Dutzende kleine Ferkel huschen durch ihre Bucht im Schweinestall der Mosers in Taufkirchen, beobachten die ungewohnten Besucher oder drängen sich unter den Wärmelampen, die für die optimale Temperatur sorgen. „Wir züchten alle Ferkel selbst im Betrieb, später werden sie gemästet“, sagt Gudrun Moser. Gemeinsam mit ihrem Mann Manfred betreibt sie in dritter Generation die Landwirtschaft, wo seit 1995 nur mehr Schweine gezüchtet werden. Für Gourmetfein produzieren sie aber erst seit kurzem – und das exklusiv. „Wir sind auf Gourmetfein zugegangen, weil sie ihre Produktion erhöhen wollten und neue Landwirte gesucht haben“, sagt Manfred Moser. Zusätzlich zum Marktpreis bekommen die Landwirte von Gourmetfein einen Aufpreis bezahlt. Dafür verpflichten sich die Landwirte, nur gentechnikfrei zu füttern und nach ethnischen Grundsätzen zu mästen. „Das bedeutet, dass wir uns intensiv mit den Tieren befassen und drei Mal am Tag einen Kontrollgang machen“, erklärt Manfred Moser. Auch die Landwirte selbst werden streng kontrolliert. „Wir hatten heuer schon zahlreiche Überprüfungen durch eine unabhängige Kontrollstelle, die testet, ob wir nur gentechnikfreies Futter verwenden“, sagt Moser. Gourmetfein wird ebenfalls kontrolliert – und zwar noch öfter. Im Schnitt kommen alle zwei Wochen unangekündigt Kontrolleure vorbei. „Das ist zwar aufwändig, aber im Lebensmittelbereich gehört das einfach dazu“, sagt Florian Hippesroither, Geschäftsführer von Gourmetfein.
Einzigartiges Rückverfolgungssystem
Die Mosers gehören zu insgesamt 35 Schweinebauern, die Gourmetfein beliefern. „Vor zwei Jahren haben wir damit begonnen, unser System auf eigene Bauern umzustellen“, sagt Hippesroither, Geschäftsführer von Gourmetfein. Etwa ein Jahr lang dauerte es, bis man genug Bauern hatte, um gar kein Fleisch mehr am Markt zusätzlich zuzukaufen. „Doch das alleine war uns nicht genug“, erinnert sich Hippesroither, „wir wollten auch die Zerlegung der Schweine bei uns in den Betrieb integrieren, damit wir mehr Kontrolle über Frische und Hygiene haben.“ Neben einem neuen Produktionsgebäude für zwölf Millionen Euro wurden 1,5 Millionen Euro in die Zerlegung investiert. Teil der neuen Investitionen ist auch ein EDV-gestütztes Rückverfolgungssystem, mit dem Gourmetfein und die Konsumenten genau wissen, von welchem Landwirt ihr Fleisch tatsächlich kommt. Das ist auf dem Etikett am Produkt verzeichnet. Dieses System ist in Europa einzigartig. „Wir haben zahlreiche Besucher, die sich das bei uns anschauen und informieren, wie es funktioniert. Sogar aus Südafrika waren schon Gäste da“, sagt Hippesroither. Nicht nur für die Konsumenten, auch für die Landwirte ergeben sich dadurch völlig neue Möglichkeiten. Gleichzeitig erhöht sich der Druck gewissermaßen. Hippesroither: „Auf einmal bekommt der Bauer wieder ein Gesicht und tritt aus der Anonymität hervor, rückt in den Fokus.“ Manfred Moser kann sich noch erinnern, als ihm klar wurde, was das bedeutet. „Ich bin gerade bei einem Kaffee gesessen und dann hat mir ein Freund eine WhatsApp-Nachricht geschickt, dass er gerade Bratwürstel isst, deren Fleisch von meinem Hof stammt“, sagt er und lacht. Für ihn sei das keinesfalls ein zusätzlicher Druck. Vielmehr sei es eine weitere Motivation, genau zu wissen, was mit den eigenen Tieren passiere.
