WeißDie machen sich auch sehr viele Gedanken darüber. Bei den Privatvermietern mit höheren Mieten erledigt sich das Thema eine Spur weit auch von selbst.
ZoidlDa bin ich nicht Ihrer Meinung, denn um einen Platz im gemeinnützigen Wohnbau zu bekommen, muss man schon fünf Jahre in Österreich sein. In dieser Zeit müssen die Leute auch irgendwo unterkommen. Im urbanen Bereich nehmen diese eine Wohnung in alten Zinshäusern, bei denen eine Renovierung finanziell nicht mehr machbar ist, und dann hat man dort viele Leute, mit denen keiner eine Freude hat. Überhaupt möchte ich betonen: Im gewerblichen Bereich ist ebenso günstiges Wohnen möglich – auch wenn es nicht deren Ziel ist, solches anzubieten. Und was die Zinshäuser im urbanen Bereich anbelangt, da haben wir ein riesengroßes Problem: Da ist man an die nach oben begrenzten Mieten gebunden und damit kann man die Erhaltungskosten oder die Revitalisierung nicht decken. Nur wenn das Gebäude abgerissen und neu gebaut wird, kann man den freien Mietzins verlangen. Wobei dieser auch kein Geschenk ist, denn da regelt der Markt den Preis. Wenn man exorbitant hohe Mieten verlangt, wird man niemanden finden und wenn schon, dann sucht der Mieter parallel weiter. Man will aber nicht ständig einen Mieterwechsel haben, das schafft viel Arbeit und die Immobilie wird überdurchschnittlich stark abgewohnt.
WeißDie verschiedenen Mieten aufgrund der sehr unterschiedlichen Gesetze sind ein Problem. Nicht nur Mieter, sondern auch wenn jemand ein, zwei Wohnungen erbt, ist er häufig damit völlig überfordert. Aus Mietersicht haben wir deswegen drei Forderungen: ein modernes und transparentes Mietrecht, Mietobergrenzen bei gewerblichen Vermietern, weniger befristete Mietverträge.
ZoidlEs gibt bereits Mietzinsbeschränkungen en masse in Österreich, der frei finanzierte Bereich macht nur wenige Prozent aus. Wir sind absolut dagegen, man sieht auch in Deutschland, dass sie nicht funktionieren. Die Investoren würden gar nicht mehr bauen, denn es ist eh jetzt auch schon alles so kompliziert. Das Thema Befristungen sehe ich pragmatisch: Diese sind für eine Erstvermietung notwendig, um den Mieter kennenzulernen. Danach geben viele sowieso unbefristete Verträge her, denn man ist ja froh, einen langfristigen Mieter gefunden zu haben. Wir sind natürlich auch für ein modernes, transparentes Mietrecht, das auf Augenhöhe mit allen Beteiligten geschaffen werden muss.
Wir haben nun ausführlich über den sozialen Wohnbau und eine Mietrechtsreform gesprochen. Anfangs wurden auch als ein großer Preistreiber die hohen Grundstückspreise angesprochen …
ZoidlJa, aufgrund der Verknappung von Bauland. Die gewerblichen Bauträger haben da ein großes Problem: Die gemeinnützigen Bauvereinigungen haben Baulandreserven Ende nie. Es wäre schön, wenn man die offiziellen Zahlen auf den Tisch legen würde. Ich kenne die Zahlen von manchen Genossenschaften und die müssen sich die nächsten zehn Jahrengar keine Gedanken machen. Das führt natürlich dazu, dass sich die privaten Häuslbauer mit gewerblichen Bauträgern um jede Baufläche matchen müssen.
WeißEs gibt keine Zahlen bezüglich der vorhandenen Grundstücke – schlecht ist es für alle, die Wohnraum brauchen, wenn Grundstücksreserven aus spekulativen Gründen nicht bebaut werden.
HarrerDaher macht es Sinn, dass man bei Umwidmungen gleich festlegt, dass in fünf bis zehn Jahren wirklich gebaut werden muss.
WeißUnd man muss nicht nur dem Häuslbauer, sondern auch Grundstückseigentümern, die den Grund umgewidmet bekommen, eine Frist geben und wenn er das Grunstück in der Zeit nicht verkauft, verfällt die Widmung wieder. Das ist bei den Umwidmungen in den vergangenen Jahren schon geschehen, aber es gibt noch einen großen Altbestand.
ZoidlWir haben einfach zu wenige Umwidmungen und man hat noch nicht das Instrument gefunden, Eigentümer dazu zu zwingen, in absehbarer Zeit die Liegenschaft auch zu verkaufen. Das ist aus Sicht der Grundstückseigentümer grundsätzlich legitim, aber hemmt die Erweiterung. Wenn Flächen in einer Generation nicht gebraucht werden, sollte man diese wieder zurückwidmen und die nächste Generation kann wieder neu ansuchen. Das wäre ein Anreizsystem und hilft gegen Baulandverknappung in den Gemeinden, denn diese dürfen immer nur eine gewisse Fläche umwidmen. Die Politik hat schon öfters in bestehendes Recht eingegriffen und es wäre auch in diesem Bereich sinnvoll. Außerdem die Forderung: Öffnung der Raumordnung sowie der Höhengrenzen im urbanen Bereich.
