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„Das Entscheidende ist, dass es uns schwerfällt, von 

erfolgreichen Konzepten Abstand zu nehmen –  

die sind ja nicht umsonst erfolgreich. Stellen Sie 

sich vor, Sie müssen jemandem, der seit 50 Jah-

ren ein bestens funktionierendes Geschäftskon-

zept verfolgt, erklären, dass sein Konzept in den 

nächsten zehn Jahren nicht mehr funktionieren 

wird. Das ist mehr als eine Herausforderung“, 

erklärt Zukunftsforscher Franz Kühmayer. „Das 

ist ein wesentlicher Grund, warum es oftmals so 

lange dauert, bis wir Menschen tatsächlich auf 

Veränderungen, die um uns herum stattfinden, 

reagieren.“ Dabei sind Flexibilität und permanen-

te Veränderungsbereitschaft zwei der wichtigsten 

Eigenschaften unserer Zeit. Aber wieso erzählt 

uns das Herr Kühmayer überhaupt? Weil wir wis-

sen wollen, wie es um den Produktions- und In-

novationsstandort Österreich bestellt ist – heute 

und in Zukunft. Eines vorweg: Es gibt noch viel 

Verbesserungsbedarf und auf Österreich wartet 

ein gutes Stück Arbeit, um für die Zukunft ge-

rüstet zu sein. Doch bevor hier die traditionelle 

Raunzerei losgeht, zuerst einmal ein paar grund-

legende Klarstellungen.

ÖSTERREICH HAT GUTE 
VORAUSSETZUNGEN

„Eine große Stärke Österreichs sind die Arbeits-

kräfte. In unseren heimischen Betrieben sind 

hochqualifizierte und tolle Mitarbeiter angestellt. 

Wir haben weder Rohstoffe noch können wir Öl 

oder Ähnliches verkaufen und trotzdem haben 

wir weltweit erfolgreiche Unternehmen. Unser 

Rohstoff befindet sich also quasi in den Köpfen 

der Menschen. Und mit diesen klugen Köpfen 

gelingt es, viele Probleme dieser Welt mit Lösun-

gen ‚made in Austria‘ zu bewältigen“, so Joachim 

Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriel-

lenvereinigung Oberösterreich. Als Interessenver-

treter der Industriebetriebe kennt er die Stärken 

und Schwächen des heimischen Standorts nur 

zu gut. Auch Michael Schernthaner, Geschäfts-

führer des Packaging Konzerns Schur Flexibles, 

schlägt in eine ähnliche Kerbe, wenn es um die 

Stärken der österreichischen Wirtschaft geht: 

„Die Arbeitsmoral in Österreich ist eine wirklich 

gute. Wir erleben ein hohes Verantwortungsbe-

wusstsein und eine stark qualitätsorientierte Ar-

beitsweise. Das hilft der Produktion, das hilft der 

Wirtschaft und schafft Vertrauen zwischen Unter-

nehmen und Mitarbeitern. Diese Arbeitsweise ist 

nicht selbstverständlich und wir liegen damit 

weltweit gesehen sicherlich über dem Standard.“ 

Schernthaner muss es wissen, sein Unternehmen 

produziert immerhin an 22 Standorten in elf 

Ländern. Keine dieser Produktionen befindet sich 

jedoch in Österreich – dazu später mehr. Neben 

den Tugenden der Arbeitskräfte gibt es aber auch 

auf gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene 

Faktoren, bei denen Österreich gute Startvoraus-

setzungen bietet, um als Standort der Zukunft 

eine tragende Rolle zu spielen: „Wir leben in 

einem sehr demokratischen Staat. Wenn ich in 

die unmittelbaren Nachbarländer wie Polen oder 

Ungarn schaue, erleben wir dort eher bedenkliche 

politische Entwicklungen. Dem österreichischen 

Gesellschaftssystem gelingt eine gute Balance 

zwischen Freiheit und Solidarität. Außerdem 

ist Österreich ein neutrales Land und hat eine 

mittelständisch geprägte Wirtschaft. Die Wirt-

schaftskraft ist also nicht abhängig von wenigen 

großen Unternehmen“, sieht Zukunftsforscher 

Kühmayer eine gute Basis. Aber genau diese gute 

Basis ist es auch, in der große Gefahren lauern.  

IN DER KOMFORTZONE LEBT 
ES SICH LEICHTER

Österreich hat sich den Luxus erarbeitet, in Wohl-

stand und Sicherheit zu leben. Dieser Zustand ist 

vor allem den genannten Tugenden des Landes 

Qualität und Verantwortungsbewusstsein sind Gütesiegel der österreichischen 
Wirtschaft. „Made in Austria“ ist eine bewährte Marke. Doch aufgepasst! 
Genau in dieser Stärke lauern Gefahren für den Innovationsgeist. In einer 
schnelllebigen Zeit verliert Österreich zunehmend an Dynamik. Um auch 
in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, muss über eine Neupositionierung 
nachgedacht werden. Und das besser heute als morgen, denn die Konkurrenz 
schläft nicht …