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vorbereiten. Frauen machen sich weniger Ge-

danken darüber“, erzählt Gesswein-Spiessber-

ger und empfiehlt, sich schon in rosigen Zeiten 

gemeinsam immer wieder zu überlegen: Wie 

könnten wir uns ein Leben nach einer Schei-

dung vorstellen? „Zu wissen, dass man auch ohne 

seinen Partner sein Leben gut meistern könnte, 

ist ein gutes Gefühl. Es führt zu einem schö-

nen, gemeinsamen Lebensgrundsatz: Wir müs-

sen nicht miteinander, sondern wir wollen das.“ 

Richtig strittige Scheidungen seien in der Kanz-

lei die Ausnahme. Gesswein-Spiessberger: „Wir 

hatten in unserer Kanzlei erst zwei Scheidungen, 

die wir mit allen Rechtsmitteln durchprozessie-

ren mussten. In einer davon vertraten wir einen 

70-jährigen Mann, der eine 40-jährige Frau ge-

heiratet hatte, die gewalttätig wurde und im 

Scheidungsprozess hohe Ansprüche stellte.“ Am 

besten sei es, rechtzeitig vorzusorgen und Rege-

lungen zu treffen. Oder man schlage den Weg 

der strittigen Scheidung ein, vergleiche sich aber 

dann, denn „bei einer richtig strittigen Scheidung 

habe ich noch nie einen Gewinner gesehen.“_

#Szenario 1

 

Romeo und Julia gründen  

 

gemeinsam ein Unternehmen

„Bei einer gemeinsamen Gründung sollten die 

Beteiligungsverhältnisse so gewählt werden, wie sie der 
Realität entsprechen“, rät Gesswein-Spiessberger. „Wenn 
etwa vom Know-how, den eingebrachten finanziellen Mitteln 
und den Haftungen her auf Augenhöhe gearbeitet wird, 
dann sollen die Beteiligungsverhältnisse bei der Gründung 

gerecht aufgeteilt werden. Für den Scheidungsfall können 

Unternehmensverbleib, Ausgleichszahlungen und die 

Abtretung der Firmenanteile durch gesellschaftsrechtliche 

Regelungen genau geregelt werden.“ Ein großer Fehler in den 

Augen der Anwältin sei, das Private zu lösen, aber beruflich 

im Unternehmen gemeinsam weiterzuarbeiten. „Das machen 

viele, aber es funktioniert nur in den wenigsten Fällen und 
scheitert meist ganz, wenn ein neuer Partner ins Spiel kommt.“ 
Gesehen habe man in der Gmundner Kanzlei schon einiges, 
wie etwa „Paare, die keine Regelung hatten und sich dann 

im Scheidungsverfahren gegenseitig als Geschäftsführer 
abberiefen und die Firma dann führerlos herumgondeln 
ließen.“ 

#Szenario 2

 

Tristan kümmert sich um die 

 

Kinder, Isolde ist Unternehmerin

„In diesem Fall sollten sich beide Partner schon vor 

oder bei Eheschließung überlegen, wie die Versorgung 
des Partners, der sich um Haushalt und Kinder 

kümmert, sichergestellt werden kann. Die Ehe ist ein 

Versorgungsvertrag“, sagt Gesswein-Spiessberger. 

Die Schwierigkeit für die Hausfrau oder den -mann 
sei, dass ein Unternehmer im Scheidungsfall einen 

gewissen Spielraum hätte: „Alles, was im Unternehmen 

ist, ist nicht aufteilungsrelevant. Ein Unternehmer 
kann im Streitfall seine Einnahmen oder sein Gehalt 

drosseln oder seine Zugewinne als notwendigen 
Investitionsbedarf anführen. Als Anwalt muss man 

hier gute Kenntnisse vom Wirtschaftsrecht haben, um 

eine faire Lösung für beide Seiten zu finden und eine 
dauerhafte Versorgung des sozial schlechter gestellten 
Partners zu gewährleisten. Eine Möglichkeit ist die 
Versorgungsrente, die aus einer Privatstiftung, aus 
Veranlagung oder auch aus einem Betrieb gezahlt 
wird – unabhängig von der Einkommenssituation des 
Unterhaltspflichtigen “, erklärt Gesswein-Spiessberger 
und ergänzt: „Umgekehrt kann man den Unternehmer 
und sein Unternehmen vor einer möglichen 

Zerstückelung der Firma und im Ernstfall sogar vor 

einem finanziellen Ruin durch den anderen Partner 
schützen.“ Viele Unternehmerpaare seien aber von 
Beginn für eine faire Lösung zugänglich.

 
Es gibt keine Gewinner 
bei einer richtig strittigen 
Scheidung.

Christina Gesswein-Spiessberger

Rechtsanwältin, Maximilianhof