HarrerIch bekomme extrem oft bei Grundstückseigentümern und auch Zinshausbesitzern mit, dass diese keinen Grund sehen zu verkaufen und in der aktuellen Niedrigzinsphase mit dem Argument kommen: ‚Was soll ich mit dem Geld tun, es gibt ja keine anderen Anlageformen.‘ Eine mögliche Lösung, die auch schon immer öfters angeboten wird, ist, den Grundstückseigentümern Wohnungen als Tauschgeschäft anzubieten und ihnen so gleich eine Rendite zu verschaffen.
Apropos Höhengrenzen: In Linz gab es in jüngster Zeit bezüglich des Baus von Hochhäusern heftige Diskussionen …
ZoidlWir sind Gewohnheitsmenschen und wollen keine Veränderungen. Aber gerade Linz verträgt es in gewissen Vierteln sicher noch eine Verdichtung. Auf Google Earth sieht man viele unausgebaute Dächer – das ist brachliegender Wohnraum. Da ist dann die Infrastruktur schon vorhanden. Wenn man in der Stadt sein will, muss man auch in einem Hochhaus leben wollen. Wir müssen über neue Wohnformen nachdenken – Stichworte: Mikroflats und modulare Wohnformen.
WeißEs braucht gute innerstädtische Entwicklungskonzepte, denn es wollen einfach immer mehr Leute in der Stadt wohnen und es darf zu keinem Konflikt zwischen denen, die schon dort sind, und denen, die noch hinwollen, kommen. Nach Linz ziehen jedes Jahr 2.000 Leute, die Wartelisten der Gemeinnützigen werden länger und länger und rund um Linz gibt es Gemeinden, in denen in den nächsten Jahren voraussichtlich nichts mehr umgewidmet wird. Bei der Raumordnung könnte man auch gewagtere Dinge probieren: In Südtirol muss bei Umwidmungen ein gewisser Prozentsatz für Gemeinnützige reserviert werden. In der Schweiz muss ein Teil des Umwidmungsprofits an die Kommune zurückgegeben werden. Da ist ein großer Fairnessgedanke dahinter, bei den Widmungsprofiten gibt es eine große Ungleichbehandlung. Die Infrastruktur, die geschaffen werden muss, damit die Umwidmung für den Eigentümer überhaupt etwas bringt, wird auf Kosten der Gesellschaft finanziert.
ZoidlEs gibt ja in Österreich eine Umwidmungsabgabe – über die Höhe lässt sich streiten und die Infrastrukturkosten werden von den Gemeinden auf die Bauträger abgewälzt. Im Endeffekt schlägt ein Grundeigentümer die Abgaben auf den Grundpreis auf. Wenn die Raumordnung geöffnet wird, dann haben wir wieder mehr Wettbewerb und dann löst sich das Problem ohne zusätzliche Vorschriften. Die Forderung nach Städtekonzepten unterstütze ich sehr. Wenn ich etwa durch meine Heimatstadt Enns gehe, dann ist da jede dritte Geschäftsfläche leer, alle haben sich am Ortsrand angesiedelt. Gerade in den Ortszentren am Land wäre es aber auch schön zu wohnen. Gewerblich ist seit 2008 in Oberösterreich überhaupt sehr wenig weitergegangen, wir haben viele Leerstandflächen, die keiner will. Neue, moderne Flächen kann jeder vermieten, für die Altflächen brauchen wir dringend Konzepte.
HarrerDas Problem ist auch, dass sich die Anforderungen an Büros geändert haben, jetzt hat man Groß- und keine Einzelbüros mehr und das ist meist bei den alten Flächen nicht änderbar. Diese gehören nun adaptiert, nur da ist man beim bereits besprochenen Richtwertmietzins, mit dem sich das finanziell nicht ausgeht.
ZoidlWas wir noch nicht angesprochen haben: Zum leistbaren Wohnen gehört auch Eigentum dazu. Es gibt Leute, meist Jungfamilien, die sich am Stadtrand ansiedeln wollen, und da ist schon die Frage, ob es noch solch große Grundstücke wie früher sein müssen. Diese sind fast nicht mehr leistbar und auch nur mehr schwer zu finden. Und das nächste ist dann der Wohnraum, man sollte sich fragen, ob nicht 110 Quadratmeter bei guter Planung auch reichen. Ein Keller kostet 60.000 Euro, möglicherweise ist eine Ersatzfläche im Garten sogar gescheiter, denn da muss man nicht alles rauf- und wieder runtertragen und bei einem Carport statt einer Garage kann man ebenfalls sparen. Man soll sich nach seinen finanziellen Möglichkeiten und nicht nach dem größten Haus in der Straße richten. Wir leben im gelobten Land, was Eigentum anbelangt, und man findet immer noch was – vielleicht nicht in der Stadt, aber irgendwo im Umland. Aber keine Frage – es wird schwieriger.
