72
#Darstellung
des Lisl-Geists
folgerung: „Wir sind als Arbeitgeber ge-
nauso gefordert wie alle anderen auch,
die Rahmenbedingungen für unsere
Mitarbeiter bestmöglich zu gestalten,
und dürfen uns nicht darauf ausruhen,
dass die Arbeit per se Sinn stiftend ist.“
Für die im Pflegebereich zunehmend
schwierigere Suche nach neuen Mitarbei-
tern sei zu einem gewissen Teil auch das
schlechte Image, das in den Medien trans-
portiert werde, schuld. Die Elisabethinen
hätten aber einen sehr guten Arbeitge-
berruf und würden sich daher bei der
Mitarbeitersuche leichter tun. Schwester
M. Barbara Lehner, Generaloberin und
Geschäftsführerin, führt das „auf eine ge-
wachsene Kultur“ zurück: „Ich höre von
Mitarbeitern immer wieder, dass wir eine
gute Atmosphäre im Haus haben. Mitar-
beiter fühlen sich nicht wie eine Nummer,
sondern bekommen das Gefühl vermit-
telt, dass wir sie brauchen und sie jetzt
zu uns gehören. Die Arbeitszone soll eine
gute, wertvolle Lebenszone sein, wo man
sich ein bisschen wie zu Hause fühlt.“
Hawel ergänzt: „Wir haben eine starke
Wertebasis und dazu tragen auch die geist-
lichen Schwestern einen großen Teil bei.
Wenn man durch die Gänge geht und ei-
ner Ordensschwester begegnet, wird man
gefragt, wie es einem geht. Es ist schön,
über das Berufliche hinaus wahrgenom-
men zu werden und vom Arbeitgeber das
Gefühl vermittelt zu bekommen, dass er
dir dankbar ist.“
Auf den Lorbeeren ausruhen könne man
sich aber nicht, so Schwester Barbara Leh-
ner: „Wir müssen sehr viel tun, damit wir
diese Atmosphäre und Kultur erhalten
und weiterentwickeln.“ Daher wurde vor
zwei Jahren ein Markenprozess gestaltet
und als Ergebnis ein Markenrad mit den
drei Werten „prophetisch“, „begleitend“
und „froh machend“ entwickelt. „Das
war ganz wichtig, damit von außen sicht-
bar ist, wofür wir stehen und potentielle
Mitarbeiter entscheiden können, ob das
auch ihren Wertvorstellungen entspricht“,
so Hawel. Man habe damit in gewisser
Weise den „Lisl-Geist“ beschrieben. Im
zweiten Schritt wurde 2019 die soge-
nannte „Elisabethinen-Führungs-DNA“
entwickelt. Dafür hat die Unternehmens-
leitung mit weltlichen und geistlichen
Teammitgliedern die Werte und Haltun-
gen für Führungskräfte erarbeitet und in
einem DNA-Strang bildlich dargestellt.
Hintergrund dazu: Es zeige sich, dass der
Fachkräftemangel in Bereichen mit tollen
Führungskräften weniger dramatisch sei.
Die Arbeitszone soll eine gute,
wertvolle Lebenszone sein,
in der man sich ein bisschen
wie zu Hause fühlt.
Schwester M. Barbara Lehner
Generaloberin
und Geschäftsführerin,
Elisabethinen Linz-Wien
#Erfolgsrezept
: Mitarbeiter
Der Linzer Fertigungssoftwarean-
bieter Industrie Informatik ist in den
vergangenen Jahren rasant gewachsen.
Das knapp 30 Jahre alte Unternehmen
erwirtschaftete zuletzt dreizehn Millio-
nen Euro, in den vergangenen zweiein-
halb Jahren wuchs die Mitarbeiteran-
zahl von 77 auf 120. Auf die Frage nach
dem Erfolgsrezept sagt Geschäftsführer
Bernd Steinbrenner: „Ich weiß, das sa-
gen viele, aber ich mache das wirklich
mit dem Brustton der Überzeugung:
Unsere Mitarbeiter machen den Unter-
schied und damit den Erfolg aus.“
Man sehe sich als eine Familie, es gebe
eine „unheimlich starke Community“
innerhalb des Unternehmens: „Bei uns
menschelt es extrem.“ Industrie Infor-
matik habe viele langjährige Mitarbeiter
und junge Kollegen schätzen am Unter-
nehmen, dass sie in relativ kurzer Zeit
viel Verantwortung übertragen und je-
derzeit Unterstützung bekommen. „Wir
reizen nicht die komplette Leistung un-
serer Mitarbeiter von Anfang an aus und
verbrennen die Leute nicht.“ Es wurde
ein Konzept für den Wissenstransfer im
Unternehmen entwickelt. „Unsere Ent-
wicklungsabteilung stampft mit wenigen
Leuten Unglaubliches raus – darauf dür-
fen wir wirklich stolz sein und dafür ist
auch unser Betriebsklima ganz entschei-
dend.“ Das alles helfe bei der Mitarbei-
tersuche, aber in manchen Bereichen,
wie etwa bei der Programmierung, sei
die Suche trotzdem sehr schwierig. Dazu
Steinbrenner: „Darum versehen wir uns
jetzt auch mit Technologien, die kein Co-
ding-Wissen mehr brauchen, und diese
stellen wir auch unseren Kunden zur Ver-
fügung. Diese haben genau das gleiche
Problem und wir wollen uns ja nicht ge-
genseitig die Programmierer abluchsen.“
Das Unternehmen ist laut eigenen An-
gaben in Österreich einer der führenden
MES-Anbieter und gehört in Deutsch-
land zu den Top Ten. MES ist die Ab-
kürzung für Manufacturing Execution
System, dieses ist ein Teil eines Ferti-
gungsmanagementsystems und für die
Produktionssteuerung verantwortlich.
„Unsere Kunden setzen unsere Software
ein, um zu sehen, wo sie im Produkti-
onsprozess stehen und wo es noch Op-
Wir reizen nicht die komplette
Leistung unserer Mitarbeiter
von Anfang an aus und
verbrennen die Leute nicht.
Bernd Steinbrenner
CCO und Mitglied der
Geschäftsführung,
Industrie Informatik
timierungsbedarf gibt.“ Beispiele für
Kunden sind etwa der Industriezulieferer
Miba, der größte europäische Passagier-
schiffbauer Meyer Werft oder der nieder-
österreichische Metallverarbeiter Welser
Profile.
Wenn Menschen immer stärker auf der
Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit
sind, müsste die Arbeit im Sozial- und
Gesundheitsbereich eigentlich zuneh-
mend beliebter werden. Dem ist aber
nicht so, die Branche sucht händerin-
gend nach Mitarbeitern. Tina Hawel,
Mitglied der Geschäftsleitung der
Elisabethinen Linz-Wien mit 5.000
Mitarbeitern, warnt vor dieser Schluss-