66
Eine einvernehmliche Scheidung
ist immer mein Ziel.
Helmut Kunz
Scheidungs- und Familienrechtsanwalt
#Szenario 3
Adam ist Gesellschafter im
Familienunternehmen,
Eva arbeitet mit
„In Familienunternehmen spielen Ehe- und
Gesellschaftsverträge eine große Rolle, weil
damit das Familienvermögen gesichert
werden soll und die Unternehmensanteile
im Besitz der Kernfamilie bleiben sollen“,
sagt Gesswein-Spiessberger. Für einen
Partner, der im Unternehmen mitarbeitet,
sei besondere Vorsicht geboten: „Wenn
eine Gesellschafterstellung übernommen
wird, dann sollte man darauf achten, auch
wirklich die angemessene Beteiligung zu
bekommen, da sonst ein bestehendes und
noch dazu altes Familienvermögen nicht den
Aufteilungsregelungen unterliegt.“ Oft würden
Partner, die im Betrieb mitarbeiten, den
Fehler machen, aus steuerlichen Gründen kein
angemessenes Gehalt zu beziehen. „Manche
stecken sogar ihre gesamten Ersparnisse in
das Unternehmen des Partners ohne daran
beteiligt zu sein.“ Im schlimmsten Fall würde
der Partner dann nach der Scheidung leer
ausgehen und nur eine Minipension erhalten.
Einmal einvernehmlich, bitte!
„Mit einer Scheidung geht ein Lebensabschnitt in einer Art
und Weise zu Ende, wie er überhaupt nicht vorausgeplant
war. Das ist etwas extrem Einschneidendes“, sagt Scheidungs-
und Familienrechtsanwalt Helmut Kunz. Seit fast 20 Jahren
begleitet er seine Mandanten in Scheidungsverfahren, 2002
publizierte er das Buch „Der Scheidungsvergleich“ zur
einvernehmlichen Scheidung. „Es ist immer mein Ziel, eine
Scheidung einvernehmlich zu regeln.“ Doch wie vermeidet man
einen Rosenkrieg?
# TRENNUNG VON SACHEBENE UND EMOTIONEN
„Ein zentraler Fehler bei Scheidungsverfahren ist, dass die
Betroffenen anfangs die emotionale Ebene nicht von der
Sachebene trennen können“, erklärt Kunz. „Emotionen brau-
chen andere Aufarbeitungsmechanismen. Sie sind streng von
den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu trennen.“ Den meis-
ten Mandanten sei das aber bereits nach der ersten Sitzung
bewusst. „Ich bin hier sehr konsequent und mache ihnen klar,
dass wir sonst nicht weiterkommen werden.“ Einen Konnex von
Sachebene und Emotionen gibt es nur beim Ehegattenunter-
halt, weil dieser vom Verschulden abhängig ist. „Die Verschul-
densfrage ist sehr emotional, das ist klar. Sie muss aber für die
Unterhaltsverpflichtung geklärt werden.“
# REFLEKTIEREN UND SORTIEREN
Für das Scheidungsverfahren bittet Kunz seine Mandanten, ei-
nen Ehebericht zu schreiben. „Damit bekomme ich ein besseres
Verständnis für die Beziehung und kann eine gute Lösung für
beide erarbeiten“, begründet Kunz. Der Ehebericht helfe seinen
Mandanten, die Ehe zu reflektieren und Emotionen zu sortieren.
„In dieser Streitphase zieht man sich gegenseitig nach unten.
Wenn man alles emotional Revue passieren lässt, dann kommt
man aus dieser Spirale heraus und kann sich auf alle Scheiduns-
folgen konzentrieren.“
# EIN WECHSELSEITIGES VERSTÄNDNIS ENTWICKELN
„Das Wichtigste ist, dass ein wechselseitiges Verständnis der
Noch-Ehepartner entwickelt wird“, meint Kunz. Dafür müsse
jeder seinen Standpunkt exakt definieren. „Bei manchen Ge-
sprächen sitzt mein Mandant neben mir und ich rede mit dem
Ehegatten. Das entspannt die Situation.“ Viele Paare hätten ver-
lernt, sich gegenseitig zuzuhören. Spätestens beim Scheidungs-
verfahren müsse man eine Kommunikation in Gang bringen, die
schon über einen längeren Zeitraum nicht stattgefunden habe.
„Nur dann schafft man einen Neubeginn für alle: Denn Schei-
dung ist nicht nur ein Ende, sondern auch ein Anfang.“