Fehlendes Risikokapital wird immer wieder als eine Hürde für junge Gründer in Österreich genannt. Der 2011 gegründete Fonds Speedinvest war lange Zeit de facto der einzige. Aktuell tut sich aber einiges am Start-up-Markt. Die Segel sind gesetzt, sind sich Kenner der Start-up-Szene einig.
Familiy, Friends und Fools – die drei F haben Gründer am Beginn ihrer Unternehmertätigkeit (nach dem eigenen Kapital) schnell einmal auf verfügbares Kapital abgeklappert. Der Weg zur Bank endet dann oft mit einer Enttäuschung, das Start-up kann in der Anfangsphase noch nicht genug Sicherheiten bieten. Ein Ausweg aus der Misere könnte Beteiligungskapital sein. Doch die investierten Summen sind in Österreich gering. Beim Anteil der Investitionen an der Wirtschaftsleistung liegt Österreich im Bereich Private Equity mit 0,03 Prozent europaweit nur auf Platz 20. Der europäische Durchschnitt ist rund zehnmal höher.
Im Jahr 2015 wurden von österreichischen Beteiligungskapital-Fonds insgesamt 108,6 Millionen Euro in 124 österreichische Unternehmen im In- (72,5 Millionen Euro) und Ausland (36,1 Millionen Euro) investiert. Das Venture Capital lag in den vergangenen fünfzehn Jahren immer unter 30 Millionen Euro. Invest Europe, der Europäische Private Equity und Venture Capital Dachverband, definiert Venture Capital als eine Teilmenge von Private Equity, das sich auf Beteiligungskapital-Investments für Lancierung, Frühphasenentwicklung und Expansion bezieht. Als einen Grund für das geringe Risikokapital in Österreich nennt Jürgen Marchart, Geschäftsführer des Private-Equity-Verbandes, fehlende rechtliche Strukturen: „Im Moment ist es einfacher, österreichisches Kapital über ausländische Fonds zu investieren. Mit einer international üblichen, steuertransparenten KG-Struktur würde sich Österreich als wettbewerbsfähiger Standort etablieren und die Weichen dafür stellen, dass wieder eine aus Österreich heraus, internationale und grenzüberschreitende PE/VC Industrie entstehen kann.“ Mit diesem „Gesetzesvakuum“ sei Österreich alleine auf weiter Flur – doch es gebe Hoffnung. Es gibt einen Entwurf für ein Mittelstandsfinanzierungsgesetz 2017, das bis Anfang März in Begutachtung war.
Größter Frühphasen-Fonds in Zentraleuropa
Es tue sich aktuell am gesamten Start-up-Markt einiges, sind sich Christian Matzinger vom Oberösterreichischen HightechFonds und Bernhard Lehner einig. Bernhard Lehner unterstützt seit 2006 Start-ups als Business Angel und gründete 2015 mit Michael Eisler das Business Angel-Netzwerk Startup300. Aktuell arbeite man ganz intensiv an der Gründung eines Start-up-Zentrums in der Linzer Tabakfabrik und es wurde eine Initiative für einen Start-up-Fonds Capital300 gestartet. Nachdem Startup300 Start-ups im ersten Jahr finanziere, sei die Idee eines Fonds für die nächsten Wachstumsschritte naheliegend gewesen, so Lehner. Wenn alles gut geht, soll der Fonds Ende des Jahres mit 40 bis 60 Millionen Euro fertig aufgestellt sein. In dieser Größenordnung gibt es bisher mit Ausnahme des Risikokapital-Fonds Speedinvest so gut wie keine privaten Fonds in Österreich. Speedinvest ist 2011 mit zehn Millionen Euro gestartet und 2015 mit 90 Millionen Euro als größter Frühphasen-Fonds in Zentraleuropa in die zweite Runde gegangen. Es gebe aber Schätzungen, wonach es in Österreich für ein funktionierendes Start-up Ecosystem weitere drei bis fünf solcher Fonds brauche, so Lehner.
