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men haben und sich dann der Vereinbar-

keit wegen selbstständig gemacht haben. 

Frauen gründen mittlerweile etwas früher, 

bekommen die Kinder später. Das heißt, 

sie haben schon ein Geschäft, eine Firma 

oder eine leitende Position. Wenn dann 

die Kinder kommen, kann man dieses 

Geschäft nicht für zwei Jahre schließen 

oder seine Führungsaufgaben ruhen las-

sen. Durch diese Zeit zu kommen, ist 

sehr schwierig. Man kann nicht einfach 

so aus dem Geschäft aussteigen. Und 

dann gibt es das Thema der Zuverdienst-

grenze. Mit dieser Grenze kannst du 

dein Geschäft gar nicht aufrechterhalten. 

Mein Wunsch wäre, dass man das Be-

treuungsgeld für die Kinder bekommt –  

und dann selbst entscheidet, ob man in 

dieser Zeit jemanden anstellt, der das 

Geschäft weiterführt, oder jemanden, 

der die Kinder betreut. 

Klingt nach einem konkreten 

Plan. Woran scheitert’s?

Angerlehner

_Wir kämpfen schon lange 

dafür. Natürlich muss immer zuerst den 

sozial Schwächeren geholfen werden und 

das ist in diesem Land auch keine Frage. 

Aber es ist auch ungerecht, dass ich da-

für bestraft werde, wenn ich arbeite und 

schaue, dass ich meine Leistung weiter-

hin erbringe. Da sind schon noch ein 

paar Hürden, die Selbstständige schwe-

rer treffen. In den meisten Fällen kann 

man sein Geschäft nicht ruhend melden 

und das ist genauso bei Frauen in Füh-

rungspositionen, weil dann der Job nicht 

mehr da ist. 

Reiter

_Ich glaube, dass auch bei der 

Qualität der Kinderbetreuung noch 

vieles getan werden muss. Als Mutter 

ist man natürlich beruhigter, wenn das 

Kind intensiv betreut wird und nicht 

zwei Betreuerinnen für eine sehr große 

Gruppe verantwortlich sind. Da darf 

nicht gespart werden. So sehr sich alle 

bemühen, da fehlt’s an Personal. Und – 

wie Margit schon gesagt hat – an Flexi-

bilität. 

Manche Unterschiede zwischen 

Frauen und Männern sind 

naturgegeben, andere werden 

anerzogen. Frau Reiter, bemühen Sie 

sich, dass Ihre Tochter sich 

für Technik interessiert?

Reiter

_Ganz ehrlich? Die Viktoria spielt, 

womit sie will. Und das sind zu 99,9 Pro-

zent Puppen (lacht). Ich denke, sie wird 

sicher den Zugang zu technischen The-

men finden, wenn sie will, und sei es nur 

eines Tages mit digitalen Medien. Ich 

schaue aber nicht bewusst, dass sie jetzt 

schon technisch gefördert wird. 

Angerlehner

_Ich habe meinen Söhnen 

eine Puppe gekauft … aber sie haben sie 

nicht wirklich beachtet. Sie sind beide 

Techniker geworden. Ich sage immer: 

Egal ob Mädchen oder Junge, manche 

interessieren sich einfach nicht für Tech-

nik, das kann man nicht immer beein-

flussen. Was uns aber schon bewusst sein 

sollte: Wir erziehen unsere Kinder und 

lenken sie in bestimmte Richtungen. 

Wir sollten ihnen alle Möglichkeiten zei-

gen und dann merken sie eh, worin sie 

geschickt sind und worin nicht. 

Was ist Ihnen erst bewusst, 

seit Sie ein Kind haben?

Reiter

_Ich hätte mir zuvor nicht ge-

dacht, dass ich ein schlechtes Gewissen 

haben würde. Aber wenn man daran 

denkt, dass andere Mütter zwei Jah-

re daheim bleiben und alles nach dem 

Kind richten, dann kommt das schlechte 

Gewissen auf. Obwohl man weiß, dass 

man’s eigentlich nicht zu haben bräuchte, 

weil man ja trotzdem viel wertvolle Zeit 

mit dem Kind hat. Und noch etwas hat 

sich verändert, seit ich Mutter bin: Ich 

war immer – wie wahrscheinlich viele 

Frauen – sehr perfektionistisch veranlagt. 

Ich habe 120 Prozent gegeben, obwohl 

90 vielleicht auch gereicht hätten. Mit 

einem Kind hast du für Perfektionis-

mus keine Zeit mehr. Man lernt, es geht 

auch anders. Und man muss manchmal 

einfach improvisieren oder schneller ma-

chen und kann nicht mehr ständig über 

alles nachgrübeln. 

Was mir Sorgen macht_

Reiter

_Dass kein Schwerpunkt darauf gesetzt wird, 

die Qualität in der Kinderbetreuung zu erhöhen.

Geprägt hat mich_

Angerlehner

_meine Nachbarin. Weil sie Schneiderin war. Und ich habe als 

Kind immer fasziniert beobachtet, wie sie aus einem Riesenstück Stoff ein 

schönes Abendkleid gezaubert hat. 

Reiter

_meine Oma. Sie ist 96 geworden und hat immer gearbeitet. 

Die hat alles vereinbart, führte ein Gasthaus und hat bis zum Alter von 

94 mitgearbeitet. Sie war umtriebig, voll aktiv und sehr begeisternd. 

Die beste Entscheidung meines Lebens_

Angerlehner

_Mich selbstständig zu machen. 

Und natürlich, eine Familie zu gründen.

Reiter

_Ein Kind zu bekommen. Das war das schönste Geschenk der Welt. 

Was ich nicht mehr hören kann_

Reiter

_Dass Frauen so viele Nachteile haben. Wobei es natürlich welche 

gibt, die wirklich benachteiligt sind. Aber viele könnten es schon auch 

selbst in die Hand nehmen, etwas zu ändern.