Stress bedeutet weniger Qualität
Dazu gehört natürlich auch die Schlachtung. Die passiert in Pichl bei Wels, nur zwanzig Autominuten vom Hof der Mosers entfernt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. „Oft werden oberösterreichische Schweine zu Schlachthöfen in die Steiermark oder nach Niederösterreich transportiert und dort geschlachtet, für die Tiere ist das ein zusätzlicher Stress“, sagt Gudrun Moser. Besonders dann, wenn die LKW-Fahrer unter Zeitdruck stehen und unsanft mit den Tieren umgehen. Im Fall der Mosers kann das nicht mehr passieren: Ein anderer Gourmetfein-Vertragslandwirt aus der Region, der jahrelange Erfahrung mit Schweinen mitbringt, holt die Tiere mit einem modernen LKW ab und bringt sie zum Schlachthof. „Wenn das ein Fachmann macht, der noch dazu die Ruhe in Person ist und sich um die Tiere kümmert, dann ist das schon etwas ganz Anderes“, sagt Moser. Abgesehen von unnötigem Leiden wird so auch vermieden, dass die Qualität des Fleisches leidet. Bei gestressten Tieren verändert sich der PH-Wert, das wirkt sich negativ auf den Geschmack aus.
Und genau bei diesem Geschmack will Gourmetfein keinen Kompromiss eingehen. Seit 2014 produziert man offiziell den „besten Leberkäse Österreichs“. Der unabhängige Verein für Konsumenteninformation kürte das Unternehmen zum Testsieger in der Kategorie "Classic-Leberkäse dünn geschnitten". Im Gegensatz zu vielen anderen Leberkäse-Produzenten werden keine Fleischreste verwendet. Die besten Fleischstücke, das Filet und Karree, verwendet Gourmetfein allerdings auch nicht für den Leberkäse – sie werden an die Spitzengastronomie verkauft. „Wir produzieren alles glutenfrei, verwenden keine künstlichen Farbstoffe, keine Verdickungsmittel oder andere Schummelstoffe“, sagt Hippesroither. Auch der Fettanteil ist im Vergleich zur Konkurrenz mit 20 Prozent deutlich geringer. Das moderne Handwerk werde immer noch hochgehalten: Fünfzehn Tonnen Leberkäse produziert Gourmetfein täglich in Michaelnbach, trotzdem wird der Leberkäse händisch in die Gussformen eingeschlagen. Das sind 7.500 Pfannen, die jeden Tag per Hand befüllt werden müssen. Durch die ursprüngliche Produktion entstehen Lufteinschlüsse im Leberkäse, dort sammeln sich die Aromen besser. Gebacken wird bei 180 Grad – in der industriellen Fertigung ist normalerweise Garen die übliche Zubereitungsform.
Wachstum am deutschen Markt
Im vergangenen Jahr steigerte sich der Umsatz von Gourmetfein um 20 Prozent, die Leberkäse-Produktion soll von 2.000 auf etwa 2.400 Tonnen steigen. Besonders hohes Potential sieht man beim Unternehmen am deutschen Markt. Durch eine Kooperation mit Lekkerland beliefert man mittlerweile zahlreiche Tankstellenketten. Das wichtigste Ziel ist für Hippesroither aber kein möglichst schnelles Wachstum. „Wir wollen unsere Kunden langfristig gewinnen und organisch sowie qualitativ wachsen“, sagt er, „das ist auch die Ausrichtung des gesamten Familienunternehmens vom Eigentümer über das Management und die Mitarbeiter.“ Den bisher eingeschlagenen Weg werde man „niemals“ verlassen. Woher wissen die Konsumenten aber denn nun eigentlich, von wo ihr Leberkäse im Supermarkt, auf Tankstellen oder anderswo kommt? „Das ist ein schwieriges Thema, nachdem der Leberkäse in Semmeln verzehrt wird, können wir dem Produkt natürlich kein Gourmetfein-Mascherl umhängen“, erklärt Hippesroither. Er wünscht sich aufgeklärte Konsumenten. „Sie sollen und müssen nachfragen, damit sie gute Produkte bekommen.“
Gourmetfein
Sitz_ Michaelnbach
Gründung_ 2004
Produkte_ 90 Prozent der Gourmetfein-Produkte sind verschiedene Leberkäse-Sorten, der Rest Würstel und Edelfleisch vom Schwein und Rind.
Vertragsbauern_ 32 Schweinebauern und 35 Rinderbauern.
Regionalität_ Die Vertragsbauern kommen aus der Region und befinden sich in der Nähe des Schlachthofs. „Wir setzen auch im Vertrieb auf Regionalität“, sagt Hippesroither. Seit Kurzem vertreiben die Bauern Gourmetfein-Produkte ab Hof. Hippesroither: „Dieses Konzept ist sehr spannend für uns.“