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dieser kommt aber leider oft zu kurz.“
Der studierte Wirtschaftswissenschaftler
entwickelte das Konzept „Bewusste Po-
litik“ mit fünf Ebenen des Bewusstseins:
Selbstbewusstsein (Bewusstsein für sich
selbst), Empathie (für andere), Anliegen-
definierung und Medienbewusstsein (für
Medien und Inhalte), Partizipation und
Wirksamkeit (für politische Prozesse)
sowie Ganzheitliches Bewusstsein und
Emergenz (für das große Ganze). Stel-
zer zum Thema Beratung: „Coachings
werden von Personen in geforderten
Funktionen laufend in Anspruch ge-
nommen, um sich in gewissen Phasen
Unterstützung zu holen.“ Er selbst lasse
sich, anders als Politikern oft nachgesagt
werde, aber nichts antrainieren oder um-
ändern, sondern hole sich Beratung, um
gewisse Varianten durchzudiskutieren.
Mit der umstrittenen Kommunikations-
technik NLP hatte Stelzer noch „keine
Berührungspunkte“: „Ich wollte das
nicht und die Frage hat sich auch gar nie
gestellt.“
Angesprochen auf die Analyse des Politik-
beraters Packer wonach Stelzer führungs-
technisch der Manager sei, schmunzelt
Stelzer und antwortet: „Wenn man im
Wirtschafts- und Arbeitsmarktbun-
desland Nummer eins als Manager be-
schrieben wird, dann passt das ganz
gut – noch dazu in einer Phase, in der
es in den nächsten Jahren nicht so ein-
fach werden wird.“ Die Beschreibung
sei „eine gute Basis“, „ganz zufrieden bin
ich nie“, erklärt Stelzer, dass man sich
ständig weiterentwickeln und verbessern
müsse. Wenn man als Landeshauptmann
sagt, den Job „habe ich jetzt im kleinen
Finger und erledige ich nach Schema F“,
sei man ab diesem Zeitpunkt nicht mehr
gut. Zufrieden kann er aber über das Er-
gebnis des Fotoshootings sein: Die rote
Leinwand harmoniert perfekt mit der ro-
ten Krawatte._
Coachings werden von Personen
in geforderten Funktionen
laufend in Anspruch genommen,
um sich in gewissen Phasen
Unterstützung zu holen. Ich
lasse mir nichts antrainieren
oder umändern, sondern hole
mir Beratung, um gewisse
Varianten durchzudiskutieren.
Thomas Stelzer
Oberösterreichischer
Landeshauptmann
Der Politikberater David Packer aus Linz berät Indivi-
dualpersonen, die bereits in der Politik sind oder dort
tätig werden möchten
, und Organisationen mit Haupt-
augenmerk auf Österreich.
01
Braucht ein Politiker einen USP?
Ja, zumindest die Spitzenkandidaten brauchen eine Art Al-
leinstellungsmerkmal. Wobei ich in der Politik den Begriff USP
durch Charisma ersetzen würde. Wir wissen, dass Wahlent-
scheidungen, wenn es inhaltlich für den Bürger nicht eindeu-
tig ist, zum Großteil von der jeweiligen Frontperson der Partei
abhängen. Bei Unternehmen ist es zumeist umgekehrt: Da
steht normalerweise die Firma oder das Produkt im Vorder-
grund. Die Vorstände, Geschäftsführer und Entscheidungs-
träger agieren im Hintergrund – wenn sie nicht gerade Steve
Jobs heißen.
02
Viele Politiker wirken wie von
Beratern ferngesteuert …
Das stimmt. Wir erleben derzeit das Ende der Hochphase des
Coachings, wie wir es bisher kannten. Bei vielen Politikern
spürt man, dass sie sich verbiegen. Die Leute wollen aber
Authentizität. Ein bekanntes Beispiel ist der letzte Präsident-
schaftswahlkampf in den USA. Trotz streitbarer Inhalte ge-
wann Donald Trump gegen eine unauthentische Kampagne
von Hillary Clinton. Das Aufgesetzte funktioniert nicht mehr.
03
Wie würden Sie Landeshauptmann
Thomas Stelzer hinsichtlich seines USP
beziehungsweise seines Charismas analysieren?
Es gibt verschiedene Führungstypen. Stelzer ist der Manager,
der Ausführer. Ich denke, er managt sehr gewissenhaft und
professionell und nimmt die eine oder andere neue Entwick-
lung auf, er erarbeitet Konkretes.
04
Wie wird sich das auf den
Landtagswahlkampf 2021 auswirken?
Die OÖVP profitiert sehr vom Rückenwind der Bundespartei
und der Landeshauptmannsessel ist kaum in Gefahr. Eine
Frage wird zudem sein, welche Themen den Wahlkampf
dominieren. Parteien und politische Organisationen leben sehr
stark von der Kernkompetenzzuschreibung. Das ist deren Al-
leinstellungsmerkmal. Aktuelles Beispiel sind die Grünen und
Lösungen für die Klimakrise. Was 2021 auf der Tagesordnung
steht, lässt sich aber noch nicht vorhersagen. Vielleicht etwas
ganz Neues. Die Welt ist gerade in der heutigen Zeit immer in
Bewegung.
DAVID
PACKER