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geratene Produkte und so ist man auch wieder auf
die Aroniabeere zurückgekommen – davon gibt’s
Säfte, Gelee und sogar einen Schnaps von Hans Rei-
setbauer.
HIEGELSBERGER
_In Vergessenheit geratene Pro-
dukte wiederzubeleben, ist ein großes Thema! Ein-
gelegtes Gemüse, Tomatenraritäten, alte Apfelsorten
oder die Vielfalt an Käsesorten – früher gab es einen
Schaf- und einen Ziegenkäse, heute gibt es ganz vie-
le verschiedene Sorten davon.
Was sind denn für Sie die typischen
oberösterreichischen Genussprodukte?
HIEGELSBERGER
_Ganz eindeutig die Knödel. Au-
ßerdem sind wir das Schweinebundesland Nummer
eins, also zählt natürlich der Schweinsbraten dazu,
das Schnitzel in allen Varianten. Nicht zu vergessen
der Most und das Bier. In diesen Bereichen sind wir
sehr stark und haben fast ein Alleinstellungsmerk-
mal in Österreich.
Oh, und was ist mit der steigenden
Anzahl der Vegetarier?
HIEGELSBERGER
_Die sind genauso herz-
lich willkommen in Oberösterreich. Neben der
Fleischproduktion wächst in Oberösterreich eine
breite Vielfalt an Gemüsesorten und Obstkulturen –
denken Sie an Spargel, Marillen, Nüsse, Wein. Diese
Breite nimmt laufend zu, weil sie ja Gott sei Dank
auch verlangt wird.
Setzen demnach immer mehr Landwirte
auf Gemüseanbau anstelle der
Viehzucht?
HIEGELSBERGER
_Nein, das würde auch nicht
funktionieren – es kann nicht in jeder Gemeinde
fünf Gemüsebauern mit Direktvermarktung geben.
BAUMSCHLAGER
_Das regelt sich aber eh unter-
einander. In Sierning haben wir zum Beispiel zwei
Jungbauern, die Kernöl erzeugen. Ich beziehe das
Kernöl von beiden, einmal beliefert mich der eine,
einmal der andere, die machen sich das selbst aus.
Auch beim Spargel aus Eferding wechseln sich zwei
Bauern ab.
HIEGELSBERGER
_Was man auch nicht ausblen-
den darf: Die Wertschöpfungskreisläufe müssen
funktionieren. Es geht natürlich nicht, dass zehn
Bauern nebeneinander Schweinefleischdirektver-
marktung anbieten. Ich bin ein Verfechter davon,
dass Orte ein gewisses Regionsgefüge brauchen,
damit der Kreislauf zwischen Landwirtschaft und
Gewerbe funktionieren kann.
Das heißt, der Wirt vom Ort soll
beim heimischen Metzger das Fleisch
beziehen, beim Gemüsebauern nebenan
das Gemüse und so weiter.
Aber was, wenn er für den regionalen
Spargel doppelt so viel wie beim
Gemüsehändler in Chile bezahlt?
HIEGELSBERGER
_Märkte politisch zu beeinflus-
sen, hat sich in der Vergangenheit immer als der
falsche Weg herausgestellt. Wir sind überzeugt, dass
Bewusstseinsbildung möglich ist. Vor allem im Er-
nährungsverhalten. Spätestens, wenn Kinder in eine
Familie kommen, verändert sich die Ernährung und
der Bezug zu Lebensmitteln völlig. Und das Ver-
trauen zum Produzenten oder zum Gastronomen,
der das Produkt verarbeitet, spielt dann plötzlich
eine wichtige Rolle. Hinzu kommt der grundsätz-
liche Stolz auf die heimischen Produkte und auch
auf die gepflegte Region, in der wir leben. Diese
Verbindung von Produkten und Region braucht es
immer. Wenn wir in diesem Kreislauf denken und
die Partnerschaften leben, dann funktioniert es auch
ohne Eingreifen der Politik.
Welche Bedeutung hat diese
Verbindung von Regionen und
Produkten für den Tourismus?
HIEGELSBERGER
_Unsere regionale Kulinarik
muss die Visitenkarte von Oberösterreich werden.
Nehmen wir als Beispiel die Champagne mit dem
Champagner, Bordeaux mit dem Bordeauxwein,
Gute Gespräche gehen
durch den Magen. Links:
Max Hiegelsberger, rechts:
Reinhold Baumschlager.