Konsens statt Konflikt
Das erste Jahr der schwarz-blauen Bundesregierung hat laut dem oberösterreichischen Umwelt- und Integrationslandesrat Rudi Anschober im Umwelt-, Konsumentenschutz sowie Integrationsbereich viele Rückschritte gebracht. Die Regierung selbst sieht das erwartungsgemäß anders, sie gibt sich für ihr erstes Jahr selbst durchaus gute bis sehr gute Noten. Landesrat Anschober fordert konsensorientierte anstatt konfliktorientierte Politik.
Abbau von Umweltstandards, Streichung von Integrationsmaßnahmen, Versagen beim Kampf gegen das illegale Glückspiel und ein drohendes Versagen bei der Erreichung der Pariser Klimaschutzziele respektive bei der Erarbeitung des Klimaschutzplanes – es sind nur einige der Beispiele, bei dem die Bundesregierung in ihrem ersten Jahr laut Landesrat Anschober massive Rückschritte gemacht hat.
# Verlängert statt beschleunigt
Es sei ein „Beschleunigungsdogma“, dass mit der Regierungsvorlage-Neu des Standortentwicklungsgesetzes durchgesetzt wird, so Anschober. Mit dem Standortentwicklungsgesetz gilt ein Verfahren für ein standortrelevantes Projekt automatisch als genehmigt, wenn ein Umweltverträglichkeitsverfahren nicht innerhalb von 18 Monaten abgeschlossen ist. Die Behörden sind laut Anschober gezwungen, nach Ablauf der Frist das Vorhaben zu genehmigen, obwohl eventuelle Zweifel bestehen. „Oberste Prämisse ist, die Verfahren möglichst schnell durchzubringen – auf Kosten der Beteiligungsrechte der Bürger und des Umweltschutzes, die massive Einschränkungen erfahren.“ Der sogenannte „Genehmigungsautomatismus“, der auf den ersten Blick angeblich entschärft wurde, bleibe bestehen, die Öffentlichkeit werde im Rahmen des Verordnungserlasses nicht eingebunden, „im Entwurf fehlt eine repräsentative Öffentlichkeit.“ Die NGOs würden damit zunehmend aus den Verfahren ausgeschlossen werden. „Die Konsensorientierung wird damit abgebaut. Die Bundesregierung setzt hier auf konflikt- statt auf konsensorientierte Politik. Im Umkehrschluss hat das zur Folge, dass die Verfahren nicht verkürzt, sondern verlängert werden, weil viele Bürger jetzt vermehrt vor den Europäischen Gerichtshof ziehen werden. Man wird also das genaue Gegenteil damit erreichen.“
# Probleme geschaffen statt gelöst
Das Versprechen der Bundesregierung, die Dauer der Asylverfahren deutlich zu verkürzen, ist nicht gelungen, so Anschober. „Die EU-Aufenthaltsrichtlinie besagt, dass in Mitgliedsstaaten bei Asylverfahren über neun Monate Dauer ein geeigneter Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge ermöglicht werden muss.“ Asylverfahren in Österreich würden aktuell vielfach länger dauern und „ein Arbeitsmarktzugang ist nach der Abschaffung des Zugangs von Asylwerber zur Lehre in Mangelberufen de facto praktisch nicht mehr gegeben.“ Das sei in Hinblick auf den Fachkräftemangel und über 4.200 offenen Lehrstellen in Oberösterreich besonders zu hinterfragen. Die Wirtschaft suche verzweifelt nach Lehrlingen, „diese werden aber entweder abgeschoben oder dürfen gar nicht erst eine Lehre anfangen. Die Bundesregierung wird mit dieser Verweigerungshaltung gegen Wirtschaft und Integration nicht durchkomme“.
# Langsam statt schnell
„Beim Abbau von Bürgerrechten im Standortentwicklungsgesetz kann es nicht schnell genug gehen, beim Kampf gegen illegales Glücksspiel wiederum geht vieles zu langsam.“ Die oberösterreichischen Behörden seien vielfach ohnmächtig gegen illegales Glückspiel, hätten oft keine Handhabe. Es brauche massive Verschärfungen der Handlungsmöglichkeiten durch den Bund. Diese sind aber nach wie vor nicht fixiert worden, so Anschober.
# Investieren statt Strafen zahlen
Österreich sei dabei, die Pariser Klimaziele zu verfehlen – um zumindest 36 Prozent müsse man die CO2-Emissionen bis 2030 verringern. Bis Jahresende müsse Österreich einen konkreten Klimaplan vorlegen, „der bisherige Stand der Arbeit am Entwurf zum ‚Nationalen Energie- und Klimaplan’ lässt wenig Möglichkeit für Optimismus – Österreich droht bei Fortsetzung dieses Kurses die Klimaziele meilenweit zu verfehlen.“ Man sei schrittweise vom Umweltvorreiter zum Klimaschutz-Schlusslicht geworden. Österreich drohe etwa im Bereich Verkehr Zertifikatszukäufe in einem mittleren einstelligen Milliardenbereich erwerben zu müssen, dazu käme ein Vertragsverletzungsverfahren mit nicht abschätzbaren Strafzahlungen. „Es braucht jetzt eine Vervielfachung der Anstrengungen: Milliardeninvestitionen in den Ausbau und in die Attraktivierung des Öffi-Verkehrs anstatt Milliarden für Strafen“, fordert Anschober. Dies soll etwa in Form einer zusätzlichen Nahverkehrsmilliarde und Milliardeninvestitionen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs geschehen.