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Wenn man 

eh alles selbst 

machen kann, 

wozu braucht man 

dann noch eine 

zweite Hälfte

?

tektur studiert, Innenarchitektur war mir 

zu wenig. Und eigentlich wollte ich ins 

Ausland. Aber dann ist alles ganz anders 

gekommen. Ich bin vorübergehend wäh-

rend meines Diploms heimgekommen –  

daraus sind jetzt fünf Jahre geworden, 

mein Mann ist zu mir gezogen und dann 

haben wir gemerkt: Eigentlich ist’s gut 

da, wo wir sind. Mit einer jungen, kre-

ativen Szene, es ist ein Aufbruch spürbar. 

Viele, die auch in Wien studiert haben, 

sind wieder zurück aufs Land gekommen. 

Außerdem hab ich das Handwerk wieder 

schätzen gelernt. Es wurde wichtiger für 

mich als die Architektur. In der Architek-

tur ist man sehr oft eingeschränkt, in der 

Produktion gibt es fast keine Grenzen. 

Mein Vater hat mich aber nie darum ge-

beten, in die Firma einzusteigen, da wa-

ren meine Eltern immer vorsichtig, mich 

oder meine Schwester nicht zu drängen. 

Hätten Sie als Mann eine 

andere Karriere gemacht?

Norz

_Ich glaube, als Frau hat man die-

se Zukunftsangst etwas mehr. Man will 

in allem perfekt sein, trägt die Klischees 

noch in sich. Wahrscheinlich hätte ich 

als Mann nicht den Drang gehabt, alles 

so schnell wie möglich zu machen – weil 

man als Frau natürlich auch daran denkt, 

dass man irgendwann das Kinderthema 

unterbringen möchte. Vielleicht wäre ich 

in der Architektur geblieben. Und viel-

leicht ist es typisch weiblich, dass ich jetzt 

die Innenarchitektur mehr liebe. Weil es 

hier mehr um Menschen geht, darum, 

Lebensraum zu schaffen. Es ist ein wahn-

sinnig schöner Beruf, bei dem man viel 

Gefühl braucht. 

Zukunftsforscher sind sich einig: 

Diese Emotionale Intelligenz wird 

immer mehr Bedeutung bekommen. 

Gehört die Zukunft demnach den 

Frauen?

Norz

_Frauen rücken immer mehr in den 

Vordergrund. Wie wichtig das ist, sieht 

man auch am Weltgeschehen, wo rein 

männliches Machtgehabe selten gut geht. 

Es ist daher unerlässlich, dass mehr Frau-

en in verantwortungsvolle Positionen 

kommen. 

Dieser Wandel ist – wenn auch 

langsam – im Gange. Ein kleines 

bisschen häufiger werden Meldungen 

wie „Sie ist die erste Frau in diesem 

Amt“. Aber wie das so ist mit 

Veränderungen, nicht jeder findet 

sie gut. Erleben Sie auch einen 

Gegenwind zur Emanzipation der 

Frau?

Norz

_Manche tun sich schon schwer mit 

der Emanzipation. Aber es geht ja gar 

nicht darum, gleich zu werden, sondern 

gleichberechtigt. Jeder hat seine Vorzüge. 

Es würde keinen Sinn machen, wenn wir 

alle gleich werden wollen. Denn wenn 

man eh alles selbst machen kann, wozu 

braucht man dann noch eine zweite Hälf-

te?

Für eine Frauengeneration vor Ihnen 

war es noch nicht selbstverständlich, 

eine Matura abzulegen, geschweige 

Wenn ich ein Mann wäre_würde ich wahrscheinlich weniger nachdenken 

und besser schlafen können.

Sorgen macht mir_die Schnelllebigkeit und der Stress der Gesellschaft. 

Künstliche Intelligenz_hat keine Seele.

Geprägt hat mich_natürlich meine Herkunft, meine Familie und meine 

Freunde. Eine Schlüsselrolle auf meinem Lebensweg war sicher auch 

die Schulzeit, in der damals Mädchen in technischen Berufen noch sehr 

selten waren. 

In 30 Jahren werden Frauen_es hoffentlich endlich geschafft haben, 

weltweit die gleichen Rechte wie Männer zu haben. 

Der größte Irrtum der Menschheit_ist, zu glauben, wir stünden über der 

Natur, und uns nicht als Teil des Ganzen zu begreifen.

Was Männer über Frauen wissen sollten_dass das, was sie sagen, 

lange im Gedächtnis einer Frau bleibt.

Die besten Entscheidungen meines Lebens_entstanden jedes Mal, 

wenn ich meine Komfortzone durchbrochen habe.

Was ich der weiblichen Generation nach mir gerne sagen möchte_

Strebe nach Selbstfindung und Selbstentfaltung – sei keine Generation, 

sondern ein Individuum.

von Anna Norz

denn zu studieren. Heute stehen 

zumindest in der Ausbildung 

Frauen alle Türen offen. Nur 

welche ist die richtige?

Norz

_Wenn man alle Möglichkeiten hat, 

ist die Entscheidungsfindung keine einfa-

che. Nach dem Studium dachte ich mir: 

Eigentlich kann ich alles machen. Und 

jetzt bin ich genau da, wo ich großgewor-

den bin, wieder komplett am Ursprung, 

obwohl ich alle Möglichkeiten gehabt 

hätte und immer ins Ausland gehen woll-

te. Diese ganz große Bandbreite an Mög-

lichkeiten macht auch unsicher, weil man 

gar nicht mehr weiß, was das Richtige für 

einen ist. Welche Tür ich dann schließlich 

genommen habe, war eine Gefühlsge-

schichte, eine Herzensentscheidung. Und 

bis jetzt denke ich mir: Es war die richti-

ge Entscheidung. Ich stehe jeden Tag um 

sechs auf und wenn ich einen Dreizehn-

Stunden-Tag habe, ist das okay, weil ich’s 

mit Freude mache. Aber trotzdem: Man 

muss immer offen für Veränderung sein. 

Und sich nicht den Druck machen, alles 

genau so bis zum Lebensende machen zu 

müssen._