Es ist Mittagszeit. Der großzügige Parkplatz vom Biohof Achleitner am Rande von Eferding ist fast voll, nur mehr einzelne Lücken sind frei. Dementsprechend viel tut sich im Bio-Frischmarkt mit dem abgegrenzten Restaurantbereich „Bio-Kulinarium“, wo nur wenige von den insgesamt 100 Sitzplätzen nicht besetzt sind. Auf der Mittagskarte steht eine Erdäpfelcremesuppe, Puten-Geschnetzeltes mit Kräuter-Paprikasauce, Vollkornnudeln und buntem Gemüse und Schwammerlrisotto mit mariniertem Lammkotelett. Salat und vegetarisches Essen gibt es am Buffet. Täglich werden bis zu 120 Mittagessen verkauft, erzählen Günter und Ilse Achleitner später beim Rundgang durch den Betrieb. Doch das war nicht immer so. Der Erfolg ist hart erarbeitet und manche schwere Zeiten und Hürden mussten überwunden werden.
Keine Zeit mehr für Gummistiefel
1986 hat das Ehepaar den konventionellen Gemüsebaubetrieb am Rande des Eferdinger Beckens direkt am Donau-Radwanderweg von den Eltern übernommen. Der Onkel ist der Mühlviertler Bio-Pionier Hans Gahleitner und hat die beiden schon bald überzeugt, dass „Bio der richtige Weg“ für sie ist: „Wir haben uns viele Biobetriebe im In- und Ausland angeschaut und begonnen, uns mit dem intensiven Bodenaufbau zu beschäftigen – und damit auch schnell erste Erfolge gehabt.“ 1990 stellten Ilse und Günter Achleitner auf biologische Landwirtschaft um, aktuell beschäftigt das Unternehmerehepaar 120 Mitarbeiter in der Achleitner Biohof GmbH und beliefert den Großhandel und Privathaushalte. Der landwirtschaftliche Hof, der von 20 auf 100 Hektar gewachsen ist, wird von Produktionsleitern und Saisonarbeitern bewirtschaftet. In den Gummistiefeln trifft man den Chef selbst kaum mehr. Der Unternehmer fährt ab März zwar wieder einmal pro Woche mit seinem Betriebsleiter alle Flächen zur Anbaubesprechung ab – „Zur Arbeit am Feld komme ich aber leider nicht mehr“, sagt Günter Achleitner. Die Gattin lacht und erklärt, dass ihrem Mann als gelernten Gärtner die Arbeit am Feld immer großen Spaß gemacht hat und er manchmal noch am Samstag, wenn es sich zeitlich irgendwie ausgeht, in die Gummistiefel steigt. Ilse Achleitner ist zwar auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat dann aber die Handelsakademie absolviert und als Chefsekretärin in einer Bank gearbeitet. Sie gab ihren Job schnell auf und kümmerte sich um den anfangs 50 Quadratmeter kleinen Hofladen am Bio-Hof.
Pläne fielen ins Wasser
Eine der anfangs erwähnten schweren Zeiten war 2002. Die bäuerliche Direktvermarktung ist nach der Umstellung auf Bio kontinuierlich gewachsen. 1997 wurde die Achleitner Biohof GmbH gegründet und mit der Belieferung des Großhandels begonnen. Ein Jahr später, 1998, erfanden die Achleitners die mittlerweile weit über die Landesgrenzen hinweg bekannte „Biokiste“ für Privathaushalte und bereits vier Jahre später wurden wöchentlich rund 2.500 Kisten ausgeliefert. Der Platz am Bauernhof wurde zu knapp und das Unternehmerehepaar plante einen größeren Ausbau. Als alle Planungen für die Erweiterung fertig waren, kam das große Hochwasser und die Achleitners bekamen keine Widmung mehr. „Das war eine große Hürde als wir uns plötzlich einen neuen Standort suchen mussten. Denn wir wollten ja eigentlich am Hof bleiben und weitermachen“, erinnert sich Ilse Achleitner.
Die Unternehmer investierten schließlich sieben Millionen Euro in einen neuen Passivhausbau samt Grundstück rund fünf Kilometer vom landwirtschaftlichen Hof und Wohnsitz der Familie entfernt. „Es war für uns ganz klar, möglichst biologisch zu bauen“, sagt Günter Achleitner über den Holzbau, der zum Teil mit eigenem Bio-Stroh isoliert ist und erklärt gleichzeitig die Raumklimatisierungs-Funktion der vielen Pflanzen, die uns beim Interview im Bürogebäude im ersten Stock umgeben und eine gewisse Dschungel-Atmosphäre schaffen.
