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Joachim Haindl-Grutsch  

Geschäftsführer, 

OÖ Industriellenvereinigung

„Die Weltwirtschaft ist nach Corona 
eine andere als sie vorher war“, haben 
Sie kürzlich in einem ORF-Interview 
gesagt. Inwiefern?

HAINDL-GRUTSCH

_Die Krise hatte bereits Aus-

wirkungen auf die österreichische Wirtschaft, als 

sie noch auf China beschränkt war. So manche glo-

bal agierende heimische Betriebe sahen sich schon 

mit Verzögerungen oder sogar Unterbrechungen 

ihrer Lieferketten konfrontiert, bevor das Virus in 

Österreich angekommen ist. Damit zeigt die Krise 

wirtschaftliche Abhängigkeiten deutlich auf, über 

die sich unsere Unternehmen Gedanken machen. 

Unternehmen und ganze Branchen erleben gerade 

die Nachteile einer zu großen Abhängigkeit von 

einzelnen Lieferanten oder auch Weltgegenden 

wie zum Beispiel China. Man wird sich in teils 

umfangreichen Prozessen überlegen, wie man die 

Erfahrungswerte, die derzeit gesammelt werden, 

für die Zukunft nutzen kann, um die Wider-

standsfähigkeit der Lieferketten gegenüber solch 

unvorhersehbarer Ereignisse wie der „Coronakri-

se“ zu erhöhen. Einige Unternehmen werden sich 

wahrscheinlich in der Folge breiter diversifizieren, 

also beispielsweise bei Zulieferungen auf mehrere 

Partner aus verschiedenen Regionen setzen oder 

verstärkt eigene Produktionen aufbauen. Welche 

konkreten Ausgestaltungen diese Veränderungen 

haben werden, kann aber nur die Zukunft zeigen.

Michael Schernthaner

CEO, Schur Flexibles

Schur Flexibles hat 22 Standorte in 
elf Ländern: Wie machen sich die 
Auswirkungen des Coronavirus im 
Unternehmen bemerkbar? Inwiefern 
gibt es länderspezifische Unterschiede?

SCHERNTHANER

_Die Gesundheitsbehörden 

können in Europa schnell tiefgreifende und sehr 

individuelle Entscheidungen treffen. Rahmenbe-

dingungen, wie etwa Einschränkungen der Trans-

portwege, verändern sich an unseren Standorten 

derzeit täglich. Daher haben wir entsprechende 

Krisenteams im Einsatz, die den laufenden Betrieb 

in Abstimmung mit den Behörden koordinieren 

und wichtige Präventionsarbeit vor Ort leisten.

Krise bedeutet auf Chinesisch 
gleichzeitig Chance. Aber was könnte 
die Chance so einer Krise sein?

SCHERNTHANER

_Eine Krise wie diese zeigt die 

Grenzen der Belastbarkeit eines Systems auf – sei 

es im Wirtschaftsleben, in Kundenbeziehungen, 

im Gesundheitssystem oder im eigenen Unter-

nehmen. Mit dem Sichtbarwerden dieser Grenzen 

haben wir die Chance, deren Bedeutung besser 

zu verstehen und Verbesserungen für die Zukunft 

zu schaffen. Bezugnehmend auf unsere Unter-

nehmensgruppe rücken wir trotz Reisebeschrän-

kungen noch enger zusammen, denn es braucht 

jetzt das Miteinander, um die tiefgreifenden He-

rausforderungen dieser Krise zu meistern. Die Di-

mension der politischen Restriktionen ist bislang 

einzigartig, dementsprechend werden auch viele 

Entscheidungen in der Wirtschaft zum ersten Mal 

getroffen – wir schaffen damit Erfahrungswerte für 

kommende Generationen. Es ist eine Chance oder 

eben gerade eine Herausforderung, sich auf Exper-

ten zu verlassen, die seit langer Zeit solche oder 

ähnliche Situationen trainieren und erforschen. 

Wir müssen hier vorsichtiger sein, Meinungen zu 

aggregieren – Panik ist kein guter Ratgeber!

Was sind in der aktuellen Lage die 
größten Herausforderungen für Schur 
Flexibles?

SCHERNTHANER

_Das Informationsbedürfnis 

von Kunden und Partnern hat sich enorm erhöht. 

Wir sehen zudem, dass unsere produzierenden 

Kunden den Wünschen der Endkonsumenten 

nachkommen wollen und dementsprechend auch 

auf Bevorratung setzen. Unsere Teams sind in vol-

lem Einsatz, um all diesen gesteigerten Anforde-

rungen gerecht zu werden. Aufgrund von Reisever-

boten und eingeschränkten Produktionsbesuchen 

müssen wir allerdings damit rechnen, dass sich 

Produktentwicklungen und Neuaufträge um eini-

ge Wochen verschieben werden.

Wie gehen Sie mit der momentanen 
Situation um? Welche Maßnahmen trifft 
das Unternehmen?

SCHERNTHANER

_Als produzierendes Unter-

nehmen unterliegen unsere Standorte bereits den 

höchsten Hygienestandards für Lebensmittel. Die-

se Hygienemaßnahmen haben wir nun auch auf 

unsere nichtproduzierenden Bereiche ausgeweitet. 

Ansonsten halten wir natürlich auch die behördli-

chen Vorgaben ein und legen großen Wert darauf, 

alle Sicherheitsvorkehrungen an Kunden, Mit-

arbeiter und Lieferanten klar zu kommunizieren. 

Und nachdem Homeoffice in unserer Verwaltung 

ohnehin im Alltag integriert ist, können wir mit 

Hilfe der technischen Möglichkeiten unsere Zu-

sammenarbeit auch weiterhin fortführen._

Unternehmen und ganze 
Branchen erleben gerade die 
Nachteile einer zu großen 
Abhängigkeit
 von einzelnen 
Lieferanten oder auch 
Weltgegenden wie  
zum Beispiel China.