Page 4 - KarriereMACHER_Herbst 2021
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WIE DIE



      GLEICHUNG


      AUFGEHT





          Geht es um Chancengleichheit und Gleichbehandlung, gibt es hierzulande noch einiges an
          Aufholbedarf. Im EU-weiten Gender Equality Index liegt Österreich unter dem Durchschnitt.
          Doch was machen Länder wie Schweden, Dänemark und Frankreich besser? Und wie ist die
          (arbeits)rechtliche Lage in Österreich zu bewerten?

                           Um diese Fragen zu beantworten, haben wir uns   „In Österreich gibt es ein einkommensabhän-
                           mit Francine Brogyányi und Lisa Kulmer zum Ge-  giges Kinderbetreuungsgeld“, erklärt Kulmer.
                           spräch verabredet. Die beiden Rechtsexpertinnen   „Geht  nur  ein  Elternteil  in  Karenz,  kann  das
                           von Dorda kennen nicht nur die gesetzlichen Re-  Kinderbetreuungsgeld für ein Jahr in Anspruch
                           gelungen in Österreich genau, sie haben auch das   genommen werden. Gehen beide Elternteile in
                           EU-Ausland im Blick und wissen, welche Maß-  Karenz, wird das Kinderbetreuungsgeld um 61
                           nahmen in anderen Ländern erfolgreich zur Be-  Tage verlängert.“ Hier sieht die Anwältin An-
                           seitigung von Ungleichbehandlungen beitragen.   passungsbedarf: „Würde man den  nanziellen
                           „Die arbeitsrechtlichen Vorschriften in Österreich   Anteil erhöhen, der nur zusteht, wenn beide
                           setzen nicht an einem spezi schen Geschlecht an.   Elternteile in Karenz gehen, würden auch mehr
                           Das zeigt sich auch bei den Karenzregelungen   Männer in Karenz gehen. Und damit wäre auch
                           und der Elternteilzeit. Frauen und Männern ste-  die Sorge in Unternehmen unbegründet, dass be-
                           hen im österreichischen Arbeitsrecht die gleichen   sonders Frauen aufgrund von Kinderwünschen
                           Möglichkeiten o en“, sagt Lisa Kulmer. „Also rein   länger ausfallen könnten – denn dann würde das
                           arbeitsrechtlich betrachtet gibt es die Gleichstel-  auf Männer gleichermaßen zutre en.“ Francine
                           lung. Sie beschränkt sich auch nicht nur auf die   Brogyányi bestätigt: „Das wäre wichtig, um die
                           Geschlechter. Diskriminierung ist auch aufgrund   breite Akzeptanz zu erhöhen. Einer der am meis-
                           jeglicher anderer Merkmale wie Herkunft oder se-  ten angegebenen Gründe, wieso Männer nach
                           xueller Orientierung verboten. Und natürlich gibt   wie vor verhältnismäßig selten in Karenz gehen,
                           es auch entsprechende rechtliche Mittel, sich da-  ist, weil es gesellschaftlich noch immer nicht an-
                           gegen zu wehren.“ Soweit also die Grundlage. Die   erkannt ist. Männer fürchten oft, dass die Ka-
                           Realität zeichnet allerdings ein anderes Bild: Sei-  renz karriereschädigend sein könnte.“ Brogyányi
                           en es Besetzungen von Führungspositionen oder   ist überzeugt, dass eine Neuregelung der Karenz
                           Gehaltsunterschiede für gleiche Tätigkeiten – von   ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung wäre:
                           Gleichstellung kann kaum die Rede sein. Da stellt   „Man sieht das auch in Dänemark. Nicht um-
                           sich die Frage: Was machen jene Länder besser,   sonst sind die Dänen so weit vorne im Ranking.
                           die Österreich in puncto Gleichstellung nur das   Dort ist es eine absolute Selbstverständlichkeit,
                           EU-Mittelmaß überlassen?                   dass Männer in Karenz gehen. Und das verändert
                                                                      auch die Gesellschaft.“ Auch in Dänemark sei
                           STELLSCHRAUBEN KARENZ                      das nicht schon immer so gewesen: „Dort wur-
                           UND KINDERBETREUUNG                        den einfach schon sehr früh die entsprechenden
                                                                      gesetzlichen Rahmenbedingungen gescha en.
                           „Wenn Männern und Frauen die gleichen recht-  Und deshalb sind sie uns zwei Schritte voraus.“
                           lichen Möglichkeiten zur  Verfügung stehen,
        Text  Daniel Schöppl  diese aber nicht gleichermaßen genutzt werden,   Auch bei den Kinderbetreuungsmöglichkeiten
        Foto  Brogyanyi: Natascha    muss man sich fragen: Wieso?“, sagt Kulmer. Es   sieht Brogyányi Nachholbedarf: „Dass die Schule
           Unkart; Kulmer:
           Isabelle Koehler;   brauche verstärkte Anreize, damit auch Männer   in Österreich bereits mittags aufhört, ist einmalig
         Illu  Gettyimages  vermehrt von ihren Rechten Gebrauch machen:   in Europa. Das ist weder in den nordischen Län-


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