlich in die
Probe zu kommen‘, ‚Ein Job im Bezirk
heißt, die Prinzessin abends ins Bett brin-
gen zu können‘. Es ist natürlich trotzdem
illusorisch, zu glauben, dass wir in zehn
Jahren keine Pendler mehr haben.“ Bei
dem Unterfangen, Arbeitsplätze direkt
am Land zu schaffen, könnte die Europä-
ische Union (EU) helfen. Die EU-Politik
zur Entwicklung des ländlichen Raums
wird im Zeitraum 2014 bis 2020 in der
Höhe von 100 Millionen Euro aus dem
Europäischen Landwirtschaftsfonds für
die Entwicklung des Ländlichen Raumes
(ELER) finanziert. „Die neuen Vorgaben
für das Programm sehen vor, dass auch
Maßnahmen für wirtschaftliche Entwick-
lung im ländlichen Raum gesetzt werden
können. Wir fordern, dass in der öster-
reichischen Umsetzung Aktionen für die
Förderung von nichtlandwirtschaftlichen
Kleinst- und Kleinunternehmen und
für Tourismusprojekte gestartet werden,
da Gewerbe und Handwerk, Tourismus-
und Freizeitbetriebe sowie Nahversorger
ganz wesentlich zu prosperierenden länd-
lichen Räumen beitragen. Die Politik
muss so gestaltet werden, dass sie auch
neues Potential in ländlichen Gebieten
generiert, das nicht direkt mit der Land-
wirtschaft verbunden ist.“
„Von einem Fehl kann
nicht die Rede sein“
Von fehlenden Arbeitsplätzen und der
Schwierigkeit, ohne Auto zu leben, ha-
ben wir schon gehört. Aber was ist mit
der Wohnsituation am Land? Die Reise
geht weiter. Auf ins Linzer Landhaus zu
Landeshauptmann-Stellvertreter und
Wohnreferent Manfred Haimbuchner.
„Am Land wird ausreichend und bedarfso-
rientiert gebaut und von einem Fehl kann
hier nicht die Rede sein. Was wir machen,
ist, dass wir – in enger Abstimmung mit
dem Landesrat für Infrastruktur – die
Anbindung an den öffentlichen Verkehr
ausbauen, um klimafreundliche und zeit-
sparende Arbeitswege zu ermöglichen.“
Platz hat man am Land ja genug. Haim-
buchner unterbricht: „Auch am Land
haben wir nicht unbegrenzt Bauland zur
Verfügung, weshalb wir das Augenmerk
auf verdichtete Bauweise mit mindes-
tens drei Geschossen und vor allem auf
die Sanierung bestehender Objekte legen.
Es gilt, die fortschreitende Bodenversie-
gelung einzudämmen und der Verödung
von Ortskernen entgegenzuwirken.“ Die
„Manchmal kann auch ein
Rückbau sinnvoll sein.“
Silke Sickinger
Geschäftsführerin, RMOÖ
„Die Politik muss
so gestaltet werden,
dass sie auch neues
Potential in ländlichen
Gebieten anspricht und
generiert, das nicht direkt
mit der Landwirtschaft
verbunden ist.“
Michael Pecherstorfer
Obmann Sparte Ge
werbe und
Handwerk, WKOÖ
Gefahr, dass ländliche Regionen, vor al-
lem solche, die vom Zentralraum weit
weg sind, aussterben, sieht er nicht. Diese
Gefahr sehen übrigens auch die Bevölke-
rungsprognosen nicht.
Oberösterreich wird laut einer Prognose
der Österreichischen Raumordnungs-
konferenz bis 2040 um 5,7 Prozent
wachsen. Der Großteil dieses Wachstums
betrifft die Städte Wels, Linz und Steyr.
Es ist aber nicht so, dass die ländlichen
Regionen im Gegenzug aussterben. Dem
Mühlviertel etwa wird ein Bevölkerungs-
plus von einem Prozent prognostiziert.
Das Traunviertel wird um 3,2 Prozent
wachsen. Eitel Wonne ist aber trotzdem
nicht alles. Regionen wie die westliche
Obersteiermark (-10,8 Prozent) oder
der Bezirk Hermagor (-12,9 Prozent)
schrumpfen beträchtlich. Oberösterreich
steht im österreichweiten Vergleich also
tatsächlich gut da. Oder wie Haimbuch-
ner es formuliert: Der ländliche Raum
floriert. Die Ruhe, das Gemeinschaftsle-
ben in den Gemeinden und die Nähe zur
Natur seien viel wert, dafür nehme man
weitere Wege auf sich. Nahezu euphorisch
wird Haimbuchner bei der Frage, was
eine Region haben müsse, um erfolgreich
zu sein: „Das, was Oberösterreich hat.
Ein stabiles politisches Umfeld, intakte
und vielfältige Naturlandschaften, eine
funktionierende Infrastruktur in allen Be-
reichen und eine erfolgreiche und starke
Wirtschaft. Auch das Angebot für Famili-
en muss dementsprechend attraktiv sein.“
„Wir brauchen
Innovationskraft, Forschung
und Entwicklung“