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Tatjana

Oppitz

WU-Vizerektorin für 

Infrastruktur und 

Digitalisierung

Wir können 

nicht auf 

50 Prozent 

des Potentials

 

verzichten.

Mit zwölf nehmen ihre Eltern sie in Wien 

aus der Englischen Schule, Englisch kann 

sie ja jetzt. Und schreiben sie ins Lycée 

Français ein. „Ich habe kein Wort Franzö-

sisch verstanden, der gesamte Unterricht 

war auf Französisch. Und ich musste 

diesem Unterricht folgen“, erzählt Tat-

jana Oppitz, ehemalige Generaldirekto-

rin von IBM Österreich und seit Herbst 

2019 WU-Vizerektorin. Französisch hat 

sie schnell erlernt. Und noch etwas hat 

sie gelernt. Damals in der Schule und 

auch später bei allen weiteren Herausfor-

derungen: „Ich hab mich hineingestürzt. 

Ohne lange zu analysieren, was die Kon-

sequenzen sein könnten. Ich hab’s einfach 

gemacht.“ 

Ihr Lebenslauf liest sich ein 

bisschen wie eine Mutprobe. Sie 

haben jede Menge Erfahrung im 

Ausland gesammelt und sind ganz 

offensichtlich nicht vor großen, neuen 

Herausforderungen zurückgeschreckt. 

Ist es der Mut, den Frauen 

brauchen, damit es mehr weibliche 

Führungskräfte gibt?

Oppitz

_Das ist ein sehr guter Punkt. Ich 

nenne das immer so: Frauen kopfen sehr. 

Sie überlegen sich alles im Detail. Zum 

Beispiel, wenn sie eine Stelle angeboten 

bekommen, dann wird das genau analy-

siert: Kann ich das? Hab ich genug Erfah-

rung? Wie stelle ich sicher, dass ich das 

mit meiner Familie vereinbaren kann? 

Und dann kommt die Unsicherheit, weil 

sie vielleicht nicht zu 100 Prozent dem 

Anforderungsprofil entspricht. So den-

ken Männer nicht. Klar sind nicht alle so. 

Aber tendenziell sind Frauen vorsichtiger 

und hinterfragen alles. Dadurch entge-

hen ihnen Chancen. Manchmal muss 

man gewisse Dinge einfach annehmen. 

Und machen. 

Angenommen, eine Frau liest das. Und 

denkt sich: Okay, morgen fange ich an 

damit. Wie kann sie das anstellen?

Oppitz

_Zu meinen Mentees sage ich 

immer: Sucht eine Baustelle und zeigt, 

welche Fähigkeiten ihr habt. Um sichtbar 

zu werden, muss man etwas ganz Anderes 

zeigen als das, was sowieso erwartet wird. 

Das Schema „Das sind meine Aufgaben, 

die erfülle ich ganz toll“ funktioniert 

nicht. 

Sie setzen sich seit vielen Jahren 

für Frauenförderung ein und 

engagieren sich auch an der WU im 

Mentoringprogramm „Wise Women of 

WU“. Welche Unterstützung brauchen 

Ihre Mentees noch?

 

Oppitz

_Frauen sind manchmal etwas 

schüchterner und brauchen Hilfe, wie 

sie die Marke „Ich“ stärken und einen 

eigenen Marketingplan erstellen kön-

nen. Viele warten, bis ihr Chef sie beför-

dert. Das passiert aber nicht. Man muss 

es selbst in die Hand nehmen. Was ich 

auch immer rate: Durch Kompetenz be-

kommst du Akzeptanz, also bereite dich 

vor, lerne. Interessant ist, dass die Frage 

„Wie bewege ich mich in männerdomi-

nierten Welten als Führungskraft?“ im-

mer noch sehr präsent ist. 

Und wie bewegt man sich da am 

besten? Mit männlichem Verhalten?

Oppitz

_Nein, absolut nicht. Ich bin 

immer so geblieben wie ich bin. Ich hab 

mich immer gern geschminkt und mich 

immer sehr weiblich verhalten. Ich wür-

de nie einer Frau raten, sie solle sich wie 

ein Mann benehmen. Jeder Mensch be-

nimmt sich anders, und das ist ja gut so. 

Unter diesen Menschen sind aber 

zumindest in den Führungsetagen 

immer noch deutlich weniger Frauen. 

Woran liegt das? 

Oppitz

_An der Unternehmenskultur. 

Da muss man ansetzen. Wenn ich zu-

rückdenke an meine Zeit bei IBM – da 

gab es immer schon eine frauenfreund-

liche Unternehmenskultur, Frauen wur-