len. Erst wenn man diesen Regeln Res-

pekt entgegenbringt, kann man sie auch 

langsam verändern.

Geht es auch darum, wer diese Regeln 

aufbricht? Wenn etwa ein Mann die 

Regel einführt, keine Meetings nach 

17 Uhr anzusetzen, damit er sein Kind 

abholen kann, dann hat das eine 

andere Wirkung, als wenn eine Frau 

das sagt, oder?

Haiden

_Ganz sicher! Frauenpolitik war 

noch nie möglich ohne Männer, die 

zustimmen. Rahmenbedingungen, die 

etwa die Vereinbarkeit von Familie und 

Beruf ermöglichen, müssen sowohl von 

Frauen als auch von Männern geschaf-

fen werden. Und ich glaube, sie werden 

dann geschaffen, wenn sowohl Männer 

als auch Frauen überzeugt sind, dass sie 

die Lebensqualität beider stärken. Wenn 

wir am Ende ein Ziel haben: gemeinsam 

besser leben zu wollen. 

Braucht es dazu die Politik?

 

Haiden

_Ohne Politik ist es nicht mög-

lich. Weil Politik das Verhandeln von 

gesellschaftlichen Interessen ist. Das sieht 

man beim Thema Pensionssplitting. Bis 

jetzt gibt es ein freiwilliges Pensionssplit-

ting, das aber kaum genutzt wird. Weil da 

ein relativ schwieriger Verhandlungspro-

zess privatisiert worden ist. Eine Mutter 

muss zum Vater ihrer Kinder gehen und 

ihn bitten, dass er ihr einen Teil seiner 

Pensionsgutschrift überschreibt. Wenn 

das gesetzlich geregelt ist, wird sehr viel 

Druck aus Beziehungen herausgenom-

men und es wird schnell selbstverständ-

lich. Wenn möglichst viele gut gebildete 

Menschen die Möglichkeit haben sollen, 

Beruf und Familie zu vereinbaren, dann 

muss ich versuchen, für diese Rush-hour 

des Lebens auch im Arbeitsrecht einen 

Rahmen zu schaffen, damit die Fami-

lien am Ende keine Nachteile haben. 

Vielleicht ist die Lösung eine generelle 

30-Stunden-Woche für Menschen mit 

Kindern im Pflichtschulalter. Einzelne 

Unternehmen haben das eingeführt, da-

mit sie im Recruiting Vorteile haben. 

Manchmal sind es aber gar nicht 

nur die Rahmenbedingungen, die es 

schwierig machen. Sondern auch die 

Gesellschaft. Eine Frau, die Karriere 

macht und Kinder hat, wird schnell in 

die Schublade „Rabenmutter“ gesteckt. 

Machen es sich Frauen gegenseitig 

schwer?

Haiden

_Ich empfinde die Kritik, die 

Frauen untereinander ausüben, häufig 

als Ausdruck von Unsicherheit. Jede Ver-

änderung bringt Unsicherheit mit sich. 

Man stellt sich plötzlich die Frage, ob das, 

was man selbst macht, passt oder genü-

gend wert ist. Ich glaube nicht, dass das 

Kritisieren aus Boshaftigkeit passiert. Die 

Veränderungen der Rolle der Frau sind 

immens – man muss bedenken, dass es 

noch keine 45 Jahre her ist, dass Frauen 

rechtlich den Männern gleichgestellt sind. 

Die jetzt 40-jährigen Frauen sind meist 

mit Müttern großgeworden, die unter 

ganz anderen Bedingungen ihr Frausein 

gelebt haben. 

Sie haben unzählige Frauen interviewt 

und kennengelernt. Haben Sie dabei 

eine Eigenschaft festgestellt, 

die typisch weiblich ist?

Haiden

_Das Verbindende an Frauen ist, 

dass sie in den vergangenen 100 Jahren 

eine unglaubliche Geschichte hingelegt 

haben. Weil Frauen aus der rechtlichen 

Unmündigkeit kommen. Alle. Egal ob als 

Kaiserin von Österreich oder als Putzfrau –  

sie sind alle vom gleichen Level gestar-

tet, was ihre Rechte und Möglichkeiten 

betrifft. Und da hat sich Unglaubliches 

entwickelt. Dadurch haben sie eines sicher 

gemeinsam: Sie leben eine wesentlich grö-

ßere Rollenvielfalt als Männer. Sie gestal-

ten Lebensräume in der Familie, im Beruf, 

in der Gesellschaft. Und das vielleicht auf 

etwas andere Art als Männer, weil sie auf-

grund ihrer Geschichte multiperspektivi-

scher denken können – je mehr Rollen ich 

kenne, desto mehr Perspektiven kenne ich. 

Können Männer nicht auch diese 

Rollenvielfalt entwickeln?

Haiden

_Ich glaube, es ist immer schwie-

riger, aus einer gesicherten Position her-

aus etwas zu verändern als aus einer Si-

tuation des Aufbruchs, wie sie es für die 

Frauen mit der Emanzipationsbewegung 

war. Die Frauen haben sich ihr Feld erst 

erobern müssen und sind dadurch sehr 

beweglich geworden. Aber ja, ich würd’s 

den Männern wünschen, weil ich denke, 

das ist das lustigere Leben. 

von Christine Haiden

Wenn ich ein Mann wäre, dann_hätte ich wahrscheinlich einen nur 

halb so großen Kleiderschrank.

Ein Gesetz, das zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern beitragen 

könnte_Die Geschichte der Frauenbewegungen sollte in den 

Geschichtsunterricht aufgenommen werden. 

Sorgen macht mir_dass wir es nicht schaffen, die Erde für die nächsten 

Generationen lebenswert zu erhalten. 

Künstliche Intelligenz_ist eine wunderbare Ergänzung und Entlastung dessen, 

was für Menschen zu anstrengend oder mühsam ist. 

Der größte Irrtum der Menschheit_ist, dass man meint, 

Menschen durch Maschinen ersetzen zu müssen.

Was Männer über Frauen wissen sollten_Dass eine Handtasche mehr als ein 

Beförderungsmittel ist. Nämlich? Sie ist das halbe Leben. (lacht)

Die beste Entscheidung meines Lebens_war mein Partner.

Was ich nicht mehr hören kann_„Ich weiß nicht, was Frauen wirklich wollen.“

Frauen 

leben eine größere 

Rollenvielfalt 

als 

Männer. Und 

können dadurch 

multiperspektivischer 

denken.