Fehlende Strukturen
2005 übersiedelte das Handelsunternehmen mit rund 70 Mitarbeitern in das neue Gebäude. 2008 kam die Ernüchterung. Das Wachstum blieb aus, die Strategie musste geändert werden. Ilse Achleitner spricht über eine harte Zeit: „Der Familienbetrieb ist sehr schnell gewachsen und wir hatten noch nicht alle Strukturen aufgebaut.“ Zur richtigen Strukturierung gehörte dazu, für die verschiedenen Betriebsbereiche Verantwortliche zu bestimmen und sich mit einem Partner für die Lieferung an den Großhandel zusammenzuschließen: „Wir waren alleine logistisch viel zu weit verzweigt.“ Es ist damit ein Umsatzteil weggebrochen, aber seither habe man mit rund 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr eine „gute Ertragslage“.
Mit rund 60 Prozent wird der überwiegende Anteil des Umsatzes mit dem Großhandel generiert. Für den Rest sind der Bio-Frischemarkt, das Restaurant und die Biokiste verantwortlich. Aktuell packen fünfzehn Mitarbeiter wöchentlich rund 9.000 Kisten und fünfzehn Fahrer bringen diese zu rund 7.700 Kunden in ganz Oberösterreich und in die angrenzenden Bundesländer Salzburg, Steiermark und Niederösterreich.
Die Idee für die Biokiste entstand durch den Micheldorfer Vorsorgemediziner Herbert Bronnenmayer. Ilse Achleitner hatte ihn bei einem Vortrag kennengelernt. Der Arzt empfahl als Gesundheitsvorsorge fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag und fragte, ob die Achleitners seinen Patienten ihre Produkte nicht liefern könnten. Die Achleitners selbst sind immer beim Anbau von Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchtlern geblieben und haben sich für den Rest Partnerbetriebe aus der Region, später aus ganz Österreich und auch dem Ausland gesucht. Ihr Grundsatz lautet: „Regionalität hat Vorrang.“ Biobauern hätten bei der Biokiste durch die Vorbestellungen der Kunden den Vorteil, dass sie eine verbindliche Liefermenge wissen und nichts weggeschmissen werde. Die Biokiste wird vom Biohof zusammengestellt und frei Haus geliefert, der Kunde kann aber einzelne Produkte tauschen. Es kann zwischen zehn verschiedenen Kisten in drei Größen mit jeweils bis zu zehn Produkten gewählt und weitere 1.000 Lebensmittel zusätzlich dazu bestellt werden.
Vertrauen der Kunden
Der Trend zu mehr Gesundheit und bewussterem Lebensmitteleinkauf komme dem Familienbetrieb einerseits zugute, andererseits könne man mit den Preisen der Supermarktketten nicht konkurrieren. Der Bio-Anteil im Lebensmitteleinzelhandel ist in den vergangenen Jahren langsam gestiegen und betrug im Vorjahr mengenmäßig 7,7 Prozent. Frischobst und Frischgemüse hatten je einen Bio-Anteil von 7,5 Prozent. Als wesentlichen Erfolgsfaktor nennt Günter Achleitner das Vertrauen, das sie sich bei ihren Kunden erarbeitet haben: „Das Entscheidende war, dass wir immer total zufrieden waren mit dem, was wir gemacht haben. Wir waren immer authentisch und das spürt der Kunde.“
Und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Es werde einmal einen „fließenden Übergang“ von der 52-jährigen Unternehmerin und dem 56-jährigem Unternehmer auf die zweite Generation geben. Zwei ihrer fünf Kinder, die zwischen 23 und 30 Jahre alt sind, arbeiten aktuell im Unternehmen. Eine Tochter ist für den Ein- und Verkauf von Obst und Gemüse verantwortlich, die zweite Tochter ist als gelernte Köchin Sous-Chefin im „Kulinarium“, leitet Kochkurse und macht Produktentwicklung. Die dritte Tochter war ebenfalls bereits im Betrieb und wird nach ihrer Karenz wieder zurückkehren. Ein Sohn hat Maschinenbau studiert, der Zweite Internationale Betriebswirtschaft. Er arbeitet aktuell im Ausland, hat aber auch schon Projekte für den Familienbetrieb gemacht und wird den Handelsbetrieb einmal übernehmen._
"Das Entscheidende war, dass wir immer total zufrieden waren mit dem, was wir gemacht haben. Wir waren immer authentisch und das spürt der Kunde."
Günter AchleitnerEigentümer, Biohof Achleitner
"Es war eine harte Zeit, wie der Familienbetrieb sehr schnell gewachsen ist und wir noch nicht alle Strukturen aufgebaut hatten."
Ilse AchleitnerEigentümerin, Biohof Achleitner