Das Land Oberösterreich hat das fehlende Risikokapital für Start-ups bereits 2011 zum Anlass genommen, mit dem OÖ HightechFonds einen öffentlich geförderten Fonds aufzustellen und mit der Investition in oberösterreichische Start-ups den Standort zu sichern. Das Interesse sei auch in der zweiten Finanzierungsrunde seit Juli 2015 sehr hoch, so Matzinger. Immer wieder würden Beteiligungen laut Matzinger wegen folgender Themen scheitern: unrealistische Firmenbewertungen, fehlende Managementstrukturen und wirklichkeitsferne Einschätzungen über das Marktpotential. Sind diese drei Punkte aber fachgemäß aufgearbeitet, stehen die Chancen für einen Anschub für die Start-ups gut._
Venture Capital Gesellschaften
- Jährliche Renditen von 25 bis über 50 Prozent werden angestrebt.
- Sehr selektiver Auswahlprozess: 85 bis 90 Prozent der eingereichten Businesspläne werden sofort abgelehnt.
- 30 bis 40 Prozent der Investments sind Totalausfälle, 10 bis 20 Prozent sind erfolgreich.
Einige Beispiele
Business Angel-Netzwerk Startup300
Organisation2015 von Michael Eisler und Bernhard Lehner gegründet, seit Sommer 2016 als AG mit Sitz in Linz in der Tabakfabrik, über 100 Business Angels und Unternehmen als Aktionäre – darunter mit Hansi Hansmann und Michael Altrichter das „Who is Who“ der Szene
Volumenüber 6 Millionen Euro im ersten Jahr
Beteiligungenjährlich an 25 Technologie-Start-ups, die ein grundsätzlich skalierbares Geschäftsmodell haben, mit jeweils ab 50.000 Euro (bisheriges Maximum: 800.000 Euro) für 2 bis 10 % Firmenanteile
Dauerindividuell, intensive Hilfe in den ersten 6 bis 12 Monaten
Start-up-Fonds Capital300 (in Planung)
OrganisationStartup300 hat die Initiative für den Fonds gestartet, ein Team rund um Peter Lasinger und Roman Scharf arbeitet an der Umsetzung, Start für Ende des Jahres 2017 geplant
Volumen40 bis 60 Millionen Euro
B&C Innovations Investments (BCII)
OrganisationDie BCII, der B&C Privatstiftung zugehörig, gibt es seit 2016 als neuen Investor. Die B&C Privatstiftung hält Mehrheitsbeteiligungen an der AMAG, an Semperit und an Lenzing, Hauptzweck ist die Förderung des österreichischen Unternehmertums.
Volumenmehrere Millionen Euro pro Jahr, keine nähere Angaben durch BCII
BeteiligungenStart-ups, die auf technische bzw. industrielle Innovationen setzen, mit jeweils zwischen 300.000 und 3 Millionen Euro, BCII strebt Minderheitsbeteiligungen an
Dauerohne Exit-Zwang, BCII will längerfristig denkender Partner für Gründer sein
Oberösterreichischer HightechFonds
Organisation2011 vom Land OÖ und den heimischen Banken ins Leben gerufen, im Juli 2015 startete die zweite Förderrunde mit Geld zu je einem Drittel vom Land, dem EU-Fonds für Regionale Entwicklung und den oberösterreichischen Banken. Der oö. Inkubator tech2b betreut die Gründungen.
Volumen2011 bis 2015: 11 Millionen Euro, 2015 bis 2020: 9 Millionen Euro
Beteiligungen2011 bis 2015 bei 7 oberösterreichischen Technologie-Start-ups mit insgesamt knapp 7 Millionen Euro, in der 2. Förderrunde bereits 3 Beteiligungen inklusive 2. und 3. Finanzierungsrunde, eine Handvoll Start-ups sind aktuell in der finalen Prüfung, 2 bis 3 werden voraussichtlich 2017 noch fixiert; je 250.000 bis 1 Million Euro in der 1. Finanzierungsrunde, bei mehreren Finanzierungsrunden bis zu 1,5 Millionen Euro möglich, jeweils zwischen 10 bis 30 % der Firmenanteile
Dauer5 bis 10 Jahre