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01
Das Thema „Vereinbarkeit
von Familie und Beruf“ ist seit
einigen Jahren dauerpräsent. Aber
welche konkreten Verbesserungen
gibt es in diesem Bereich für
Familien in Österreich?
Wenn ich auf meine achtjährige
Tätigkeit bei der Familie und Beruf
Management GmbH zurückblicke, ist
es faszinierend, was sich in dieser Zeit
getan hat. Wenn man tief in diesem
Thema drinnen ist, dann sieht man sehr
gut, wie viele Akteure sich dem Thema
annähern und auch wirklich etwas tun.
Medial werden viele Dinge oft erst zwei
bis drei Jahre später gesehen. Wir ha-
ben jetzt eine wirklich gute Zeit, in der
wir politisch stark wahrgenommen wer-
den und dadurch bekommen wir auch
noch mehr Möglichkeiten, die einzelnen
Stakeholder zu unterstützen.
02
Nach wie vor wird über fehlende
Kinderbetreuungseinrichtungen
geklagt – Oberösterreich
ist Schlusslicht im
Bundesländervergleich …
Als Koordinierungsstelle ist es nicht
unsere Aufgabe, Forderungen zu kom-
mentieren oder zu stellen, sondern wir
schauen gemeinsam mit Unternehmen
und Gemeinden, wie man aus den Ge-
gebenheiten das Beste für alle Beteilig-
ten rausholen kann. Die Frage, die wir
uns stellen, lautet: Was kann das Unter-
nehmen nach Politik und Gesellschaft
zusätzlich tun, um seine Arbeitnehmer
im Bereich Vereinbarkeit von Familie
und Beruf weiter zu unterstützen? Häu-
fig gibt es bereits Angebote, die aber
nicht genutzt werden, weil sie an den
bestehenden Bedürfnissen vorbeige-
hen. Da ist es dann wichtig, nachzufra-
gen, woran es scheitert. Oft sind es nur
Kleinigkeiten, die man adaptieren muss.
Insgesamt gilt: Mit kleinen Maßnahmen
erzielt man oft schon große Wirkungen
– es braucht nicht immer gleich den
Betriebskindergarten. Häufig ist Eltern
schon sehr geholfen, wenn sie vom
Arbeitgeber Hilfe in Randzeiten oder
in den Sommerferien bekommen. Das
kann dann eine Kinderbetreuung am
Arbeitsplatz oder auf diese Zeiten be-
schränkte flexiblere Arbeitszeiten und
Homeoffice sein. Es gibt immer viele
verschiedene Lösungswege und unse-
re Aufgabe ist es, bei deren Erarbeitung
zu unterstützen.
ELISABETH
WENZL
Elisabeth Wenzl arbeitet seit acht Jahren bei der Familie und Beruf Manage-
ment GmbH
, einer Koordinierungsstelle für Vereinbarkeitsmaßnahmen im
Eigentum der Republik Österreich. Die Familie und Beruf Management GmbH
hilft Unternehmen sowie Gemeinden mit ihren Audits „berufundfamilie“ und
„familienfreundlichegemeinde“ bei der Entwicklung und Umsetzung von famili-
enfreundlichen Maßnahmen, der Prozess wird alle drei Jahre wiederholt. Weiters
koordiniert man die Initiative „Unternehmen für Familien“ – ein Netzwerk,
über das sich Unternehmen und Gemeinden sowohl offline als auch online aus-
tauschen können.
Familienfreundlichkeit
der Unternehmen leicht gestiegen
erreichten die Unternehmen als Wert
im Durchschnitt auf der Skala des
berufundfamilie-IndexAT
(100 =
sehr familienbewusst) – damit sind
die österreichischen Unternehmen
etwas familienfreundlicher geworden,
2012 war der Wert noch bei 66,7.
Quelle_Studie 2019, im Auftrag des Bundeskanzleramtes und der Familie und Beruf Management GmbH
besitzt für die
österreichischen
Unternehmen einen
hohen Stellenwert –
durchschnittlich
5,9 von 7 möglichen
Punkten. Im Vergleich
zu 2012 ist die
Bedeutung des
Themas damit
nochmals gestiegen,
damals waren es 5,6.
_eine größere Anzahl an Bewerbungen
_ein familienbewussteres Image
_motiviertere und produktivere Beschäftigte
_eine höhere Mitarbeiter- und Kundenbindung
_weniger Eigenkündigungen
der insgesamt 19 erhobe-
nen betriebswirtschaftli-
chen Kennzahlen schnitten
SEHR FAMILIENFREUND-
LICHE UNTERNEHMEN
deutlich besser ab und
haben etwa:
03
Gibt es einen Bereich, in
dem Unternehmen in Bezug auf
Familienfreundlichkeit noch
größeren Aufholbedarf haben?
Ja, in Bezug auf familienfreundliches
Employer Branding – also das Thema
auch in die Entwicklung der Arbeit-
gebermarke einfließen zu lassen und
ausführlich zu kommunizieren. Wir sind
in den vergangenen Jahren draufge-
kommen, dass ganz viele Unternehmen
schon sehr viel für die Familienfreund-
lichkeit machen, aber dies zu wenig
sowohl nach außen an potentielle
Arbeitnehmer als auch nach innen an
ihre eigenen Mitarbeiter kommunizie-
ren. Wenn sich jemand bei bestehen-
den Mitarbeitern erkundigt und diese
wissen nichts von familienfreundlichen
Maßnahmen im Unternehmen, dann ist
das eine vertane Chance und unglaub-
würdig.