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und dass darin ein Kinderheim und ein
Schloss vorkommen. Mein Freund hat
daraufhin gemeint, dass dazu passend
ganz in der Nähe Schloss Hartheim sei.“
Füchsel war sich dessen gar nicht bewusst
und war noch nie dort gewesen. Er fuhr
am nächsten Tag auf dem Heimweg nach
Linz beim Schloss vorbei. „Es war Sonn-
tagmorgen, leicht regnerisch und wol-
kenverhangen und als ich da völlig alleine
durch den Park gegangen bin, wusste ich,
diese Stimmung passt perfekt für mein
Buch.“
Konzipieren von
Industrieanlagen
„Gar nicht“ passe hingegen Füchsels Lei-
denschaft, Bücher zu schreiben, zu sei-
nem Beruf. Von allen, die davon erfah-
ren, würde er ungläubige Blicke und die
Fragen, wie sich das Hobby zeitlich mit
dem Arbeitspensum vereinbaren lasse
und wie er überhaupt darauf gekommen
sei, ernten. „Bücher zu schreiben ist et-
was, womit viele Menschen nichts an-
fangen können, und in meiner Branche
ist es noch einmal ein wenig exotischer,
denn das ist ein bisschen etwas Künstle-
risches und Techniker sind keine Künst-
ler“, erzählt Füchsel lachend, dass es ihm
ganz gut gefalle, da ein bisschen aus der
Reihe zu fallen. Er ist geschäftsführender
Gesellschafter vom Linzer Anlagenpla-
ner TBP. Das Unternehmen konzipiert
Anlagen für die Industrien Papier, Zu-
cker und Stärke, erwirtschaftet mit 50
Mitarbeitern in Linz sowie 60 bei der
polnischen Tochtergesellschaft und 15 in
Deutschland jährlich rund fünfzehn Mil-
lionen Euro Umsatz. Das Unternehmen
ist in Mitteleuropa mit Schwerpunkt im
Osten tätig. „Wir waren aber schon über-
all auf der Welt tätig“, sagt Füchsel und
bekräftigt damit die aufgeworfene Frage,
was die notwendige Zeit für das Hobby
anbelangt. Seine Erklärung dazu: „Ande-
re gehen nach der Arbeit joggen, schauen
fern oder lesen – ich setze mich in dieser
Zeit an den Laptop und schreibe.“ Füch-
sel schreibt abends und an freien Tagen:
„In einem Urlaub, der gut zwei Wochen
dauert, schaffe ich rund ein Drittel von
einem Buch, danach liegt es halt auch
mal wieder tagelang herum“, erklärt
Füchsel, dass er an jedem seiner Projekte
rund ein Jahr gearbeitet hat.
Die Geschichte für sein erstes Buch ist
Füchsel eingefallen, als er nach einer
schweren Operation drei Wochen lang im
Krankenhaus liegen musste. Zweieinhalb
Jahre später, im Frühjahr 2014, begann er
diese niederzuschreiben, fünf Jahre später
hat er Teil drei fertig und arbeitet be-
reits an einem neuen Buch. Dazwischen
schrieb Füchsel noch eine Biographie
als
Auftragsarbeit. Das Buch wird entweder
unter dem Titel „Gold Stück Scheiße“
oder „Einmal Hölle und NICHT zu-
rück“, voraussichtlich Anfang 2020, he-
rausgebracht. Die ersten drei Bücher sind
eine Krimiserie – ob er von einer Trilogie
sprechen soll, weiß Füchsel noch nicht,
denn er habe im letzten Teil etwas offen-
gelassen und jetzt möchte er seine Leser
entscheiden lassen, ob es weitergehen soll.
Falls ein vierter Teil entsteht, weiß Füchsel
bereits den Namen: „Orphalus“. Was es
damit auf sich hat, will er nicht verraten –
nur so viel: „Das erfährt man im dritten
Teil.“ Zu diesem verrät Füchsel: Wieder
einmal sind die Polizistin Margarete Kel-
ler und der Privatdetektiv Luc Martin
gefragt – es geht um Kindesentführung,
die Spur führt ins Kinderheim in Schloss
Hartheim. Das in der Realität während
der Nazi-Zeit als „Euthanasie Anstalt“
genutzte Schloss und danach zu einem
Lern- und Gedenkort umgebaute Ge-
bäude funktioniert Füchsel im Buch zu
einem Kinderheim für Waisenkinder um.
Konstruktion von
Tathergängen
Das Bücherschreiben bezeichnet Füchsel
als „Gegenstück“ zu seiner beruflichen
Tätigkeit, dabei schalte er völlig ab und
ist „zu 100 Prozent“ in seiner erfunde-
nen Welt. Auf das Genre Krimi sei er
gekommen, weil er es immer schon „fas-
zinierend“ gefunden habe, wenn sich das
Verbrechen rund um den Tatvorgang ent-
wickelt und der Leser erst am Ende die
ganze Auflösung erfährt und immer der-
3-teilige Krimiserie von Thomas Füchsel alias T. F. Renard – 3. Teil
„Am Ende der Gezeiten“ ab sofort erhältlich (unter anderem
zum Bestellen unter www.t-f-renard.com)
jenige der Täter ist, von dem man es am
wenigsten erwartet hat. Angesprochen
darauf, dass es da ja durchaus Parallelen
zum Job gibt, weil ja auch bei Industrie-
anlagen viele Einzelteile zusammenpassen
müssen und es da sicherlich auch einiges
an Durchhaltevermögen und Konzen-
tration braucht, nickt Füchsel nachdenk-
lich: „Das habe ich selber noch gar nicht
so gesehen, aber vielleicht ist das auch der
Grund, warum ich die Konstruktion von
Krimihandlungen überhaupt kann.“ Bei
der Arbeit im Unternehmen investiere
das Team 50.000 Planungsstunden, um
riesige Anlagen für Fabriken zu konzi-
pieren. Für die jeweils etwa 400 Seiten
dicken Bücher benötige Füchsel rund
400 Stunden reine Schreibarbeit. Beim
Buch, das Füchsel aktuell schreibt, ist er
auf Fantasy umgestiegen: „Es gibt so vie-
le Geschichten und ich wollte mein Spek-
trum ein wenig erweitern.“ Der große
Unterschied zum Beruf ist, dass Füch-
sel es rein aus persönlichem Interesse
und nicht aus wirtschaftlichen Gründen
macht. Er lässt die Bücher auf eigene
Kosten drucken. Freunde, Bekannte und
wiederum deren Freunde und Bekannte
sind die Leser: „Ich betreibe nicht be-
sonders viel Werbung, bin immer happy,
wenn ich fertig bin und jemandem ein
Buch schenken kann.“
Und damit zurück zu Luc und Sonyanga,
zum dritten Krimi von Füchsel: „Alles in
Ordnung, Sonny. Ich hatte gerade so eine
seltsame Stimmung in mir, schwer zu er-
klären.“ Luc zog die Schultern nach oben,
so als ob es ihn immer noch fröstelte.
„Ich weiß, mein Freund.“ Sonyanga legte
ihm die Hand sanft auf den Rücken, „ich
kann es auch spüren. Jeder, der hier steht,
kann das, wenn er es zulässt.“_