WeißWir bewegen uns damit halt auch weiter weg von den Zentren und das verursacht mehr Verkehr.
ZoidlJa, ohne zwei Autos in der Familie geht es fast gar nicht mehr – viele stehen dann in der Früh und am Abend im Stau, verlieren wertvolle Lebenszeit.
Harrer_Und rechnen die Kosten für die beiden Autos oft nicht. Von der Kostenseite betrachtet wäre es wahrscheinlich häufig sogar günstiger, wenn man in der Stadt mit einem etwas höheren Miet- beziehungsweise Wohnungspreis leben und dafür nur eines oder vielleicht sogar gar kein Auto benötigen würde.
Weiß_Das hängt sicherlich stark damit zusammen, wie man aufwächst – die optimale Wohnform muss jeder für sich selbst finden.
Es wurde im Laufe des Gespräches von einer „gewissen Sättigung“ am Immobilienmarkt gesprochen. Gibt es in Österreich die Gefahr einer Immobilienblase?
ZoidlNein, da sind wir noch immer ein gelobtes Land. Wenn man mit einem Pariser spricht, dann kann er gar nicht glauben, dass hier alles so preiswert ist. Das Thema muss man sich global anschauen und da sind wir weit weg von einer Immobilienblase und dem Zustand, dass das was produziert wird, am Markt nicht mehr gebraucht wird. Die Vermarktung geht zwar nicht mehr so schnell wie früher, aber es wird trotzdem noch immer alles gekauft oder gemietet – auch zu hohen Preisen. Problematisch wird es erst bei einer Überproduktion – aber die haben wir ja nicht.
HarrerDem stimme ich zu, es ist keine Immobilienblase zu befürchten. Wenn der Leitzins plötzlich um ein paar Prozent erhöht werden würde, dann würde sich etwas tun – das wäre das Einzige, mit dem ich mir erklären könnte, dass die Immobilienblase ein Thema werden könnte.
WeißWas könnte eine Blase bedeuten? Dass man plötzlich für die Immobilien nicht mehr das bekommt, was man bezahlt hat. Gut, jeder der sie selber bewohnt, kann dem gelassen entgegensehen, weil er hat Eigentum geschaffen und solange er es nicht verkaufen will, merkt er das gar nicht und selbst wenn es dazu kommen sollte, dann steigt der Private immer noch positiv aus, wenn er die gesparte Miete gegenrechnet. Anlage ist immer ein spezielles Thema: Man hat die Wertsteigerung und den wirtschaftlichen Ertrag. Aber was beim Thema Niedrigzinsphase wichtig ist: Auch wenn es jetzt einfach ausschaut, etwas Größeres zu finanzieren, es kann wirklich ein Zinsanstieg kommen. Es besteht nun die Gefahr, dass man sich gleich einmal alles an Wünschen erfüllt und dann bei höheren Zinsen vielleicht draufkommt, dass die Finanzierung schwer zu bewältigen ist.
HarrerIn diesem Zusammenhang ist wieder die modulare Bauweise interessant, wo man erst einmal 50 Quadratmeter baut, dann bei Bedarf erweitert.
WeißUnd nach den Kindern gegebenenfalls wieder Raum reduzieren kann. Man tendiert am Land dazu, dass man für die ganze Familie baut, obwohl diese nur einen kurzen Zeitraum vollständig im Haus ist und ein Vermieten ist oft gar nicht möglich, weil es etwa nur einen Eingang gibt.
ZoidlDas Wohnkonzept Alt und Jung will keiner mehr, das funktioniert auch nur bei einem von 1.000 – wobei es natürlich interessant wird, wenn die Eltern pflegebedürftig werden. Die Leute werden älter und die Jungen sind auch schon so alt und brauchen die Immobilie nicht mehr. Früher hat man in jüngeren Jahren Kinder bekommen, aber das hat sich nun um eine Generation verschoben. Wobei aber keine Bank mehr finanziert, wenn die Haushaltkasse nicht passt – auch in Hinblick auf die Zinserhöhung. Ganz allgemein kann man sagen: Ein Drittel Eigenkapital ist super, ein Viertel auch noch okay. Wenn das Haushaltseinkommen nur durch einen Arbeitnehmer gestützt ist, dann sind die Eigenkapitalerfordernisse wirklich schon sehr hoch. Das ist einfach ein Risiko, das sich die Bank abbilden lässt – gleichzeitig aber auch ein Sicherheitsanker für die jungen Familien, um für zukünftige Zinssteigerungen gewappnet zu sein.